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Verblichene Impfpflicht

Das Ergebnis der Impfpflicht-Abstimmungen gestern im Bundestag ist eindeutig. Scholz hat recht, wenn er sagt, es gebe keine Mehrheit für irgendeinen Antrag. Ergo wird daraus bis auf Weiteres nichts. Die Lage ist eh ziemlich desolat. Wir vernichten derzeit Impfstoffe, weil wir sie nicht brauchen. Die Quote der Erst-, Zweit- und Drittimpfungen stagniert. Die Zahlen, die den Vorteil des Geimpft-Seins belegen sollen, verlieren an Eindeutigkeit. Allenfalls mit dem milderen Verlauf kann man offenbar noch argumentieren, aber der Hinweis, dass die Impfung Ansteckungen verhindere, trifft offenbar auch bei den Geboosterten nicht zu. Wenn man im Internet nachfragt, welche Staaten eine Impfpflicht haben, stößt man auf den Vatikan und Turkmenistan. Von dort wurde bisher noch keine einzige Ansteckung gemeldet. Warum verpflichten sie dann zum Impfen? Dann wird noch Ecuador genannt. Und als größter Staat Indonesien. Dort hat die Impfpflicht es aber auch nicht vermocht, die Quote auf wenigstens 50 % zu heben. Zu viele Inseln behinderten die Logistik, heißt es. Wenn also Deutschland keine Impfpflicht hinbekommt, ist es weltweit in guter Gesellschaft. Denn das muss man ja auch sagen: Wo die Pflicht zum Impfen besteht, im Pflegebereich, ist sie auch nicht zu 100 % umgesetzt. Man sammelt immer noch Meldedaten. Strafbewehrte Bußgeldbescheide wurden offenbar noch nicht verschickt, Entlassungen nicht vorgenommen. Das Jahr 2022 wird vergehen, ehe man dieses Kapitel als abgeschlossen betrachten kann. Die Ersten verlangen schon die Abschaffung dieses bereichsbezogenen Impfpflichtgesetzes. Und was die Gerichte zur Impfpflicht sagen werden, steht noch in den Sternen. Wir brauchen wohl einen abermaligen heißen Corona-Herbst – und neue Impfstoffe gegen neue Varianten –, um das Thema wieder zum Laufen zu bringen.

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Verstolperter Impfpflichtstart

Was sind wir für eine bescheuerte Gesellschaft! Zuerst (im Frühjahr 2020) regten wir uns auf, dass die Pandemie uns strenge Regeln aufzwingt. Dann (im Frühjahr 2021) attackierten wir die Verantwortlichen, weil sie nicht genügend Impfstoff angeschafft hatten. Und jetzt (im Vorfrühling 2022) steigt die Erregung, weil „der Staat“ die Menschen zum Impfen verpflichten will. Um das zu verstehen, muss man ein Denker sein, der nicht nur quer, sondern auch längs denken an, der sich einzufühlen vermag in die komplexe Struktur des deutschen Alltagskopfes. Die nun drohende Impfpflicht hätten wir locker verhindern können, wenn wir uns hätten impfen lassen. Das haben über 75 % der deutschen Menschen auch getan. Aber es gibt ein paar Millionen, die sich verweigern. Denen bietet man den Impfstoff wie sauer Bier an, aber sie wollen ihn nicht: er sei zu gefährlich, zu unerprobt, zu reich an Nebenwirkungen. Diese unwilligen Personen sollen wir ernst nehmen und ihre Gründe auch. Das fällt schwer. Es gibt auf der Welt Staaten mit hohen Impfquoten, die verabschieden sich von den strengen Coronaregeln und geben ihren Bürgerinnen und Bürgern die Freiheit zurück. Wir mehrfach Geimpften hätten das auch gerne. Aber die Impfverweigerer stehen wie eine Phalanx vor dem Tor zur Freiheit. Sie nehmen uns in Sippenhaft. Sie nötigen den Staat zur Verordnung der Impfpflicht. Die kann er, nach allem, was man weiß, nicht durchsetzen. Das liegt an fehlenden Daten, an überlasteten Ämtern. Und es wird an den überlasteten Gerichten liegen, die nicht in der Lage sein werden, alle Widersprüche gegen Bußgeldbescheide zu bearbeiten. Ein Desaster. Aber man muss es deutlich sagen, auch wenn eine solche Aussage gefährlich ist: Das haben uns die Impfgegner eingebrockt. Aber die sollen wir ja ernst nehmen und lieben. Manchmal ist Nächstenliebe sehr schwierig.

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Frustrierende Kontinuität

Kaum ist das alte Jahr vorbei und hat das neue begonnen, beschleicht uns das Gefühl, es habe sich nichts geändert. Im Januar 21 war vom Licht die Rede, das sich wegen der Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid am Ende des Tunnels zeige. Dieses Licht hat sich als Sinnestäuschung entpuppt. Auch in diesem Januar werden wieder Lichter in der Ferne ausgemacht: Wenn wir Omikron durchlitten hätten, wären wir mehr oder weniger immun gegen das Corona-Viren-Unwesen. Die Lage werde endemisch. Die Zukunftshoffnung ist der Feind der Realität. Die besteht darin, dass viel getestet, will sagen: Wer sich ansteckt, wird krank, wer immun ist, wird nicht krank. Es wird viel drittgeimpft und wenig erstgeimpft. Die Drohung mit der allgemeinen Impfpflicht scheint nicht zu fruchten. Im Gegenteil: Der Protest auf den Straßen wird lauter. Man will die Schulen in Präsenz halten, aber manche Lehrerverbände unken bereits wieder drohend mit dem Hausunterricht. Es gelte die Lehrenden zu schützen. Warum gibt es für die keine Impfpflicht? Und wer unterrichtet die Kinder und Jugendlichen? Digitales Lernen ist eine Weile ganz nett, aber auf die Dauer ziemlich öde. Was dabei herauskommt, weiß keiner so genau. Über die Rolle der Standesvertretungen für Lehrkräfte in der Pandemie müsste man mal etwas lauter nachdenken. Was die Kultur angeht, so darf sie mit beschränkter Besucherzahl und 2-G-Auflage weiterwursteln. Ein frustrierendes Unterfangen, dass weder gute Einnahmen noch eine normale Atmosphäre in den Veranstaltungen zulässt. Nur in den Betrieben läuft das Geschäft. Wenn wir schon die Kinder vernachlässigen, sollten wenigstens die Maschinen pfleglich behandelt und am Laufen gehalten werden.