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Die Zeitung und ihr Lehrerbild

Auf der dritten Seite, also an herausgehobener Stelle, machen uns die Stuttgarter Nachrichten (am 18.7.12) mit der Botschaft bekannt, das „das Land“ (Baden-Württemberg), „neue Lehrer“ wolle. Zwei Fotos garnieren den langen Text: eine Tafel mit Allensbach-Daten in Balkenform und ein Tisch mit Arbeitsmappe und aufgeschlagenem Schulbuch – Hauptsache ein Bild! Den längsten Balken bekommt mit 78% die Aussage, dass Lehrer einen sicheren Arbeitsplatz hätten, den kürzesten mit 8% die Behauptung, Lehrer hätten „wenig Stress“. Was für Erkenntnisse!

Im Text schüttet Frau Wetzel ein Füllhorn von Plattitüden aus: Lehrer sollten freudig mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und sie individuell fördern. Leider seien sie auf diese Aufgabe nicht vorbereitet. Dann folgt der kernige Satz: „Mit Frontalunterricht allein ist kein Staat mehr zu machen.“ Abgesehen davon, dass es nicht um den Staat, sondern den Unterricht geht, wissen dies alle in den letzten Jahrzehnten ausgebildeten Lehrkräfte. Ohne den ständigen Wechsel der Methode überstehen sie keine Stunde, geschweige denn eine Lehrprobe.

Dann spult der Artikel das neue bzw. alte Vokabular ab: Es gehe nicht mehr um die Vermittlung von Wissen, sondern von Kompetenzen. Daran wird bekanntlich seit dem Bildungsplan 2004 gearbeitet. Lehrer müssten, heißt es dann, „Experten für Lernförderung“ werden – eine Aussage, die von Ignoranz geradezu strotzt: In den „Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung“ geht es seit Jahrzehnten um nichts anderes, mit wachsendem Erfolg, wie ich finde.

Eines allerdings muss man einräumen: Weder die Universitäten noch die Pädagogischen Hochschulen haben sich bei dieser Aufgabe mit Ruhm bekleckert. An dieses Defizit erinnert der Artikel der „Nachrichten“ zu Recht.

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Gymnasiallehrer und schulische Praxis

Jetzt lassen sie die Katze ein wenig aus dem Sack blicken, die Neuen in der grün-roten Regierung. Die Wissenschaftsministerin, sie trägt den Namen Theresia Bauer und ist politisch bei den Grünen zu Hause, wird in der Stuttgarter Zeitung (vom 21.5.11) mit dem Satz zitiert: „Die Studierenden für das gymnasiale Lehramt schnuppern mir zu wenig in den Schulalltag hinein.“ Daher sollen sie künftig auf den Pädagogischen Hochschulen studieren. Diesen Zusammenhang kann ich nicht nachvollziehen.

Ist der Minsterin entgangen, dass alle Lehramtsstudierende, auch die fürs Gymnasium, zu einem Praktikum und einem (13-wöchigen) Praxissemester verpflichtet sind. Dabei wird nicht nur geschnuppert. Da wird hospitiert und reichlich das Unterrichten geprobt. Bei diesem Tun werden die jungen Leute beobachtet und am Schluss bewertet. Sie wissen dann sehr wohl, was in der Schule auf sie zukommt.

Ich will Frau Bauer nicht widersprechen, wenn sie fordert, dass die individuelle Förderung bei der Ausbildung zum Lehrerberuf stärker gewichtet werden muss. Aber können das die Pädagogischen Hochschulen wirklich besser? Ich bezweifle das. Soll sie doch die Universitäten dazu verdonnern, ihr Angebote in Didaktik zu verbessern. Wenn sie dabei (noch mehr als bisher schon) auf Dozenten der PH oder Fachleiter der Lehrerseminare zurückgreifen, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber eines sollte doch inzwischen allen klar sein: Nur fachlich fundiert (also an Universitäten) ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer sind in der Lage, einen fachlich guten Unterricht am Gymnasium zu erteilen.

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Grün-Rot und die neue Lehrerausbildung

Ein Satz von vielen aus dem Koalitionsvertrag der in Aussicht stehenden neuen baden-württembergischen Landesregierung:

„Wir wollen die Lehrerausbildung auf die neue Lehr- und Lernkultur ausrichten und streben an, die schulartbezogene Ausbildung zugunsten des Stufenlehramts zu überwinden.“

Das ist die vorsichtige Sprache von Politikern, die sich nicht sicher sind, ob sie ihre Ziele errreichen können. Sie verwenden das Modalverb „wollen“ und nicht etwa das Futur („wir werden“) oder gar den Indikativ Präsens („die Ausbildung wird umgestellt“). Sie sagen auch „ausrichten“ und nicht: „ die neue Lehr- und Lernkultur wird ein wichtiger Teil der Lehrerausbildung“. Bei „ausrichten“ denkt man an eine Kompassnadel, die in eine Richtung zeigt, aber nicht an eine Expedition, die sich auf den Weg macht. Man „strebt“ nur an, dann hat man am Ende zwar möglicherweise das Ziel nicht erreicht, aber sich immerhin strebend bemüht.

Zwei Absichten werden hier miteinander verbunden: die Ausrichtung auf die „neue Lehr- und Lernkultur“ und die Abschaffung des Stufenlehramts (das Verben „überwinden“ klingt etwas merkwürdig, also ob es sich um ein Hindernis handle). Mit anderen Worten: Grün-Rot will die bisherige Ausbildung von Grundschul-, Hauptschul-, Sonderschul-, Realschul-  und Gymnasiallehrern durch eine einheitliche Lehrerausbildung ersetzen. Vermutlich soll die an den Pädagogischen Hochschulen stattfinden.

Einheitliche Lehrer brauchen eine einheitliche Schule, um ihre einheitliche Ausbildung sinnvoll anwenden zu können. Also denn: Gute Nacht, Gymnasium, Grün-Rot strebt deine Überwindung an.