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Klimatische Mutlosigkeit

Es war ja zu erwarten, dass sich im Klimapaket der GroKo viel heiße Luft sein würde: Das Bahnfahren wird ein bisschen billiger, das Fliegen ein wenig teurer, CO2-Emissionen bekommt man ab 2021 im Sonderangebot, zu einem Preis, der ein Achtel dessen beträgt, den man in der Schweiz zahlen muss, Pendler, die außerhalb der Städte eh schon billig im Grünen wohnen, dürfen auf mehr Zuschüsse für ihre PKW-Fahrten zur Arbeit hoffen, Ölheizungen werden nicht stillgelegt, dürfen aber vielleicht in der übernächsten Legislaturperiode nicht mehr verkauft werden. Einen wichtigen Klimakiller, die technisierte Landwirtschaft, lässt man weiter den Markt mit Billigfleisch überschwemmen. Dass man für das Schnüren dieses inhaltsarmen Pakets 19 Stunden tagen muss, unverständlich. An der Sindelfinger Martinskirche sollte die Uhr fünf vor zwölf angehalten werden, um den Menschen zu zeigen, wie ernst die Lage ist. Das ist nicht gelungen. Die Uhr zeigte auf fünf nach zwölf und damit an, dass der Klimawandel bereits voll im Gange ist und es für viele Rettungsaktionen zu spät ist. Den Menschen meiner Generation kann das eigentlich egal sein, denn wenn die Welt die Folgen unseres Lebensstils zu tragen hat, liegen wir bereits auf dem Friedhof. Wie gut, dass die Bibel dafür ein treffliches Bild bereitstellt: Nach uns die Sintflut. Verantwortliches Handeln sieht anders aus. Aber seit wann wollen die Menschen Verantwortung für das Große und Ganze übernehmen? Eigennutz first.

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Streikende Schüler

Rein rechtlich ist die Sache klar: Die Schulbesuchspflicht entfällt nur, wenn jemand krank ist oder verhindert oder beurlaubt. Der Streik fürs Klima ist kein Beurlaubungsgrund. Wer also aus diesem Grund in der Schule fehlt, muss damit rechnen, eine Sanktion erdulden zu müssen. Außer dem Vermerk im Klassenbuch könnte das eine „Freiheitsstrafe“ oder eine „Zusatzarbeit“ sein. Manche werden das kleinlich finden. Da gehen Kinder oder Jugendliche für ein großes Ziel auf die Straße und werden auch noch dafür „bestraft“. Das scheint ungerecht, aber was wäre, wenn die Schule nicht reagierte, wenn sie jeden einfach gehen ließe, der sich selbst beurlaubt, und sei es aus einem triftigen Grund? In Summerhill war das einst so der Brauch. Manche gingen wochenlang nicht zum Unterricht, weil sie es nicht wollten. Man gab sie frei, bis sie einsichtig genug waren, den Unterricht als wichtig anzusehen und wieder an ihm teilzunehmen. Aber ein nachhaltiger Unterricht ist damit nicht möglich. Wechselnde Gruppenzusammensetzungen lassen keine Kontinuität im Unterrichten zu. Der Schülerprotest hat gewiss ehrenwerte Gründe. „Die Erwachsenen“ kümmern sich zu wenig um die Folgen des Klimawandels. Sie zögern mit der Änderung ihrer Lebensführung, fahren zu viel Auto, fliegen zu oft in den Urlaub, essen zu viel Fleisch, heizen mit altmodischen Heizungen, wohnen in Wohnungen oder Häusern, die ohne Not Energie abgeben, weil die Isolierung zu dürftig ist. Aber ändert sich daran etwas, wenn Schüler nicht am Unterricht teilnehmen? Sie sind die Kinder genau jener Eltern, die sich „falsch“ verhalten. Vielleicht wäre es besser, in der Schule zu bleiben und die Lehrer dazu zu bringen, über konkrete Schritte gegen den Klimawandel nachzudenken, solche, über die man zu Hause reden kann.

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Verdreifachte Anstrengungen

Um das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen, bedarf es, ist zu hören, ab jetzt verdreifachter Anstrengungen. Ehe ich auf das Adjektiv eingehe, ein Blick auf das Substantiv: ein abstraktes Wort im Plural, eine Nominalisierung des Verbs „anstrengen“, mit dem wir als Pädagogen unsere unguten Erfahrungen haben. Der Appell an den Schüler, sich mehr anzustrengen, gehört zu den sinnlosen Silben im Lehreralltag. Vielleicht ist es der Bestandteil „streng“, der hier hinderlich ist. Einem Sportler kann man ansehen, ob er sich anstrengt, einem Lernenden nicht, einem Staatswesen erst recht nicht. Da bringt auch die Mehrzahl nichts. Wir haben uns bisher beim Klima kaum angestrengt, eine dreifache Anstrengung bringt da nur wenig Zuwachs. Es wird Auto gefahren und gereist, was das Zeug hält – nicht umsonst sind wir Reiseweltmeister. Den Ausbau des Nahverkehrs verstehen wir als dessen Verteuerung. Wir heizen (bald jedenfalls, wenn es kälter wird) und erzeugen Strom aus Braunkohle, und wir wollen davon auch nicht lassen. Man müsste ja Braunkohlearbeiter umschulen, wie furchtbar. Es gibt alternative Energie, aber sie vom Norden in den Süden zu transportieren, überfordert unsere Kräfte. Derzeit feiern wir Lichtorgien in den Städten – je heller, desto besser. Angeblich werde da kaum Strom verbraucht. Aber die Zeit der Märchen ist leider vorbei. Warum es in den Städten immer heller werden soll im Advent, das erschließt sich vielleicht den Verkäufern von Glühbirnen und dem Stadtmarketing. Mit dem Advent selbst hat das nichts zu tun. Verdreifachte Anstrengungen, ja, aber nur beim Energieverbrauch.