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Die Republik und die östlichen Protestanten

Manchen mag es ja eine Führungskraft mit protestantischer Einfärbung zu viel sein: Zu Merkel, der evangelischen Pfarrerstochter, die das Amt der Bundeskanzlerin inne hat, ist nun als Bundespräsident noch Gauck gekommen, ein gelernter evangelischer Pfarrer. Merkel und Gauck kommen überdies aus dem „Osten“, aus den Bundesländern, die man wahrlich nicht mehr als „neu“ bezeichnen kann. Wird das dem religiösen und gesellschaftlichen Frieden dieses unseres Landes zuträglich sein?

Zwei „Ostler“, wie man im Westen mit einem Hauch von Diskriminierung gerne sagt, an der Spitze des Staates, kann das gut gehen? Es kann, meine ich. Schließlich gibt es auch ein paar „Westler“ auf den oberen Rängen: Lammert als Präsident des Bundestags oder Voßkuhle als Chef des Bundesverfassungsgerichts. Schwieriger wird es mit der Konfession.

Wenn sie die versteckt halten, ecken sie nicht an, wenn sie darauf Bezug nehmen, werden Nasen gerümpft. Dabei kann der Republik ein bisschen mehr protestantischer Geist nur gut tun. Kargheit und Zurückhaltung statt barocker Hofhaltung, das wäre in Zeiten wuchernder Boni ein hörenswertes Signal. Diskussionen über richtige Entscheidungen statt ergebenen Wartens auf die „richtungweisende“ Verlautbarung „von oben“, das würde die Demokratie beleben. Eine Stabilisierung der Kultur durch mehr „Kulturprotestantismus“ wäre eine schöne Bereicherung der Gesellschaft.

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Benedikt XVI und die deutschen Protestanten

Sie feiern es bereits als Erfolg, dass der Papst nett zu ihnen war, die „führenden“ deutschen Protestanten. Gesten werden als Zeichen der Öffnung gedeutet. Der Besuch in „Luthers Kloster“ zu Erfurt gilt als Sensation. Dabei ist es der Ort des „vorreformatorischen Luther“. Ein Besuch in Wittenberg hätte da schon mehr Symbolkraft entwickelt.

In der Sache ist der Papst „hart“ geblieben, will sagen: bei seinen sattsam bekannten Positionen, die da sind: Die Evangelischen bilden keine „Kirche“, daher darf kein gemeinsames Abendmahl gefeiert werden, Mischehen sind abzulehnen, Scheidungen erst recht.

Nun hofft man auf das Jahr 2017, in dem man 500 Jahre Reformation zu feiern gedenkt, am besten gemeinsam mit den katholischen Brüdern und Schwestern. Zwar ist es nie schlecht, ein bisschen zu hoffen; denn immer wieder geschehen Wunder. Bis zu seinem Eintreten hätte es immerhin sechs Jahre Zeit. Und vielleicht besinnt sich Benedikt XVI, geb. Ratzinger; ja auch tatsächlich noch eines Besseren, aber …

Aber ich bin skeptisch. Zum Besinnen hatte man in Rom schon über 450 Jahre Zeit. Wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche den Protestanten gegenüber tatsächlich anderen Sinnes hätte werden wollen, wäre ihm das längst möglich gewesen. Aber es will wohl nicht. Hüten wir uns also vor Illusionen. Meine Hoffnung: Man erwartet nichts mehr vom (oder: von diesem) Papst und geht seinen eigenen Weg, als leidender Mischehe-Partner oder als missachteter Protestant.

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Angegriffene Werte

Die sonntägliche Ausgabe der Tageszeitung meldete (am 1.11.10) einen Angriff. Der Chef der Jungen Union, so war zu lesen, sehe im Feiern von Halloween einen „Angriff auf christliche Werte und Traditionen“. Wir – er meint die Christen – sollten sie – die Werte und Traditionen – gegen den „Zeitgeist“ verteidigen. Leider sagt er nicht, wie wir das tun sollen.

Aber vielleicht ist es ja unnötig. Im gleichen Artikel wird der „Grünen-Kirchenexperte“ Winkler zitiert. Er sieht „den Glauben nicht durch Kürbisse und Fratzen“ bedroht. Wer das behaupte, sei nicht „auf der Höhe der Zeit“. Halloween sei wie der Muttertag eine „private kommerzielle Veranstaltung“. Und habe der Muttertag dadurch etwa Schaden gelitten? Nein, der nicht, aber die Logik.

Denn der Muttertag ist kein christlicher Feiertag. Der Reformationstag aber ist einer, auch wenn nur die Schüler, aber nicht die arbeitenden Menschen frei haben. Auch Himmelfahrt ist ein christlicher Feiertag; und der hat durch den „Vatertag“ ziemlich gelitten. Die Erinnerung an den Tag der Reformation ist noch verblasster als die an Himmelfahrt. In den Medien herrschte dazu 2011 wieder einmal gähnende Leere. In den Nachrichten teilte man allenfalls mit, dass Luther am Vorabend von Allerheiligen „seine Thesen“ an die Schlosskirche von Wittenberg geschlagen haben „soll“ und suggerierte mit dem „soll“ Zweifel an der lutherischen Aktion überhaupt. Nichts war zu hören über den Inhalt der Thesen, nichts über deren Bedeutung, nichts über die Folgen, nichts auch über Luther und die Zustände in der damaligen Kirche. Da kam „Allerheiligen“ medial noch besser weg.

Man muss Frau Käßmann zustimmen, die dieser Tage gefordert hat, der Protestantismus müsse sich in den Medien deutlicher zu Wort melden. Aber wie?

(Blog-Eintrag Nr. 224)