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Spracherleichterung

Immer mal wieder entdecken die Regierenden die Sprache. Weil viele darüber klagen, das von Ihnen Beschlossene sei unverständlich und vor allem die bildungsferneren Schichten täten sich schwer, es zu verstehen, sind sie nun in sich gegangen und haben die „leichte Sprache“ entdeckt. Nach einigem Grübeln habe ich verstanden, was damit gemeint sein könnte: eine Sprache, die man leichter versteht. Doch wie soll ich das verstehen? Soll man die Sprache verstehen oder nicht vielmehr das, was mit ihr zum Ausdruck gebracht wird? Vermutlich Letzteres. Aber warum spricht man von dann von einer „leichten“ und nicht von einer „klaren“, „verständlichen“ Sprache?

Was gemeint ist, zeigen die Beispiele. Da wird mit ein paar einfachen Sätzen der Bundestag erklärt. Und sogar das Betreuungsgeld, das viele nicht verstehen, bekommt in der Beschreibung in leichter Sprache einen Hauch von Verständlichkeit. Ist also die Erfindung dieser neuen Sprache in Geniestreich, mit dem man das politische Analphabetentum auf einen Schlag überwinden kann?

Die baden-württembergische Sozialministerin legt den Finger auf eine Wunde, für die es noch kein Pflaster gibt. Man könnte auch sagen, sie formuliere eine Selbstverständlichkeit, jene nämlich, dass rechtliche Texte möglichst eindeutig sein müssen. Das werden sie vor allem durch Hauptwörter (Substantive), die in einer eindeutigen Beziehung zueinander stehen.

Ein Beispiel: Die Schulen haben einen „Erziehungs- und Bildungsauftrag“. Auf dessen „Erfüllung“ haben die „Erziehungsberechtigten“ einen „Rechtsanspruch“. In „leichter Sprache“ würde das heißen: Die Lehrer sollen die Kinder erziehen und ihnen etwas beibringen. Tun sie‘s nicht oder nur unzulänglich, können die Eltern vor Gericht ziehen. Das klingt klar, ist es aber nicht. Denn leider sind die Wörter „sollen“, „beibringen“ oder „unzulänglich“ nicht eindeutig.

Man verstehe mich recht: Wir brauchen beides: sprachlich eindeutige rechtliche Vorgaben und deren Erläuterung in einem verständlichen Deutsch.

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Die Republik und die östlichen Protestanten

Manchen mag es ja eine Führungskraft mit protestantischer Einfärbung zu viel sein: Zu Merkel, der evangelischen Pfarrerstochter, die das Amt der Bundeskanzlerin inne hat, ist nun als Bundespräsident noch Gauck gekommen, ein gelernter evangelischer Pfarrer. Merkel und Gauck kommen überdies aus dem „Osten“, aus den Bundesländern, die man wahrlich nicht mehr als „neu“ bezeichnen kann. Wird das dem religiösen und gesellschaftlichen Frieden dieses unseres Landes zuträglich sein?

Zwei „Ostler“, wie man im Westen mit einem Hauch von Diskriminierung gerne sagt, an der Spitze des Staates, kann das gut gehen? Es kann, meine ich. Schließlich gibt es auch ein paar „Westler“ auf den oberen Rängen: Lammert als Präsident des Bundestags oder Voßkuhle als Chef des Bundesverfassungsgerichts. Schwieriger wird es mit der Konfession.

Wenn sie die versteckt halten, ecken sie nicht an, wenn sie darauf Bezug nehmen, werden Nasen gerümpft. Dabei kann der Republik ein bisschen mehr protestantischer Geist nur gut tun. Kargheit und Zurückhaltung statt barocker Hofhaltung, das wäre in Zeiten wuchernder Boni ein hörenswertes Signal. Diskussionen über richtige Entscheidungen statt ergebenen Wartens auf die „richtungweisende“ Verlautbarung „von oben“, das würde die Demokratie beleben. Eine Stabilisierung der Kultur durch mehr „Kulturprotestantismus“ wäre eine schöne Bereicherung der Gesellschaft.

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Die Börse und das verschossene Pulver

Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Kurse an der Börse fallen. Man muss sich nur den 10-Jahre-Verlauf ansehen, dann kann man die Anstiege und die immer wieder auftretenden Abstiege des DAX schön nachvollziehen. Gewonnen haben bei dieser Achterbahnfahrt nur diejenigen nichts, die dem Märchen geglaubt haben, Aktien seien eine langfristige Anlage und daher auf lange Sicht  steigend. Gewonnen haben vor allem jene Zeitgenossen, die ihre Aktien oder Fonds verkauft haben, ehe die Kurve wieder nach unten zeigte – also die Spekulanten.

Es wird behauptet, die Börse bilde die Erwartungen für die künftige die Wirtschaftsentwicklung ab. Das derzeitige Sinken der Kurse sagt uns also: Es wird mal wieder schlechter. Die andere Behauptung ist, an der Börse sei man enttäuscht über die Politik. Sie finde keine Lösung für die Finanzkrise und habe ihr Pulver verschossen. Bei der Metapher vom Pulver denke ich an Geld. Das haben die Regierungen offenbar verpulvert, was man daran sieht, dass nunmehr alle Staaten hoch verschuldet sind. Die derzeitige Verschuldung ist im Wesentlichen die Folge der diversen aufgespannten Rettungsschirme und geschnürten Konjunkturpakete. Die haben sehr viel Geld gekostet. Das ist nun weg. Das Pulver ist verschossen. Es hat sich ausgerettet und ausgeschnürt. Die Aussichten sind düster.

Früher musste man in einer solchen verzweifelten Lage den Offenbarungseid leisten. Der wäre auch in diesen, unseren Zeiten fällig.