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Über den Schneefall

Und wieder einmal gibt es einen Grund, über das Wetter zu reden: Es schneit und sogar nicht nur da, wo man es gerne hätte, in den Wintersportgebieten. Nein, es schneit im Flachland. Es schneit auf Straßen und Schienen und der Schnee bleibt einfach liegen. Er hat den ihm zugewiesenen Bereich verlassen und macht sich allenthalben störend breit. Er führt zu Behinderungen.

Diese Erkenntnis ist ein wenig verwirrend; denn Schnee und Kälte sind in Mitteleuropa durchaus üblich. Sie gehören zum Klima. Seit sich der Blogschreiber erinnern kann, hat es immer mal wieder geschneit; und kalt war es auch. Sogar an beides zusammen kann sich Häckerling erinnern. Wenn früher ein paar Flocken mehr vom Himmel kamen als üblich, blieben die Autos am Straßenrand stehen und man fuhr mit der Straßenbahn oder dem Bus. Und wenn die nicht konnten, ging man zu Fuß oder blieb zu Hause. Das geschah zwar selten, aber es war irgendwie normal, denn es gehörte zu den voraussehbaren Ereignissen eines Winters.

Seit wir über den Klimawandel und seine Folgen reden, wird jedes Wetter zum großen Thema, auch der winterliche Schneefall. Rundfunk und Fernsehen stilisieren ihn zum Medienereignis hoch. Reporter werden in eine beschneite Landschaft gestellt, an eine weiß gewordene Straße oder an einen Platz mit einer Landebahn im Hintergrund. Sie teilen uns mit, dass sich zwar die Kinder freuten, aber die Erwachsenen nicht zur Arbeit kämen, die Bahn Verspätung habe und Flüge ausfielen. Fünf bis zehn Zentimeter bringen die Zivilisation zum Erlahmen und mehr als zehn Zentimeter zum Erliegen. Es fällt das Wort „Katastrophe“; weil das Streugut ausgeht und Schienen (oder sind es die Weichen?) einfrieren. Eine Gesellschaft am Rande ihrer technischen Möglichkeiten. Dabei ist diese Art von Wetter vor allem für die eine Katastrophe, die ganz real am Rande leben, am Rande der Gesellschaft: für die Obdachlosen.

(Blog-Eintrag Nr. 133)