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Unveränderliches Predigen

Warum sich der evangelische Gottesdienst nicht ändert, das heißt lebendiger wird? Weil das von höchster Seite offenbar nicht gewünscht ist. Während Lehramtsanwärter in den Prüfungen zeigen müssen, dass sie im Unterricht nicht nur über die Köpfe der Schülerinnen und Schüler hinwegreden, sondern sie zum Mitarbeiten und Mitdenken aktivieren können, wird von den Vikarinnen und Vikare erwartet, dass sie die seit Jahrhunderten überkommene Gottesdienstordnung zu zelebrieren in der Lage sind. Und das heißt vor allem, dass sie 20 Minuten am Stück predigen, also sprechen können, aber nicht etwa frei, sondern in der Form des Vorlesens eines schriftlich fixierten Textes. Wenn dieser Text gut ist und wenn das Vorlesen professionell abläuft, kann das sogar gelingen. Aber leider geschieht derlei eher selten.

Offenbar ist man an höherer kirchlicher Stelle der Überzeugung, dass der Mensch der Gegenwart solchen „Vorlesungen“ konzentriert zu folgen vermag. Ich halte das für eine ziemliche Fehleinschätzung. Der „Lehrervortrag“ gilt in der Schule nicht umsonst als eine der schwierigsten Lehrformen.

Es ist bedenklich und traurig zugleich, dass die „Kirche des Worts“, die einst protestantisch und reformatorisch war, an dieser überholten Darbietungsform nichts verändern will. Der Gottesdienst ist doch keine akademische Vortragsveranstaltung, sondern er soll die Besucher „aufbauen“, bewegen, stärken, ermutigen. Sicher, dazu braucht man auch eine Predigt, aber keine Vorlesung. Die Verkündigung soll die Zuhörer geistig und geistlich aktivieren und nicht einlullen. Es geht darum, mit den Gottesdienstbesuchern zu sprechen und nicht über sie hinweg- oder auf sie einzureden.

Liebe Kirchenleitung, lass endlich auch beim Gottesdienst ein paar Erkenntnisse der Erwachsenenbildung zu. Vielleicht kommen dann einige Steuerzahler mehr in die Kirche.

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Unattraktive Gottesdienste

Der evangelischen Kirche kommen die Kirchenbesucher abhanden. Ganze 4% seien es, die sich sonntags auf den Weg machten, um den Gottesdienst zu feiern. Nun wird nach den Ursachen geforscht und auf Abhilfe gesonnen. Dabei sollte man allerdings, finde ich, „die Kirche im Dorf lassen“.

Es gibt leider wenig zu feiern an einem normalen Sonntagmorgen. Man hört Texte aus der Bibel, singt, begleitet von der Orgel, ein paar Lieder, spricht einen Psalm, das Vaterunser und manchmal das Glaubensbekenntnis, hört einer Predigt zu und wird am Ende mit dem Segen entlassen. So ist es schon seit Jahrhunderten, so kann es auch bleiben – aber ein paar Änderungen böten sich schon an. Ich will sie als Fragen formulieren.

Müssen die Lieder im Durchschnitt drei bis vierhundert Jahre alt sein? Gewiss, es gibt ein paar gute alte, aber viele sind nach meinem Empfinden musikalisch öde, literarisch schwach, wenn nicht sogar unverständlich.

Müssen die biblischen Texte in der Sprache des 16. Jahrhunderts gelesen werden? Einfach sind sie eh nicht, aber wenn auch noch Syntax und Semantik von vorvorgestern sind, bleibt das Verstehen auf der Strecke. Und warum wird manches Schwierige nicht einfach zweimal gelesen?

Muss die Predigt ein reiner Wortvortrag sein? Nicht die zwanzig Minuten Dauer sind ihr Problem, sondern die mediale Monotonie, in der sie dargeboten wird. Kleine Phasen des Nachdenkens, mit oder ohne Musik, sowie ein paar Angebote zum Schauen – wäre das nicht zu machen? ,Die geistige und geistliche Aktivierung der Zuhörer, seien sie nun jung oder alt, über Auge und Ohr, die brächte dem Gottesdienst etwas mehr Schwung.

Und muss der Gottesdienst wirklich so traurig und trübe stimmen, wie er es oft tut? Die frohe Botschaft (das Evangelium), wird glaubhafter, wenn sie von frohgemuten Geistlichen frohen Sinnes vermittelt wird.