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Deutsch oder Hochdeutsch

Ob es viel nützt, wenn die baden-württembergische Werbeagentur, offenbar im Auftrag der Landesregierung, der deutschen Fußballmannschaft Erfolg beim Spiel um den dritten Platz wünscht? Wir werden es bald erfahren haben. Und ob es überhaupt sinnvoll ist, diese gewiss nicht ganz billige Anzeige in die Tageszeitungen zu setzen, zu „schalten“, wie man jetzt wohl sagt, das mögen andere, Befugtere entscheiden. Wofür haben wir schließlich eine Opposition? Klar ist, es geht bei der Anzeige gar nicht um den Fußball, es geht um Werbung fürs Ländle. Denn der Bundestrainer kommt aus ihm.

Die Schlagzeile bedient sich einer ausgelutschten Wendung, die ihren Anfang bei „Wir sind Papst“ genommen hat. Diesmal heißt es „Wir sind Trainer“. Sie wäre inhaltlich unsinnig, aber wenigstens grammatisch korrekt, wenn das Substantiv in der Mehrzahl (für Schüler: im Plural) stünde. Leider können wir das nicht erkennen: der Trainer, die Trainer – da gibt es keinen Unterschied. Aber das Wort muss wohl in der Einzahl (im Singular) stehen, in Anlehnung an das päpstliche Muster.

Das ist grammatisch nicht in Ordnung und soll es auch nicht sein. Denn der „Witz“ besteht darin, dass man durch eine „falsche“ Formulierung Aufmerksamkeit erregen will. Diese Idee ist allerdings etwas zwielichtig, wird doch weiter unten in der Anzeige behauptet, wir (in Baden-Württemberg) könnten alles außer Hochdeutsch. Die Anzeige suggeriert leider auch: Wir können nicht einmal das.

Nachtrag: Allen, die Häckerling nun ob seiner Humorlosigkeit tadeln wollen, seien darauf hingewiesen, dass er zwar auch unter der Hitze leidet, aber den Text nicht kämpferisch-hitzig meint, sondern schwäbisch-selbstironisch – das gibt es tatsächlich.

(Blog-Eintrag Nr. 197)

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Unschulische Grammatik

Was man sich als Deutschlehrer immer erträumt, es ist passiert: Ein Begriff aus der Grammatik hat das Klassenzimmer verlassen und sich auf die erste Seite einer Tageszeitung begeben, der Begriff „Konjunktiv“.
Wir sehen auf einer Karikatur der Stuttgarter Zeitung (Ausgabe vom 12.06.09) Frank Walter Steinmeier mit Heiligenschein, Engelsflügeln und einem Plakat. Das trägt die Aufschrift: „Ich hätte Arcandor gerettet.“ Unter der Zeichnung ist zu lesen: „Der Konjunktiv-Heilige“.

Wie gut, wenn man einst im Deutschunterricht aufgepasst hat. Dann erschließt sich die Pointe ohne Weiteres. Das Verb auf dem Plakat steht im Konjunktiv, also in einer Verbform, die das Nichtwirkliche, nur Gedachte, Mögliche zum Ausdruck bringt. Der Politiker Steinmeier ist also kein wirklicher Retter, denn dann könnte er (im Indikativ) sagen: „Ich habe Arcandor gerettet.“ Nein, er ist nur ein Möchte-gern-Retter. Er wäre gerne einer gewesen, wenn sich ihm die Möglichkeit geboten hätte. Hat sie aber nicht. Daher bleibt beim ihm nur der Ruhm des Konjunktiv-Heiligen.

Aber auch die „wirklichen“ Retter, die von Opel zum Beispiel, werden sie es dereinst – um es im Futur II zu sagen – tatsächlich gewesen sein? Erinnern wir uns an den Indikativ-Heiligen, den Kanzler Schröder, und seine Rettung von Holtzmann. Im Rückblick ist es, wie wir wissen, doch nur eine Konjunktiv-Rettung gewesen.

Der Himmel bewahre die Mitarbeiter von Opel, Arcandor und so weiter vor Pseudo-Rettungen und damit vor der Arbeitslosigkeit!