Kategorien
Politik

Schwächelnde Grundschüler

Das Nomen in der Überschrift ist ein generelles, also die weiblichen und männlichen Zöglinge betreffendes Nomen. Aber diese Deutung wird von einer aggressiven Minderheit vehement als nicht gendergerecht und frauenfeindlich angeprangert. Um also nicht der Feme anheimzufallen, korrigiere ich die Deutung des Hauptworts und verstehe es als männliche Form. Das trifft auch die Wirklichkeit, denn mit dem als Attribut gebrauchten Partizip „schwächelnd“ sind in der Tat mehr die Knaben gemeint. Den Viertklässlern unter ihnen bescheinigt die neueste Qualitätsstudie in der Tat mangelnde Leistungen im Hören, Lesen, Schreiben und Rechnen. Also in allem, was ihnen die Grundschule eigentlich hätte vermitteln sollen. Hat sie aber nicht. Ihre Ausreden sind bekannt: Es gibt zu viele Kinder mit Migrationshintergrund in den Klassen, es gibt zu wenig Lehrerinnen und Lehrer pro Klasse und es war Corona. Damit sieht sich das System Grundschule offenbar aus dem Schneider. Schicksalhafte Einflüsse haben verhindert, dass sie ihre Aufgabe erfüllen konnte. Und was folgt daraus: Es wird sich nichts ändern, denn die schicksalhaften Faktoren werden weiter bestehen. Was die baden-württembergische Kultusministerin zu diesem Thema bisher geäußert hat, lässt wenig Hoffnung. Man müsse sich der Probleme annehmen. Ach ja. Das wissen wir eigentlich schon lange. Und es wäre zu fragen, was man denn getan hat, um sich der Probleme anzunehmen. Häckerling würde gerne den Blick auf einen weiteren Aspekt lenken: Könnte es sein, dass die didaktischen Konzepte der Grundschule nicht der Situation angemessen sind? Könnte es sein, dass die Sprachförderung in den Kitas den Namen nicht verdient, dass sie zumindest von nur mäßigem Erfolg ist? Ich plädiere für mehr Konsequenz in der Durchsetzung der Ziele: Die Vermittlung der deutschen Sprache muss Kernaufgabe in der Kita sein. Und Kinder mit Defiziten werden verpflichtet, an entsprechendem Förderunterricht teilzunehmen. Das Land muss aus den Startlöchern kommen und seine Politik der Einstellung von Lehrer*innen auf den Prüfstand stellen. Da wäre einiges zu tun. Im internationalen Vergleich ist unser Schulsystem unterfinanziert.

Kategorien
Politik

Über eine Bildungsoffensive 3

Die bildungspolitische Qualitätsoffensive Baden-Württembergs ist unter heftigen Beschuss geraten. Das ist bei Offensiven gern so. Darauf muss man gefasst sein. Bei diesem Bombardement wagt auch Häckerling einen kleinen Schuss: den Hinweis nämlich, dass weder Schiller noch Einstein Baden-Württemberger sind, wie es das Faltblatt „Für unsere Kinder“ reichlich locker behauptet. Zur Zeit von Schillers Geburt gab es nur ein Ländle namens Württemberg. Dort, in Marbach, hat der Dichter das Licht der Welt erblickt. Das Land war etwas größer, als Einstein zur Welt kam, aber die Allianz mit Baden lag auch da noch in weiter Ferne. Aber sei’s drum.

Die weitaus heftigere Kanonade erfährt die Offensive durch die Opposition und auch innerhalb der Koalition. Wie kann man, so der Vorwurf, zweieinhalb Millionen Euro für „Werbung“ ausgeben, wenn an den Schulen in großem Stil Unterricht ausfällt, wenn offenbar das Geld fehlt, Vertretungslehrer zu bezahlen und Schüler kurz vor dem Abitur in Prüfungsfächern keinen Unterricht haben? Wie nützlich hätte man das „Informationsgeld“ ausgeben können.

Warum gibt sich das Kultusministerium eine solche Blöße oder – militärisch ausgedrückt- eine solche offene Flanke? Es war doch damit zu rechnen, dass sich alle auf das Thema einschießen würden. Da hätte man doch vorsorgen und mögliche Angriffspunkte absichern müssen.

Aber das lässt sich ja ändern. Man muss im Stuttgarter Hauptquartier noch ein bisschen nachrüsten.

(Blog-Eintrag Nr. 144)

Kategorien
Politik

Über eine Bildungsoffensive 2

Die Qualitätsoffensive des baden-württembergischen Kultusministeriums gebar als Erstes eine vierseitige Beilage in der Zeitung. Auf der Titelseite ist zu lesen: „Für unsere Kinder. Unsere Ideen für eine bessre Bildung.“ Hier konnte sich die beauftragte Berliner Werbeagentur schon mal so richtig austoben. Sie scheut auch vor nichts zurück. So behauptet sie auf Seite 3, dass Friedrich Schiller gesagt habe „Früh übt sich, was ein Meister werden will.“ Das hat nicht Schiller gesagt; das lässt der Dramendichter Schiller die Figur Wilhelm Tell sagen, und zwar über die ersten Erfolge seines Sohnes im Gebrauch der Armbrust. Tells Frau Hedwig ist ob dieses martialischen Lernerfolgs überhaupt nicht begeistert. Und Häckerling ist angesichts dieses Missgriffs der Werbeleute (oder des KM?) amüsiert.

Auf Seite 2 der Beilage steht unter der großen Überschrift „Mehr Platz“ der hochbrisante Satz: „Kleinere Klassen und mehr Lehrerinnen und Lehrer bedeuten: individuellere Förderung für unsere Kinder“. Wenn das so einfach wäre.

Es gibt ja im Land schon viele Klassen, die kleiner sind als 33, und auch solche mit der angestrebten „Sollstärke“ von 28. Aber wird in solchen Klassen individueller gefördert, nur weil es ein paar Kinder weniger sind, die man zu unterrichten hat? Individuelle Förderung in der Schule heißt ja nicht bloß, dass die Lehrkraft dem Einzelnen ein bisschen mehr Zuwendung gewähren könnte und dass es möglich ist, unbeachtete Schüler häufiger „aufzurufen“. Individuelle Förderung bedeutet: Jeder Junge, jedes Mädchen bekommt die ihm/ihr gemäße Lernumgebung, jedes Kind wird mit solchen Aufgaben bedacht, die seiner Leistungsfähigkeit entsprechen, jeder Jugendliche darf mitreden, wenn es um die Gestaltung seiner eigenen Lernprozesse geht. Das setzt eine gründliche Diagnose des Lernstands voraus. Und es verlangt sorgfältige Planungen der Arbeitsaufträge.

Diese Art „individueller Förderung“ können die Lehrerinnen und Lehrer nur dann erbringen, wenn sie darin geschult worden sind. Aber sind sie das? Ich bezweifle das.

(Blog-Eintrag Nr. 143)