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Daniel Kehlmann und sein Ruhm

Kehlmann ist en vogue. Sein Roman „Die Vermessung der Welt“ ist gar dreidimensional zu sehen. Der danach geschriebene („Ruhm“) wird vom Schreiber dieses Blogs am 19. November 2012 im Sindelfinger Literaturklub vorgestellt.

Ein paar Sätze aus seinem  Vortrag mögen als Anregung dienen, ihn ganz zu lesen; er steht auf seiner Homepage.

„Wenn ein Autor dem ersten Buch nach einem Bestseller (Die Vermessung der Welt) den Titel Ruhm gibt, darf man vermuten, dass er darin auch sein eigenes Problem gestaltet. Wie soll er mit der plötzlichen Berühmtheit umgehen? Adam Soboczynski erzählt in „Leo Richters Porträt“ diese Szene: Daniel Kehlmann sagte während unserer ersten Begegnung im Kreuzberger Restaurant Grünfisch, daß Ruhm nur dann erträglich sei, wenn er, wie Mißerfolg, mit Gleichmut behandelt werde. Vielleicht sei dies das heimliche Zentrum des neuen Buchs.

Kehlmann ist dem Feuilleton zunächst nicht aufgefallen. Sein erstes Buch, der Roman Beerholms Vorstellung, war in dem kleinen Wiener Verlag Deuticke erschienen. Kehlmann war [1997] 22 Jahre alt und hatte die Geschichte eines Zauberers, dem Täuschung und Wahrheit in eins verschwimmen, geschrieben. Verkauft hat es sich kaum. Die Neue Zürcher Zeitung kritisiert die Sprache: Mit blindem Griff bedient er sich in der Metaphernkiste und greift oft daneben: mal sind seine Bilder schlicht albern, gelegentlich aber regelrecht hanebüchen.

Sechs Jahre später hat er Glück. Das Fernsehen macht ihn bekannt: Das erste Buch, mit dem sich Daniel Kehlmann auf dem Markt etablieren konnte, war Ich und Kaminski, 2003, also zwei Jahre vor der Vermessung der Welt, erschienen. Ich und Kaminski war in der Literatursendung Elke Heidenreichs vom Gast Marcel Reich-Ranicki lebhaft gelobt worden, was sich verkaufsfördernd auswirkte. Man könnte jetzt darüber nachdenken, was gewesen wäre, wenn das ZDF Heidenreichs Sendung schon damals gekippt hätte. Das geschah erst 2008, nach Heidenreichs Fernsehschelte.

Schon Daniel Kehlmanns Großvater väterlicherseits, Eduard Kehlmann, ein getaufter Jude, war Schriftsteller. Er arbeitete als höherer Beamter für das Post- und Telegrafenwesen Wiens und schrieb nebenher zwei erfolglose expressionistische Romane“. Kehlmann hat also eine familiäre Disposition zum Schriftsteller. Aber um was geht es ihm in seinen Büchern? Eine Antwort darauf gibt folgende Äußerung: Er wolle nicht die Syntax brechen, sondern die Wirklichkeit, wie die Erzähler Südamerikas, wie Borges oder García Márquez, die an Kafka anknüpften und die Grenzen zwischen Tages- und Nachtwirklichkeit auflösten. Die Aufhebung der Grenze zwischen den verschiedenen Wirklichkeiten, das also ist Kehlmanns Thema.“