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Sadistische Arbeitskämpfer*innen

Verdi klingt auf der Opernbühne harmonisch. Die gleichnamige Gewerkschaft erzeugt Misstöne. Natürlich darf sich eine Gewerkschaft für ihre Mitglieder einsetzen, sie darf auch streiken, um Forderungen durchzusetzen. Aber nicht immer heiligt der Zweck die Mittel. Derzeit Kitas zur bestreiken ist purer Sadismus. Eltern, die monatelang ihre Kinder nicht den Kitas anvertrauen durften, sondern sie selbst betreuen mussten, Eltern, die wegen geschlossener Kitas Urlaub nehmen mussten, jetzt dasselbe wieder zuzumuten, ist eine grandiose Unverschämtheit. Es ist im Öffentlichen Dienst eh eine offene Frage, ob das Bestreiken Dritter dem Wesen eines Arbeitskampfs entspricht. Wer eine Firma bestreikt, um höhere Löhne zu erwirken, schadet der Firma. Wer eine Kita bestreikt, um für die Mitarbeiter*innen mehr Geld zu erstreiten, schadet den Eltern und ihren Kindern und belohnt die Arbeitgeber. Die müssen für Streiktage keine Löhne bezahlen und schonen so die öffentlichen Kassen. Ein solcher Streik trifft also die Falschen. Er nimmt die Kinder und ihre Eltern in Beugehaft. Aber diese Kinder und ihre Eltern zahlen keine Löhne, sie finanzieren sie nur über die öffentlichen Kassen. Das Ende vom Streiklied wird sein, dass die Gemeinden ihre Kindergartengebühren erhöhen. Ganz vergessen sollte man in diesem Zusammenhang nicht, dass in der Corona-Pause die Mitarbeiter*innen relativ wenig beschäftigt waren. Manche Städte ließen sie gar als Hostessen im Rathaus arbeiten. Aber auch die öffentlichen Arbeitnehmer hätten anders handeln können. Die frühe Vorlage eines vernünftigen Angebots hätte diesen ganzen Streikzirkus vermieden. Die Rituale dieser Arbeitskämpfe wirken wie aus der Zeit gefallen.

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Unentspannte Lockerungsübungen

Eine Zeit der heftigen Diskurse beschert uns das das global agierende Virus. In Brasilien bestreitet die Führung immer noch dessen Existenz und will die „Zählerei“ beenden. Naturgemäß sind nicht alle Brasilianer damit einverstanden. In den USA wird unablässig und hunderttausendfach am und mit dem Covid-19 gestorben, aber das regt offenbar nur die betroffenen Angehörigen. Die Trump-Administration dagegen forciert aus wirtschaftlichen Gründen das Lockern. In Südeuropa wartet man sehnsüchtig auf Touristen, auch hier haben sich die Lockerlassenden gegenüber den Zögernden durchgesetzt. In unseren Kirchen finden Gottesdienste mit und ohne mundgeschützte und nasenbedeckte Gläubige  statt. Ein Blick in die kirchlichen Nachrichten gibt Auskunft über die Pflichten und Nichtpflichten in Sachen Verhüllung und Abstand. Die Kinder sollen alle in die Kitas zurück, weil dort – sagen die einen – kaum Ansteckungsgefahren bestehen. Das gehe nicht, sagen andere, weil es an Erzieherinnen fehle, über ein Fünftel bleibe als risikobehaftet zu Hause. Warum eigentlich, wo doch mutmaßlich kaum Gefahr besteht? In den Schulen werden merkwürdige Stundenpläne umgesetzt. Ohne Warn-App (Paul hat heute mal wieder Unterricht, Lisa ist in Homeschooling, Jens hat sich nur an ungeraden Tagen in der Schule einzufinden) ist das kaum zu schaffen. Dabei gehen die Meinungen der Fachleute über die Folgen der Vollbeschulung auseinander. Forcieren wir mit der Rückkehr der Kinder und Jugendlichen die „zweite Welle“ oder werden wir weiter auf den ersten Hotspot in einer Kita oder einem Schulgebäude warten? Über nichts kann man so gut diskutieren als über das, was man nicht weiß. Wird der Herbst uns die „neue Normalität“ bescheren oder gar die alte oder evtl. die Rückkehr des Virus in neuer Form? Denn auch das hören wir immer wieder: Viren verändern sich laufend, mutieren, werden noch gefährlicher – oder vielleicht auch harmloser. Wie gut, dass wir nichts Genaues wissen.

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Kostenlose Kitas

Das erste schulpolitische Thema des neuen Jahres hat bisher mit der Schule wenig zu tun, die Kita. Die ist mehr oder weniger Privatsache und liegt in der Verantwortung der Städte und Gemeinden. Ihrer Qualitätsverbesserung sollen erhöhte Mittel des Bundes dienen („Gute-Kita-Gesetz“). Das Geld könnte auch zu einer Absenkung der Elternbeiträge verwendet werden. In Berlin zum Beispiel, einer notorisch armen Stadt, kostet der Besuch einer Kita für Kinder ab drei nichts. Auch Städte in Baden-Württemberg haben sich zu diesem Nulltarif entschlossen. Andernorts zahlen die Eltern zum Teil ein paar hundert Euro im Monat. Die hiesige CDU will nichts von einer Kostenlosigkeit wissen. Darunter würde die Qualität leiden. Die Grünen sagen, ein kostenloser Kita-Besuch wäre sozial ungerecht, weil dann auch Wohlhabende von der Ersparnis profitierten. Mit dieser Logik könnten sie auch das Schulgeld für Besserverdienende wieder einführen. Häckerling leuchtet die Diskussion nicht ein. Dass die Kosten für Kinder in jeder Kommune anders sind, dass jeder Umzug zu einer Senkung oder Erhöhung der Elternausgaben für die Kita führt, das ist nicht nachzuvollziehen. Beides ist nötig: die Senkung der Gebühren und die Erhöhung der Qualität. Die lässt bei der Sprachförderung immer noch erheblich zu wünschen übrig. Ein Kind darf, so meine ich, erst eingeschult werden, wenn es Deutsch kann. Dafür zu sorgen wäre die Aufgabe der Kindertagesstätten. Dazu brauchen sie Mitarbeiterinnen, die selbst der deutschen Sprache mächtig sind. Nicht alle sind es. Dass es an Geld für die Gebührensenkung bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung fehle, stimmt nicht. Die öffentlichen Haushalte quellen von Geld über. Sie plündern den Bürger ungeniert aus und lamentieren über ein monetäres Defizit, das es nicht gibt. Dabei ist alles ganz einfach: bessere Sprachleistungen führen zu einer besseren Schulbildung.