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Das Gymnasium und seine doppelte Geschwindigkeit

Im achtjährigen Gymnasium … wollen wir die Schülerinnen und Schüler in der Unter- und Mittelstufe entlasten. Gleichzeitig wollen wir den Gymnasien die Möglichkeit geben, auf Wunsch der Schulkonferenz und auf Antrag des jeweiligen Schulträgers, zunächst als Schulversuch, zwei Geschwindigkeiten, also einen achtjährigen oder neunjährigen Zug, einzuführen. Grundlage hierfür ist der G 8-Bildungsplan. An den allgemein bildenden Gymnasien gibt es dann Wahlfreiheit zwischen zwei Geschwindigkeiten zum Abitur.

So steht es im Koalitionsvertrag von Grün-Rot in Baden Württemberg. Der nun ruchbar gewordenene Plan der neuen Kultusministerin – die Klassen 5 und 6 des Gymnasiums in zwei oder wahlweise in drei Jahren absolvieren zu dürfen – ist eher ein Witz denn die Einlösung dieses Wahlversprechens. Die versprochene doppelte Geschwindigkeit bliebe bliebe auf die Unterstufe begrenzt, die Mittelstufe außen vor.

Und was sollen die Kinder in diesen drei Jahren tun? Vorauslernen, zum Beispiel in der zweiten Fremdsprache, damit sie gegenüber den anderen, die schon nach zwei Jahren in die Klasse 7 kommen, noch eine Weile einen kleinen Vorsprung haben? Sollen die dann 13-jährigen G9-Kinder körperlich kräftiger sein als die erst 12-jährigen G8-Kinder und es damit leichter haben, denen eins auf die Mütze zu geben?

Die Frage, wie die „Parkklasse“ heißen soll, ist nicht trivial. Der Name 6/1 wurde schon angeboten. Aber anderes wäre auch möglich; meine Vorschläge: Klasse 568 oder G9P der GR (für Grün-Rot).

Wer solche Ideen gebiert, zeigt damit, wie wenig er vom Gymnasium versteht oder wie unwichtig es ihm ist.

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Gymnasiallehrer und schulische Praxis

Jetzt lassen sie die Katze ein wenig aus dem Sack blicken, die Neuen in der grün-roten Regierung. Die Wissenschaftsministerin, sie trägt den Namen Theresia Bauer und ist politisch bei den Grünen zu Hause, wird in der Stuttgarter Zeitung (vom 21.5.11) mit dem Satz zitiert: „Die Studierenden für das gymnasiale Lehramt schnuppern mir zu wenig in den Schulalltag hinein.“ Daher sollen sie künftig auf den Pädagogischen Hochschulen studieren. Diesen Zusammenhang kann ich nicht nachvollziehen.

Ist der Minsterin entgangen, dass alle Lehramtsstudierende, auch die fürs Gymnasium, zu einem Praktikum und einem (13-wöchigen) Praxissemester verpflichtet sind. Dabei wird nicht nur geschnuppert. Da wird hospitiert und reichlich das Unterrichten geprobt. Bei diesem Tun werden die jungen Leute beobachtet und am Schluss bewertet. Sie wissen dann sehr wohl, was in der Schule auf sie zukommt.

Ich will Frau Bauer nicht widersprechen, wenn sie fordert, dass die individuelle Förderung bei der Ausbildung zum Lehrerberuf stärker gewichtet werden muss. Aber können das die Pädagogischen Hochschulen wirklich besser? Ich bezweifle das. Soll sie doch die Universitäten dazu verdonnern, ihr Angebote in Didaktik zu verbessern. Wenn sie dabei (noch mehr als bisher schon) auf Dozenten der PH oder Fachleiter der Lehrerseminare zurückgreifen, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber eines sollte doch inzwischen allen klar sein: Nur fachlich fundiert (also an Universitäten) ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer sind in der Lage, einen fachlich guten Unterricht am Gymnasium zu erteilen.

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Grün-Rot und die neue Lehrerausbildung

Ein Satz von vielen aus dem Koalitionsvertrag der in Aussicht stehenden neuen baden-württembergischen Landesregierung:

„Wir wollen die Lehrerausbildung auf die neue Lehr- und Lernkultur ausrichten und streben an, die schulartbezogene Ausbildung zugunsten des Stufenlehramts zu überwinden.“

Das ist die vorsichtige Sprache von Politikern, die sich nicht sicher sind, ob sie ihre Ziele errreichen können. Sie verwenden das Modalverb „wollen“ und nicht etwa das Futur („wir werden“) oder gar den Indikativ Präsens („die Ausbildung wird umgestellt“). Sie sagen auch „ausrichten“ und nicht: „ die neue Lehr- und Lernkultur wird ein wichtiger Teil der Lehrerausbildung“. Bei „ausrichten“ denkt man an eine Kompassnadel, die in eine Richtung zeigt, aber nicht an eine Expedition, die sich auf den Weg macht. Man „strebt“ nur an, dann hat man am Ende zwar möglicherweise das Ziel nicht erreicht, aber sich immerhin strebend bemüht.

Zwei Absichten werden hier miteinander verbunden: die Ausrichtung auf die „neue Lehr- und Lernkultur“ und die Abschaffung des Stufenlehramts (das Verben „überwinden“ klingt etwas merkwürdig, also ob es sich um ein Hindernis handle). Mit anderen Worten: Grün-Rot will die bisherige Ausbildung von Grundschul-, Hauptschul-, Sonderschul-, Realschul-  und Gymnasiallehrern durch eine einheitliche Lehrerausbildung ersetzen. Vermutlich soll die an den Pädagogischen Hochschulen stattfinden.

Einheitliche Lehrer brauchen eine einheitliche Schule, um ihre einheitliche Ausbildung sinnvoll anwenden zu können. Also denn: Gute Nacht, Gymnasium, Grün-Rot strebt deine Überwindung an.