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Unbewertete Hausaufgaben

Zugegeben, es ist nicht das Übliche in einem Lehreralltag. Keine Schülerinnen und auch keine Schüler vor sich zu haben, sondern sie mithilfe elektronischer Werkzeuge zu kontaktieren, das hatten wir bisher nicht. Was wir aber schon immer hatten, das waren die Hausaufgaben. Nun hat eine Debatte begonnen, ob und wenn ja wie digital verschickte Aufgaben zu bewerten seien. Angeblich wird an einer Richtlinie gearbeitet. Das ist schulrechtlich interessant. Richtlinien sind keine Verwaltungsvorschriften, sondern gute Ratschläge. Gegen sinnvollen Rat mag Häckerling nichts einwenden, aber was die Bewertung (oder Benotung) häuslicher Arbeiten angeht, bedarf es keiner Vorschriften; die haben wir längst. In der „Notenverordnung“ ist dargelegt, dass für die Benotung der Schülerleistungen der Fachlehrer oder die Fachlehrerin zuständig sind. Wie er/sie die einzelnen Arbeiten der Zöglinge gewichtet, steht ihm/ihr frei. Darüber Auskunft zu geben ist eine Pflicht, der man zu Beginn eines Schuljahrs ungefragt nachkommt. Sollten sich Änderungen ergeben, sind die ebenfalls mitzuteilen. Mehrmonatiger häuslicher Unterricht ist eine nicht ganz kleine Änderung. Also wäre von den Pädagogen eine Antwort auf die Frage zu erwarten, wie sie die elektronisch gestellten Hausaufgaben in ihre Gesamtbeurteilung einbeziehen. Die Frage, ob sie das tun sollen, stellt sich nicht, da die Notenverordnung an diesem Punkt streng ist. Alle Leistungen sind bei der Gesamtnote zu berücksichtigen. Wer eine per Papierkopie, SMS, E-Mail, Moodle oder auf andere Weise zugestellte Aufgabe nicht bearbeitet, verweigert die Leistung. Dafür ist die Note „ungenügend“ zu geben. Es sei denn, jemand kann plausibel erklären, warum er (oder sie) diese Aufgabe nicht bearbeiten konnte. In diesem Fall würde ich das Kind einbestellen und es in einem Klassenraum arbeiten lassen. Vielleicht können auch die Pädagogen der Notbetreuung diese Aufgabe übernehmen. Denn eines ist klar: Auch wenn alle versetzt werden, ein Zeugnis ist für das Schuljahr 2019/2020 trotzdem auszufertigen. Und das muss auf bewerteten Leistungen beruhen.

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Gymnasien und abgestimmte Leistungsbewertung

Die Fremdevaluation hat es an den Tag gebracht. Das Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg ist damit beauftragt, Stärken und Schwächen von Schulen zu erkennen und zu beschreiben. Eine Schwäche betrifft die Gymnasien: In nur 14 Prozent von ihnen gelingt die „Abgestimmtheit der Kriterien für die Leistungsmessung“. Nun würde ich das Wort „Messung“ zwar gerne vermeiden, denn es geht nicht um das Messen, sondern um das Bewerten von Schülerleistungen, aber bedenklich ist die Feststellung dennoch. Zweifel an der Diagnose sind nicht angebracht. Woran liegt es?

Zunächst einmal an der Größe der Schulen. Allein die Fachschaft Deutsch eines Gymnasiums ist oft größer als das gesamte Kollegium einer Grundschule. Aber die Gründe für dieses Defizit liegen tiefer. Sie sind eine Folge des geltenden Schulrechts. Das Schulgesetz stärkt im § 38 die Beurteilungsfreiheit des einzelnen Lehrers, um sie vor Eingriffen zu schützen. Daher kommt eine andere rechtliche Vorgabe, die einheitliche Umsetzung von Verwaltungsvorschriften (also auch der Notenbildungsverordnung), zu kurz. Wenn man die „Abgestimmtheit“ erreichen will, muss man die Fachkonferenzen stärken und ihnen mehr Verantwortung im Bereich der Leistungsbewertung zubilligen. Konkret: Sie müssten verbindliche, von allen einzuhaltende Kriterien für die Leistungsbewertung beschließen können.

Das Recht des Schulleiters, bei Verstößen gegen die anerkannten Prinzipien in die Notengebung einzugreifen (der sog. „Selbsteintritt“), besteht zwar, wird aber – aus guten Gründen – nur zurückhaltend wahrgenommen.

Was ist zu tun? Die Schulverwaltung müsste, wenn sie eine Änderung haben will, an den schulrechtlichen Stellschrauben drehen.