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Über den Jahresbeginn

Das neue Jahr beginnt trüb. In der Nacht haben Böller und Raketen die Gegend vernebelt. Jetzt liegen die Reste auf den Wegen und in den Gärten. Es gilt nun, den Dreck wegzuräumen. Das machen in dieser Gesellschaft meistens jene, die ihn nicht verursacht haben. Nehmen wir es als ein erstes Symbol: Die einen schaffen die Probleme, die anderen leiden darunter oder versuchen sie zu lösen. Das passt auf den Klimawandel und die Finanz- und Wirtschaftskrise und auf anderes mehr.

Manche behaupten, das erste Jahrzehnt des dritten Jahrtausends sei nun zu Ende und es beginne das zweite. Andere sehen das anders: Erst mit dem Jahr 2010 sei das Dezennium abgeschlossen; schließlich zähle man von eins bis zehn und nicht von null bis neun. Darüber werden wir uns nie einig werden. Das sei das zweite Symbol. Selbst über die einfachsten Dinge kann man sich in unserer Gesellschaft nicht einigen. Selbst das Triviale ist nicht konsensfähig. Zum Beispiel die Rechtschreibung. Da gibt es doch tatsächlich Verlage, die 2009, drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Kompromissreform, immer noch nach den obskuren Regeln des beginnenden 20. Jahrhunderts schreiben – und es oft gar nicht mehr können. Man möchte die Bücher gerne zur Überarbeitung zurückgeben.

In den Silvester-Ausgaben der Zeitungen konnte man lesen, was angeblich wichtig war in den letzten Jahren; zum Beispiel wurde einer Lady Gaga eine ganze Seite gewidmet. Nehmen wir das als drittes Symbol für unsere Gesellschaft. Sie kann nicht mehr Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden, sondern stilisiert das Banale zum Bedeutsamen hoch. So kann man die Menschen auch einlullen. Weitere Beispiele? DSDS – und findet ihn doch nicht, Bohlen – nicht die Bohne wichtig , Big Brother – einst ein Verweis auf einen wichtigen Roman, jetzt eine langweilige Fernsehsendung.

Es stehe uns ein Jahr bevor, das die Problemverursacher in die Pflicht nimmt, das unseren Blick aufs Wesentliche lenkt und das Nichtige nicht beachtet.

(Blog-Eintrag Nr. 130)