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Inklusionsdilettanten

Nun hat eine Studie ergeben, was der gesunde Menschenverstand schon immer wusste: die Lehrkräfte sind auf die Inklusion nicht oder kaum vorbereitet. Sie werden zu Beginn des Schuljahrs in Klassen geschickt, in denen sie Schüler mit Förderbedarf vorfinden. Nun können auch Amateure große Leistungen vollbringen. Sie arbeiten sich ein, machen sich kundig, überlegen sich dies und das, fragen andere, wie sie damit umgehen. Irgendwie geht es dann doch, wenn nicht gut, so doch leidlich. Die Kinder, die zu integrieren sind, werden nicht allzu sehr leiden, die anderen, die ein Recht auf gut vorbereiteten Unterricht haben, werden Abstriche machen müssen, denn ihre Lehrer haben nur begrenzte Zeitressourcen für die Vorbereitung. Manchmal taucht sogar ein Profi im Unterricht auf, ein gelernter Sonderschulpädagoge, der im Lauf der Woche „seine“ Schäflein besucht, ihnen ein wenig beisteht und auch den „Hauptlehrern“ den einen oder anderen Rat gibt. Der (oder die) fühlen sich in ihrer Rolle als Dilettanten nur begrenzt wohl. Sie trösten sich damit, dass sie mithelfen, ein großes politisches Ziel zu verwirklichen: die Inklusion. Ich finde, es gibt dabei zu viele Verlierer. Die Lehrkraft verliert an Selbstvertrauen, weil sie tun muss, was sie nicht gelernt hat, der Förderschüler verlieren, weil sie irgendwann merken, welche Belastung sie darstellen, die „normalen“ Schüler gewinnen zwar an Sozialkompetenz, aber sie müssen Qualitätsverluste im Unterricht hinnehmen. Nur die Politik gewinnt. Sie kann mit dem Vollzug der Inklusion punkten.

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Inklusionsinformatik

Wenn Grüne und Schwarze eine Regierung bilden, fehlen entscheidende Farben, das Rot und das Gelb. Das Ergebnis ihres Wirkens wird eher grau, gräulich, manchmal auch grauenhaft. An der Schulpolitik lässt sich das trefflich beobachten. Das Koalitionsbekenntnis zur Gemeinschaftsschule – was bedeutet es? Soll diese Schulform weiter privilegiert werden, ehe sie evaluiert ist oder ihre Kraft bei der Qualität der Schulabschlüsse unter Beweise gestellt hat? Oder doch nicht? Das Bekenntnis zum Ausbau des Informatikunterrichts war längst überfällig, nachdem inzwischen alle wissen, wie sehr Deutschland in diesem Bereich hinterherhinkt. Aber ein Bekenntnis ist nur so viel Wert, wie die Taten, die ihm folgen. Die aber sind beklagenswert ärmlich. Zusätzlicher Unterricht braucht zusätzliche Lehrerstellen. Auch wenn sich manche Lehrkraft durch Umschulung gewinnen lässt, das Gros dieser Lehrer muss durch Neueinstellung geschaffen werden. Anstatt an Unsinnigem wie Gutachten über alles und jedes zu sparen, setzt man lieber im Kultusetat den Rotstift an. Das bringt die Ministerin in eine schwierige Lage: Wie soll man den großen Wurf bei der IT schaffen, wenn man Stellen streichen soll? Eine bemerkenswerte Lösung dieses Problems liefert Grün-Schwarz mit der Idee, Lehrerstellen von der Inklusion in die Informatik umzuschichten. An sich ist nichts dagegen einzuwenden, den Übereifer bei der Inklusion etwas zu dämpfen. Nicht alles, was am grünen Tisch entstanden ist, wird sich in der Praxis als sinnvoll erweisen. Aber das Management irritiert. Man hätte von vornherein bei der Inklusion weniger in die Vollen gehen und dafür das Bekenntnis zum digitalen Aufbruch durch Geld für die sächliche Ausstattung und entsprechende Lehrerstellen deutlich machen sollen. Auch wenn sich meine Begeisterung für die Gemeinschaftsschule in Grenzen hält, ausgerechnet bei dieser Schulform an der Informatik zu sparen, das ist eine Schnapsidee.

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Eingeschlossene

Die baden-württembergische Landesregierung hat dieser Tage ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Inklusion an den allgemein bildenden Schulen befördern soll. Gemeint ist mit Inklusion der gemeinsame Unterricht von Kindern ohne und solchen mit „Behinderung“. Das Wort ist inzwischen „verpönt“, weil es diskriminiere, aber sinnvolle Ersatzbegriffe fehlen. Doch auch das Wort „Inklusion“ hat seine Tücken. In der Chemie z. B. bezeichnet es den „Einschluss von Fremdsubstanzen in Kristallen“.

Könnte es sein, dass es den behinderten Kindern in „normalen“ Schulklassen ähnlich ergeht? Dass sie in ihnen eingeschlossen sind oder sich so fühlen, sich nicht mehr bewegen können wie die „Fremdsubstanzen“ in den Kristallen? Ganz so schlimm wird es wohl nicht werden, aber auf die leichte Schulter nehmen darf man die Aufgabe der Inklusion nicht. Von Lehrern, die sich oft schon mit 28 „Normalen“ bis an ihre Belastungsgrenze quälen müssen, zu verlangen, dass sie den ein oder zwei körperlich oder geistig Gehandikapten in der Klasse sensibel begegnen, ihnen in jeder Hinsicht „gerecht“ werden, auf sie in ganz besonderer Weise achten, das ist eine Herkulesaufgabe. Leider aber sind viele Lehrkräfte nicht so stark wie der sagenhafte Herkules, sondern eher durchschnittlich kräftig. Sie kommen oft an ihre Grenzen, überschreiten sie gar; sie werden körperlich und psychisch krank, weil sie sich überfordert fühlen und weil sie sich auch noch vorwerfen, die gestellten Aufgaben nicht zu erfüllen.

Das Unterstützungssystem muss also ziemlich umfangreich werden, wenn die Inklusion gelingen soll. Misslingt sie, leiden alle darunter, die Lehrer, die Eltern und vor allem die Schüler, seien sie nun behindert oder nicht.