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Die Gemeinschaftsschule und die Kosten

Manchmal verrät eine Formulierung mehr, als ihre Verfasser mit ihr ausdrücken wollen. Im Entwurf für die Ergänzung des Schulgesetzes Baden-Württemberg steht ein Satz, dessen Auslegung einige Mühe bereitet. Es geht um den zusätzlichen Aufwand für die Gemeinschaftsschule. Ich lese:

Der Ressourcenbedarf wird daher zunächst in einem überschaubaren Rahmen liegen, der jedoch – abhängig von der Anzahl der Gemeinschaftsschulen – in den Folgejahren ansteigen wird. (Quelle: http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/show/1355564/Anhrungsfassung_Gesetzentwurf%20der%20Landesregierung%20zur%20Gemeinschaftsschule.pdf)

Das Subjekt („Ressourcenbedarf“) ist mit einem futurischen Prädikat gekoppelt („wird liegen“), in das eine adverbiale Bereichsangabe eingebettet ist: „in einem überschaubaren Rahmen.“ Mit „daher“ wird ein kausaler Rückbezug angezeigt, der hier vernachlässigt werden kann. Interessant ist die adverbiale Bestimmung der Zeit im Hauptsatz: „zunächst“. Ihr muss ein „später“ korrespondieren. Das können wir dem Relativsatz entnehmen, der sich als Gegensatz gibt („jedoch“) und sich eindeutig auf den „überschaubaren Rahmen“ bezieht. Der wird (Zukunftsform) „in den Folgejahren“ (Zeitangabe) „ansteigen“. Ein überschaubarer Rahmen, der ansteigt, wird seine Überschaubarkeit verlieren, meine ich. Und was bedeutet das für die Kosten der GMS? Werden sie unüberschaubar?

Nun habe ich allerdings den Verdacht, dass der Relativsatz sich auf „Ressourcenbedarf“ beziehen soll. Aber ist dieser sprachlich-handwerkliche Fehler nicht symptomatisch für das Projekt GMS?

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Die Gemeinschaftsschule und was sie bringen soll

In einem ministeriellen Papier zur geplanten baden-württembergischen Gemeinschaftsschule ist u. a. zu lesen (Zitate kursiv):

Die Gemeinschaftsschule ist eine leistungsstarke und sozial gerechte Schule, die sich sowohl am Leistungsprinzip als auch am Prinzip der Chancengleichheit orientiert.

Zweimal das Wort Leistung“: Die Schule ist „leistungsstark“ und die Schüler müssen es auch sein, denn es gilt das „Leistungsprinzip“. Soziale Gerechtigkeit soll heißen: Niemand wird benachteiligt und alle haben die gleiche Chance. Möge es gelingen!

Alle Bildungsstandards werden angeboten und die Schülerinnen und Schüler sollen bestmöglich nach ihren individuellen Voraussetzungen, Fähigkeiten und Interessen gefördert werden.

Die Gemeinschaftsschule wird Hauptschule, Werkrealschule, Realschule, Gymnasium und Sonderschule in einem sein. Man darf gespannt sein, wie sie das schafft.

Dazu bietet die Gemeinschaftsschule eine anregende Lernumgebung an, in der voneinander und miteinander zielorientiert gelernt wird und wo selbstverantwortlich geforscht, gearbeitet, gespielt, gelacht und gefeiert werden kann.

Die „anregende Lernumgebung“ ist wünschenswert, aber teuer. Zahlen müssen sie die Kommunen. Ein „zielorientiertes Lernen“ und die Gemeinsamkeit beim Lernen sind eine bare Selbstverständlichkeit. Auch bisher hat man im Klassenverband mit- und voneinander gelernt, und das weder ziellos noch beliebig.

Die Schüler werden in ihrer Einzigartigkeit wahrgenommen.

Wer möchte da widersprechen?

Sie können Lerninhalte und Lerntempo in angemessener Weise selbst bestimmen.

Einverstanden. Nur das Attribut „angemessen“ irritiert etwas. Wer bestimmt das Maß?

Die Schüler können auf Lehrkräfte und weitere Partner der Schule nach Bedarf zurückgreifen.

So einfach, wie es hier klingt, dürfte das nicht sein.

In der Gemeinschaftsschule lernen alle Schülerinnen und Schüler nach ihren individuellen Voraussetzungen.

Ein schönes, ein großes Ziel. Hoffentlich können die Lehrkräfte dieses Versprechen einlösen.

In einer Lerngruppe bildet sich die Heterogenität aller Kinder ab.

Das ist Vorgabe und Vision zugleich. Es bedarf meines Erachtens ganz besonderer Lehrer, die in Gruppen mit derart unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen erfolgreich (leistungsstark) arbeiten können.