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Scheingefechte

Es ist in diesen Tagen schier unmöglich, die Wahrheit in der Wirklichkeit zu erkennen. War der Gestörte von Nizza fremdgesteuert oder kam die Vernichtungswut aus seiner kaputten Seele? Haben wir es mit IS-Irrsinn oder einfach „nur“ einem Irrsinnigen zu tun? Und wenn wir es wüssten, was würde es uns sagen? Dass der persönliche Wahnsinn den globalen religiösen Wahn anzieht und ihn quasi „verkörpert“? Und der türkische Putsch? Es fällt mir schwer, ihn irgendwelchen Offizieren zuzuschreiben, denn ein gelernter Kriegsmann fängt keinen Kampf an, von dem er schon zuvor wissen kann, dass er ihn verliert. Es bleibt als Drahtzieher also nur der Mann an der Spitze übrig. Seit Schillers „Maria Stuart“ wissen wir Germanisten, dass die ganz Mächtigen vor keiner Untat zurückschrecken, wenn es um den Erhalt oder die Festigung ihrer Macht geht. Kann man den Satz „Dieser Mortimer starb euch sehr gelegen“ umschreiben auf türkische Verhältnisse? „Dieser Putsch kommt euch sehr gelegen“, Herr E., denn nun könnt ihr endlich jene Säuberungen vornehmen, die schon lange anstehen. Mit „Säuberungen“ (was für ein harmloses Wort für ein blutiges Geschäft), mit solchen Machtsicherungsaktionen kennen wir uns aus: Stalin und Hitler waren darin Spitze. Wer auch nur ein wenig nach Gegner riecht, wird gefangen gesetzt und irgendwann liquidiert. Ein Fünftel der Richter in der Türkei sei bereits entlassen worden und hinter Schloss und hinter Schloss und Riegel. Haben die geputscht? Oder sind sie nur keine AKP-Parteigenossen? Es ist schon schlimm, dass man mit einem solchen Regime paktieren muss.

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Todesschwadronen

Dem Blogschreiber möge man es verzeihen, dass er mit einem Zitat aus dem Blog 475 („Isisfurcht“) beginnt. Dort hat Häckerling ein Buch von Bruno Schirra besprochen. Darin steht der Satz: Nicht die Islamisierung Deutschlands sollte uns Sorgen bereiten, meint der Autor, sondern die Gefahr terroristischer Anschläge radikalisierter Islamisten. Die sind zu allem bereit, auch zum Sterben. Die Ereignisse in Paris geben Schirra recht. Aber er ist nicht der Einzige, der vor dieser Entwicklung gewarnt hat. Es fallen in diesen Tagen starke Worte: „Krieg“ ist eines davon, sogar der Papst hat es gebraucht und vom „dritten Weltkrieg“ gesprochen. Leider helfen uns starke Worte derzeit wenig. Und dass die CSU die Terrorakte dazu benützt, ihre sattsam bekannten Forderungen nach Schließung der Grenzen zu wiederholen, wundert nicht. Der wirkliche Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise müsste auch in Bayern nachvollziehbar sein: Die Menschen fliehen vor dem Terror und nicht um ihn hier zu verbreiten. Sie fliehen massenhaft, weil auch das Töten im Irak und in Syrien massenhaft ist. Offenbar sind wir überfordert, wenn es darum geht, die Zusammenhänge zu begreifen: Unsere „Freunde“ in Saudi-Arabien haben vor 35 Jahren eine neue Ära des Islam eingeläutet: zurück ins Mittelalter, zurück zu den fundamentalistischen Wurzeln des muslimischen Glaubens, weg von der Offenheit, die dieser Religion viele Jahrhunderte eigen war. Navid Kermani hat in seiner Friedensrede darauf aufmerksam gemacht. Vielleicht wäre es gut, dieser Rede immer wieder zu lesen, um zu verstehen, was sich im Nahen Osten abspielt. Zu den abendländischen Werten gehört es, Probleme in ihrer Vielschichtigkeit zu erfassen und dann eine kluge Strategie zu entwickeln und nicht mit Schlagworten oder plumpen Parolen das Phänomen der Todesschwadronen aus der Welt schwadronieren zu wollen.