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Grün-Rot und die Grundschulempfehlung

Wir erleben auch bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und SPD das sattsam Bekannte. Einerseits treffen sich dir Koalitionäre immer mal wieder, um über ihre künftige Politik zu sprechen, andererseits gibt es (gezielte?) Mitteilungen an die Presse einzelner Abgeordneter. So auch in Sachen Grundschulempfehlung. Die wird zwar erst heute Gegenstand der grün-roten Verhandlungen sein, aber gestern haben wir schon erfahren, was herauskommen wird: Die Bildungsempfehlung wird abgeschafft.

Sie diente bisher der Steuerung des Übergangs in die weiterführenden Schulen. Weil man aber eine Einheitsschule (Gemeinschaftsschule) anstrebt, ist sie künftig entbehrlich. Solange es noch Gymnasien und Realschulen gibt, soll ein Beratungsgespräch genügen. Die Schule sagt, was sie für richtig hält, die Eltern tun, was sie für richtig halten. Und wenn sie das „Falsche“ für richtig halten? Dann haben die Realschulen und Gymnasien das Problem, ein erfolgloses Kind nach einer leidvollen „Probezeit“ dort hinzuempfehlen, wo es vielleicht erfolgreicher ist.

Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Was als Stärkung der Elternrechte verkauft wird, wird zu mehr Arbeit und Ärger in den betroffenen Schulen, zu mehr Frust und Wut bei den Eltern und zu mehr Leid und Enttäuschungen bei den Schulkindern führen. Als wunderbaren Ausweg aus diesem Schlamassel wird man die gemeinsame Einheitsschule propagieren. Da gibt es kein Hin und Her mehr, weil alle zehn Jahre (bis zum Alter von 16) einträchtig beieinander sind.

Auch die Stuttgarter Nachrichten (6.4.11) sind für die Abschaffung der Bildungsempfehlung, weil sie meinen, dass sich so die unterschiedlichen Übergangszahlen zwischen Stadt und Land angleichen würden. Hier bleibt die Logik auf der Strecke; denn warum sollten nach der Freigabe des Übergangs in Heidelberg auf einmal weniger Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken wollen und in Oberschwaben mehr?

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Über den Landeselternbeirat 1

Der Rücktritt der Landeselternbeiratsspitze in Baden-Württemberg wird als ein „Paukenschlag“ gedeutet, der das Ministerium in Schwierigkeiten bringen werde. Aber ein Paukenschlag in einem Musikstück verklingt sehr bald. Wird es mit dem Rücktritt auch so sein, dass er rasch verhallt?

Häckerling findet manches bedenkenswert, was die Damen Staab und Wiegert als Begründung für ihren Ausstieg angeben. Auf einen Aspekt möchte er hier eingehen, auf die Situation der Grundschüler. Nicht so wichtig ist ihm der Wunsch nach dem täglichen Apfel für sie, aber die Empfehlung, die ihren weiteren Schul-Weg steuert, bedarf durchaus einer kritischen Überprüfung. Die Elternvertreterinnen nennen als einen Grund für ihren Rücktritt …

„… die verbindliche Grundschulempfehlung, die ohne einen einzigen Beleg für ihren Sinn als Faustpfand der Grundschulen gegenüber den Eltern aufrecht erhalten wird. Die Grundschüler und ihre Eltern sind auf Gedeih und Verderb einer Willkür ausgesetzt, die sich auf die Benotung von 2 Fächern im ersten Halbjahr der 4. Klasse beschränkt.“

Mit anderen Worten: Die Grundschulempfehlung ist nicht nur sinnlos, sondern auch unseriös und wird von der Schule als Machtinstrument missbraucht. Starke Worte, über die man sich in der Kultusverwaltung aufregen dürfte. Aber so ganz daneben ist diese Aussage nicht. Es fehlt nämlich in der Tat eine gründliche Untersuchung (in Form einer Langzeitstudie) über die Treffsicherheit dieser Prognose, über ihr (oft problematisches) Zustandekommen und über eine Alternative zu diesem mittlerweile doch sehr in die Jahre gekommenen Instrument der Schülersteuerung.

(Blog-Eintrag Nr. 139)

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Unausgereifter Vorschlag oder Wie Grüne die Schule neu denken

Heute (am 4.9.09) lesen wir in der Stuttgarter Zeitung wieder einmal Erhellendes zur Schulpolitik. So wollen die Grünen, heißt es, die Bildungsempfehlung am Ende der Grundschulzeit abschaffen. Sie bedeute Stress für die Kinder. Daran ist etwas Wahres. Wobei manchmal der Stress der Eltern noch größer ist. Aber wodurch soll dieses (zugegeben problematische Auswahlverfahren ersetzt werden? Davon steht in dem Artikel leider nichts.

Die Antwort findet man auf der Heimatseite (Homepage) der grünen Partei. Und sie ist anders, als man erwartet hat. Es geht den Grünen gar nicht um ein anderes Verfahren des Übergangs auf die weiterführenden Schulen, es geht ihnen um deren Abschaffung. Warum? Sie wollen die Schule „neu denken“.

Das sieht so aus: Die Aufteilung auf verschiedene Schulen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) führt nach Meinung der Grün-Alternativen zu einer Unterdrückung von Begabungen, weil man die nämlich im Alter von zehn Jahren noch gar nicht erkennen könne. Woher wissen die Grünen das? Auch würden durch das dreigliedrige Schulsystem die Reichen bevorzugt, weil die Armen und Migranten sich das Gymnasium und die Realschule nicht leisten könnten. Daher, wird gefolgert, sei die „Selektion“ (Darwin lässt grüßen) nach der vierten Klasse abzuschaffen. Die Kinder sollen bis Klasse 9 zusammenbleiben und gemeinsam lernen. Und warum nicht bis zur zehnten? Wahrscheinlich haben die Grünen neue Erkenntnisse der Begabungsdiagnose und meinen daher zu wissen, dass man Fünfzehnjährige besser „selektieren“ kann.

Die Kinder lernen also neun Jahre gemeinsam. Aber natürlich soll man trotzdem ihre unterschiedlichen Begabungen fördern und sie „differenziert“ unterrichten. Das wird nicht einfach, denn die Unterschiedlichkeit der Begabungen und Lerntypen ist sehr viel größer, wenn alle Schülerinnen und Schüler, die derzeit noch auf drei Schularten verteilt sind, in einer Klasse sitzen.

Wo lernen die künftigen Lehrer diese neue, anspruchsvolle Art des Unterrichts? Nicht wie bisher in einem Referendariat, das wird, wenn es nach den Grünen geht, abgeschafft. Sie lernen es in den Schulen. Dort werden sie von Mentoren begleitet. Ich frage mich, wie das gehen soll, dass die neuen Lehrer die dringend gebotene neue Art des (differenzierten, allen Begabungen gerecht werdenden) Unterrichtens von den „alten“ Lehrern lernen. Die können das ja leider auch nicht. Von wem lernen sie?