Die Menschen im Osten beklagen, dass man ihnen nicht zuhöre. Sie sollten nicht im Ungewissen darüber gelassen werden, dass dies oft nicht einfach ist. Wenn man ihnen in den Talkshows (gestern: Hart, aber fair) und sonstigen Interviews (nach den Wahlen) lauscht, ergießt sich eine Suada über den Zuhörenden: (1) Man hat nichts für den Osten getan. Antwort: Das stimmt nicht. An Geldzuflüssen hat es dank des Soli wahrlich nicht gemangelt. (2) Die Menschen im Osten bekomme weniger Geld. Antwort: Das stimmt nicht. Die Renten im Osten sind wegen der Anrechnung der Arbeitszeiten im Sozialismus inzwischen höher oft als im Westen. (3) Die Ampel regiert schlecht. Antwort: Das kann man als Meinungsäußerung stehen lassen. Es stimmt in dieser Pauschalität aber nicht, immerhin ist es ihr nach dem Überfall auf die Ukraine gelungen, die Energieversorgung sicherzustellen. (4) Die Waffenlieferungen an die Ukraine müssen aufhören, weil dann auch der Krieg ein Ende hat. Antwort: Das stimmt, aber es impliziert, dass das angegriffene Land dann an Russland fallen würde. Aber vermutlich interessiert das viele im Osten nicht. Denn (5) Wir müssen wieder Energie von Russland beziehen und damit aufhören, Putin zu verteufeln. Antwort: Das ist wohl des Pudels Kern: die Nähe zu Russland und der Hass auf den Westen (USA). Man pflegt in den östlichen Ländern ein Feindbild des Westens, das man einst von der SED eingeimpft bekommen hat. Um dem Vorwurf zu entgehen, das sei ein Pauschalurteil, das nicht auf alle im Osten zutreffe, gebe ich hiermit kund, dass ich mit „den Menschen im Osten“ nur etwa die Hälfte der dort Lebenden meine.
Schlagwort: Ostdeutschland
Unregierbare Republik
Die deutschen Fahnen hängen hoch. Sollten sie nicht halbmast hängen? Können wir uns angesichts der aktuellen politischen Lage der Träumerei hingeben, Europameister zu werden? Erwarten wir allen Ernstes von den Fußballern das, was die Regierenden nicht mehr schaffen – den Ball ins Tor zu bringen oder anders gesagt: politische Entschlüsse zu fassen? Es ist ja nicht nur der Osten, von dem die hiesige Zeitung heute unkt, er werde unregierbar. Auch im Westen mehren sich die Stimmen, die derlei befürchten. Woran liegt es? In den östlichen Ländern rächen sich jetzt die Versäumnisse bei der „Wende“. Sie ging zu schnell. Man versprach „blühende Landschaften“ und hat nun einen endlosen braunen Acker. Man pumpte Geld ins marode System und hoffte auf „Dankbarkeit“. Doch das Gegenteil ist eingetreten. Im Osten pfeift man auf den Westen. Man wählt eine undemokratische Partei, weil angeblich die Demokratie versagt habe. Man wärmt sich am Nationalismus und geilt sich an den Nazi-Sprüchen der AEFDE auf. Die „Westparteien“ spielen keine Rolle mehr. Und die Berliner Regierung? Sie schafft es nicht, allen im Lande zu zeigen, wie es geht. Wie man auch bei unterschiedlicher Grundeinstellung tragbare Kompromisse findet; kurz: Wie demokratisches Regieren funktioniert. Oder reißen sie sich doch noch zusammen?
Untergehende Demokratie
Nicht einmal mehr 40 % der Ostdeutschen seien noch Anhänger der Demokratie, sagt der Beauftragte für Ostdeutschland. Sie hängen, so muss man folgern, rechts- und linksradikalen Wortführer*innen an. Man muss neidlos anerkennen, dass die mit viel Geld gefütterte russische Propaganda erfolgreich agiert hat. Ihr Ziel ist es bekanntlich, die Europäische Union von innen heraus zu zerstören und so den Boden für den russischen Imperialismus zu bereiten. Während Putins Soldateska eher mittelmäßig agiert, sind seine KGB-Nachfolger*innen bei der geistigen Unterwanderung des Westens auf dem Weg zum Sieg. Wenn der Kern unseres Gemeinwesens, sein auf demokratischen Prinzipien beruhendes politisches System, kollabiert, dann wehe uns! Die Vorbereitung zu Scheinreferenden laufen nicht nur in der Ukraine weiter, sondern auch im Land des von Russland gekauften Orban. Bei den mit russischem Geld finanzierten italienischen Rechtspopulisten sieht man das neue große Italien in freundschaftlicher Nähe zu Russland. Und wie würde auf dem Gebiet der einstigen DDR ein Referendum im Stile der im Donbass abgehaltenen ausgehen?