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Die hiesigen Türken und die deutsche Sprache

Unser Ministerpräsident ist ein netter Mensch und ein guter Gastgeber. Winfried Kretschman gibt Gül, dem hochrangigen Gast aus der Türkei, recht, wenn der fordert, dass die Überprüfung der Deutschkenntnisse nachziehender Ehefrauen von hier wohnenden Türken abgeschafft werden soll. Die Freiwilligkeit beim Lernen geht den beiden über alles. Dass nur lernt, wer das Gelernte nachweisen muss, ist ihnen offenbar egal.

Dabei wissen wir doch inzwischen, wie schlecht es um die Sprachkenntnisse vieler kleiner Kinder aus türkischen Familien immer noch steht. Wie sollen sie Deutsch lernen und können, wenn ihre Mutter es nicht gar nicht oder nicht richtig kann und es daher zu Hause nicht gesprochen wird? Wie die Sprache der Mutter, so die Muttersprache des Kindes. Aber ein Kind, das die Sprache des Landes, in dem es wohnt, nicht beherrscht, erleidet zwangsläufig schulischen Misserfolg. Will Winfried Kretschmann das verantworten? Er wird es müssen, denn er trägt dazu bei, dass wir dem Vorwurf der OECD an Deutschland, es würde bei der schulischen Förderung von Migrantenkindern versagen, auch künftig nichts entgegensetzen können.

Die Pointe der Geschichte besteht darin, dass MP Kretschmann mit seiner Haltung im Widerspruch zu Bilkay Öney steht, seiner eigenen Integrationsministerin. Die ist für die Überprüfung der Deutschkenntnisse.

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63 Jahre und kein bisschen Ruhe

Manchmal wird mir schlagartig klar, warum wir uns Tageszeitungen halten. Heute zum Beispiel, am 18.5.11, beschenkt uns die Stuttgarter Zeitung auf Seite 6 unter einem großen Foto mit einem vierspaltigen rührenden Artikel über eine Pressekonferenz des neuen Ministerpräsidenten. Schon die Schlagzeile reißt den Leser mit: „Kretschmann beginnt mit dem Regieren“. Das zu hören beruhigt. Er könnte ja auch Ferien machen.

Unter der großen Überschrift werden weitere wichtige Nachrichten angekündigt, nämlich dass Herr K. vom Atomausstieg und von Stuttgart 21 „in Atem gehalten“ werde. Gut zu wissen, dass ihm diese Probleme Luft verschaffen.

Den Textteil leitet ein Satz ein, der an unser Empathievermögen appelliert: „Das Amt des Ministerpräsidenten kennt keinen Stillstand.“ Der arme Herr Kretschmann! Dann heißt es, er sei „zu einem ganz normalen Arbeitstag angetreten, an dem er gleichwohl sein 63. Lebensjahr vollendete.“ So schön und einfühlsam wurde noch selten über einen Politiker geschrieben. Vor allem das Wörtchen „gleichwohl“ verbreitet eine liebliche Atmosphäre. Was für ein wunderbarer, pflichtbewusster  Mensch ist das, der arbeitet, obwohl er Geburtstag feiern könnte! Glücklich das Land, das solche Regierenden hat!

Glücklich auch, wer eine solche Zeitung lesen darf. Steht doch in besagtem Artikel auch noch geschrieben, dass der Ministerpräsident mit einem „prallen Arbeitsprogramm“ belastet sei, dass sich seine Regierung „erst noch sortieren“ müsse und dass er trotzdem in der Pressekonferenz „was zu sagen“ gehabt habe. Und was? Er plädiere für den „schnellstmöglichen Ausstieg“ aus der Kernenergie und wolle bei S 21 erst den Stresstest abwarten. Ohne Zweifel, Herr K. hat was zu sagen. Und meine Zeitung ist davon begeistert.