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Angeklagter Staatschef

Jetzt darf man also den Herrscher im Kreml einen Mann nennen, der unter Anklage steht. Vorgeworfen werden ihm Kriegsverbrechen, zum Beispiel die Verschleppung von Kindern aus der Ukraine nach Russland. Natürlich wird in Moskau gesagt, diese Anklage sei unerheblich. Kinkerlitzchen wie Folterungen oder Zerstörung ziviler Einrichtungen, die Vergewaltigung von Frauen oder das Kidnapping von Kindern interessieren die Männer und Frauen in der russischen Machtzentrale nicht. Also wird Herr P. nicht vor Gericht gestellt werden. Was lernen wir daraus? Staatenlenker stehen über dem Gesetz. Wenn ihnen der internationale Gerichtshof in Den Haag ans Bein pinkelt, ist das allenfalls lästig, aber ansonsten ohne Belang. Was wir in diesem Zusammenhang dieser Meldung auch noch erfahren haben, irritiert noch mehr: die USA, China und Indien lehnen den Haager Gerichtshof ebenfalls ab. Wie ist das zu verstehen? Das heißt doch, dass diese Länder sich das Recht herausnehmen, ungestraft Kriegsverbrechen zu begehen. Die drei Staaten sind offenbar zu groß, um dem Völkerrecht unterworfen zu sein. Das weckt düstere Gedanken. Wir müssen damit rechnen, dass diese Staaten sich einen sich einen Dreck darum scheren, ob ihr Handeln rechtlich in Ordnung ist, dass sie anderen auf etwaige Anklagen mit Hohnlachen reagieren. Arg weit haben es die Menschenrechte und ihre juristische Durchsetzung bisher nicht gebracht. Sowohl Den Haag als auch die Vereinten Nationen sind zahnlose Tiger.