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Österliche Hoffnungen

Den christlichen Kirchen bietet die C-Krise reichlich Anschauungsmaterial für die Passionszeit. Man erinnert sich in dieser Karwoche an das Leiden und Sterben Jesu. Schon immer galt seine Passion als Modell des menschlichen Leids. Daran hat es in den letzten Jahrhunderten nie gemangelt. Aktuell fällt unser Blick auf Schwerkranke in Hospitälern, auf Särge mit Toten, die mangels Kapazitäten der Krematorien „zwischengelagert“ werden, sozusagen auf ihren zweiten Tod in den Öfen warten. Wir hören von Angehörigen, denen der Zutritt zu Sterbenden verwehrt wurde, von alten Menschen, die in ihrer Verwirrung die Welt noch weniger verstehen als vorher. Es ist zu lesen von Familien, die es in der Isolation nicht aushalten und ihre Kinder und Ehepartner misshandeln. Täglich erfahren wir von Firmen, die keine Zukunft mehr sehen und ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Leiden auf allen Ebenen. Wo ist da Platz für Ostern? Wie kann man sich die Auferstehung der am Boden liegenden Gesellschaft denken? Manche Philosophen machen uns Hoffnung. Die Welt werde sich durch diese Krise zum Guten verändern. Schön wäre es. Die christliche Botschaft ist einfacher. Sie sagt: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Will sagen: Das Leiden ist nur das Vorletzte, das Leben ist mehr als Leiden. Und in der Tat. Haben sich die Menschen nicht nach allen Katastrophen (Krieg, Hunger, Verfolgung, Epidemien) wieder aufgerappelt, sind sie nicht aus den Ruinen ihrer Existenz wieder auferstanden? Man muss allerdings einschränkend sagen: Wenn sie die Leidenszeit überlebt haben. Das gelingt nicht allen. Wer in der Katastrophe umkommt, kann nur hoffen, dass ein anderer Aspekt der christlichen Verkündigung wahr wird: Wir fallen sterbend nicht ins Nichts.

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Unfeierliche Osterfragen

Manche tun sich schwer mit diesen christlichen Festtagen, Karfreitag und Ostern, von denen sogar Politiker behaupten, sie gehörten zu Deutschland. Die grüne Jugend zum Beispiel gehört zu diesen Ratlosen. Sie hat an Karfreitag eine Demonstration anberaumt, mit der sie ihrer Forderung, an Karfreitag tanzen zu dürfen, Nachdruck verliehen hat. Damit hat sie just am selben Tag einigen Polizisten zu (hoffentlich gut bezahlter) Feiertagsarbeit verholfen. Ein anderes Festproblem war noch größer: eine nichtchristliche Gruppe wollte den englischen Jesus-Klassiker „Das Leben des Bryan“ zeigen. Damit ist sie auf den entschiedenen Widerstand der evangelischen Kirchenleitung in Württemberg gestoßen. Das gehe gar nicht, ein Film, der sich dem Karfreitagsgeschehen satirisch nähert, wo ein Mensch gekreuzigt wird, eine Art Stellvertreter Jesu. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Kirchenmenschen den Film überhaupt kennen. Eigentlich hätten sie froh sein müssen, dass Kirchenfernen auf diese Weise die biblische Geschichte näher gebracht wird. Aber nein, sie haben ein Verbot der Filmvorführung erreicht. Ob die grüne Jugend am nächsten Karfreitag tanzen darf? Aber vielleicht erreicht sie ja ein anderes Ziel: das Ende des Fastenmonats Ramadan zum Feiertag zu erklären. Mit Tanz oder ohne?

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Ostern und Tod

Selten ist die frohe Botschaft von Ostern so unerbittlich mit der grausamen Wirklichkeit zusammengeprallt wie 2010. Während in den christlichen Kirchen von der Überwindung des Todes gepredigt wird, bringen Flugzeuge tote Soldaten vom afghanischen Krieg in die Heimat zurück. Das himmlische Evangelium vom Leben steht in heftigem Kontrast zur höllischen Geschichte des Todes. Wie kann man angesichts solch schlechter Nachrichten die „gute Nachricht“ glaubhaft verkündigen?

Es ist gut, dass die christliche Botschaft von Tod und Auferstehung nicht mehr von jenem platten Realismus geprägt ist, der es kritischen Hörern schon immer schwer gemacht hat, sie ernst zu nehmen: Ein am Kreuz Hingerichteter und anschließend Bestatteter schiebt kurze Zeit danach den Stein von seinem Grab weg, kommt heraus und begibt sich wieder unter Menschen. Sie sehen und hören ihn, sie dürfen sogar in seine Wundmale fassen. In alten Gemälden konnte man und in neuen Filmen kann man diese Geschichte bildlich gut umsetzen. Aber gerät sie damit nicht ins unterhaltsam Fiktionale und verliert an Glaubwürdigkeit?

Die Evangelien sind sehr zurückhaltend in ihrer Darstellung des mutmaßlichen Geschehens. Die Auferstehung wird nicht erzählt. Auf die Beerdigung Jesu folgt die Entdeckung des leeren Grabs am übernächsten Tag. Die Zeit und die Ereignisse dazwischen werden ausgespart. Berichtet wird nur von Frauen und Männern des Kreises um Jesus, denen Erfahrungen zuteilwurden, die sie als Begegnungen mit dem lebendigen, also „auferstandenen“ Christus deuteten.

Kann das heute den Angehörigen der Toten des afghanischen Kriegs ein Trost sein? Können sie die Särge sehen und auf „das neue Leben“ hoffen? Die Gefallenen werden sich nicht in Auferstandene verwandeln; sie sind tot und werden es bleiben. Dennoch bleibt die österliche Hoffnung. Sie eindrücklich zur Sprache zu bringen ist nicht nur die Aufgabe der Militärseelsorge, sondern aller, die das Christentum verkündigen. Hoffen wir, dass sie die richtigen Worte finden.

(Blog-Eintrag Nr. 170)