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Lernmittelabwehr

Menschen, die sparen, um für die Zukunft vorzusorgen, haben meine volle Sympathie. Sie gilt auch den Schulleitern, die angesichts des ständigen Wandels der Schullandschaft (z. B. der Ankündigung eines neuen Bildungsplans) ein finanzielles Polster schaffen wollen. Leider eignet sich die Lernmittelfreiheit nicht zum Sparen.

Sie ist in der Landesverfassung eindeutig geregelt: „Lernmittel … sind unentgeltlich“, heißt es im Artikel 14. Das Geld dafür hat der Schulträger zur Verfügung zu stellen. Als Lernmittel gelten aber nicht nur die Schulbücher. Dazu zählen auch andere im Unterricht benötigte „Mittel“. So wird in der Verordnung, die die Lernmittelfreiheit regelt, gefordert, dass der Schulträger „Pauschbeträge“ anzusetzen habe für „Lern- und Arbeitsmittel, Ganzschriften und Arbeitshefte“ (Lernmittelverordnung § 1, Absatz 2).

Die Entscheidung, welche Lernmittel in einem Fach benötigt werden, trifft die Fachkonferenz. Nun berichtet die Stuttgarter Zeitung (am 13.10.14), dass manche Schulen von den Eltern fordern, dass sie die Arbeitshefte (also „Workbooks“ und dergleichen) bezahlen. Diese Forderung können sie aber nur dann erheben, wenn ein solches Heft der privaten Übung dient. Wird es offiziell im Unterricht eingesetzt, ist es ein unentgeltlich zur Verfügung zu stellendes Lernmittel. Dass es durch Gebrauch (Reinschreiben) unbrauchbar wird, also nicht noch einmal ausgeliehen werden kann, liegt in der Natur der Sache, ändert aber nichts an seiner Eigenschaft als Lernmittel. Die Aufforderung an die Eltern, solche Dinge selbst zu bezahlen, rückt jene, die sich, aus welchen Gründen auch immer, auf die Lernmittelfreiheit berufen, ins Zwielicht und diskriminiert sie („Sind die so arm?“). Das aber ist der Schule nicht erlaubt.

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Unentgeltlich – Lernmittelfreiheit und Sprachförderung

Den Stuttgarter Nachrichten ist es (am 14.10.09) die Schlagzeile auf der ersten Seite wert: Die Bürger seien zu anspruchsvoll; sie wollten ein „Rundum-Sorglos-Paket“ von den Städten und Gemeinden. Das aber sei unbezahlbar. So jedenfalls hat sich ein Sprecher der Kommunen geäußert. Zur Verdeutlichung der Anspruchsmentalität werden unter anderem genannt: die Lernmittelfreiheit und die Sprachförderung.

Die Lernmittelfreiheit hat in Baden-Württemberg Verfassungsrang: „Unterricht und Lernmittel an den öffentlichen Schulen sind unentgeltlich“, heißt es im Artikel 14 der Landesverfassung. Das bedeutet in der Praxis, dass alle für den Unterricht notwendigen Materialien (Schulbücher, Arbeitshefte, Lektüren, Chemikalien, Taschenrechner, Malpapiere und dergleichen) kostenlos zur Verfügung zu stellen sind. Ausgenommen sind persönliche Gegenstände wie die Schultasche, die Turnschuhe und das Schreibmäppchen oder Gegenstände, die wenig mehr als einen Euro kosten (z. B. Hefte, Radiergummi, Geodreieck). Diese Regelung ist von den Müttern und Vätern der Verfassung mit Bedacht formuliert worden; denn der Schulbesuch soll für alle erschwinglich sein.

Ganz nebenbei: Die Schulträger, die Städte und Gemeinden, erhalten für jeden Schüler vom Land einen Zuschuss. Der reicht für die Lernmittel allemal und auch für etliche Lehrmittel.

Die Sprachtests bei Vierjährigen und die darauf aufbauende Förderung sind unabdingbar, wenn wir nicht wollen, dass schon beim Eintritt in die Schule das lebenslange Scheitern der Kinder aus spracharmen Elternhäusern feststehen soll. Denn offenbar schafft es nicht einmal die Grundschule, die immerhin eine „Gesamtschule“ ist, die Defizite in der Sprachkompetenz abzubauen. Das muss vorher geschehen. Wenn die Städte dafür kein Geld zu haben meinen, muss das Land auch hier unterstützend eingreifen.

Lernmittelfreiheit und Sprachförderung sind denkbar schlechte Beispiele für das Anspruchsdenken der Bürger.