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Altherrenherrschaft

Nachdem der bayerische Machtmensch Seehofer (Jahrgang 1949) kundgetan hat, seiner Unentbehrlichkeit wegen in der CSU bis auf Weiteres das Sagen haben zu wollen, hat sich nun auch der grüne Minischterpräsident Kretschmann (Jahrgang 1948) aus der Deckung gewagt. Auch er weiß um seine Wichtigkeit. Auch er will vielleicht noch eine Legislaturperiode dranhängen. Denn ohne ihn würde es um die Vorherrschaft der Grün-Alternativen schlecht bestellt sein. Im Übrigen ist er nur ein Jährchen älter als der Christlich-Soziale von München. Beide Herren sind allerdings Jungspunde, wenn man den Konkurrenten von Rechtsaußen betrachtet: Gauland, der die A… für D im Bundestagswahlkampf führen will, ist Jahrgang 1941. Da stellt sich denn die Frage: Kommt das Heil für unser Land von den Alten? Wollen sie Merkel in die Schranken weisen? Oder es mit dem Sozialdemokraten Schulz (Jahrgang 1955) aufnehmen? Vom FDP-Lindner (Jahrgang 1979) nicht zu reden. Die amtierende Kanzlerin ist 1954 geboren, hat also im Gegensatz zu den drei alten Herren noch nicht einmal das Rentenalter erreicht. Aber diese Arbeitsgrenze spielt für die politisch Tätigen eh keine Rolle. An den Beschäftigten ihrer Administrationen exekutieren sie zwar den Zwangsruhestand mit 65 (wie übrigens auch am Schreiber dieses Blogs), selbst aber muten sie uns ihre alten Gesichter zu – und ihre alte Politik. Denn es geht ihnen nicht um die Erneuerung der Republik, sondern um die Bewahrung ihrer eigenen Macht.

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Die Villa Reitzenstein und die Bürger

Die Villa Reitzenstein im Osten Stuttgarts ist ein schönes Anwesen in Halbhöhenlage. Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaute, geräumige Villa liegt in einem mustergültig gepflegten Park und ist das Zentrum der politischen Macht Baden-Württembergs. Dass wir Bürger es uns mal ansehen durften, ist eine freundlichen Geste, für die wir dem Ministerpräsidenten unseren Dank abstatten. Man kann schon einiges sehen: Flure, wo man die Vorgänger Kretschmanns an den Wänden bewundern kann (außer Oettinger und Mappus natürlich), Räume, wo sich die Berühmtheiten dieser Welt ein Stelldichein geben, Säle, in denen gut gespeist und klug geredet wird, den Arbeitsplatz des MP und natürlich den Kabinettsaal, wo am Dienstagmorgen die Ministerrunde tagt, um die grün-rote Politik auf den Weg zu bringen.

Es war viel Personal aufgeboten an diesem 21. Juli 1012, einem Samstag, der kühl und regnerisch war. Doch der Rundgang, den man liebevoll ausgezeichnet hatte, entpuppte sich bald als Menschenfalle. Es ging und ging nicht weiter. Man durfte lange stehen und sich an den Konterfeis von Reinhold Maier, Ernst Filbinger und Erwin Teufel sattsehen. Woran lag es? An den Ministern. Die gaben einer eher kleinen Gruppe im Kabinettsaal brav Auskunft, während sich unten die Massen stauten. Wahrscheinlich hat man sich nicht getraut, den Damen Öney und Krebs und dem Herrn Hermann zu sagen, dass sie die Bürger unangemessen lange warten ließen.

Man habe nicht mit einem solchen Andrang gerechnet, sagte ein sichtlich gestresster Aufsichtsmann. Wie bescheiden diese Regierung ist! Beim Verlassen der Villa gab es einen Wolkenbruch. 50 in der Warteschlange stehende Bürger wurden ziemlich nass. Im Foyer wäre noch reichlich Platz zum Anstehen gewesen.

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Stuttgart 21 und das Volk

Nun feiert er sie als Triumph der Demokratie, die Niederlage bei der Volksabstimmung, der Herr Ministerpräsident Kretschmann. Das hat er also auch schon gelernt, dass man Wahlen – oder wie hier eine Abstimmung – nicht verlieren darf, sondern in einen Sieg umdefinieren muss. Sei’s drum.

Allerdings trifft es zu, dass die fast 59%, die gegen den Ausstieg aus Stuttgart 21 gestimmt haben, auch nicht wissen, ob ihre Entscheidung richtig war. Das wird sich erst erweisen müssen. Die Zukunft ist offen und hält sicher noch einige technische und finanzielle Überraschungen bereit. In zehn Jahren Bauzeit kann viel passieren. Das Projekt kritisch zu begleiten, nicht mit Demonstrationen, sondern mit dem Verstand, das sehe ich als die künftige Aufgabe derer an, die heute unterlegen sind.  Hoffentlich schaffen sie diesen Rollenwechsel.

Warum hat sich „das Volk“ nicht von den Argumenten der Gegner überzeugen lassen? Weil es spürt, dass Argumente noch so gut sein, aber dennoch daneben liegen können. Weil es genug hat, von der Selbstherrlichkeit der Gegner, die jeden Andersgläubigen mit Häme und Verachtung gestraft haben. Weil es will, dass gebaut wird und nicht der Stillstand regiert.

Aber, wie gesagt, auch die Mehrheit kann sich geirrt haben. Eine Entscheidung ist nur eine Entscheidung, keine Feststellung der Wahrheit. 2021 wissen wir mehr.