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Schnelle Radfahrer

Während der Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs stagniert, während der Zustand der bestehenden Straßen beklagenswert ist – viele sind so löcherig und uneben, dass sie den Autofahrer in die Gefahr eines Schütteltrauma bringen –, während also bei der klassischen Mobilität der Stillstand waltet, geschieht endlich etwas für die Radfahrer. Sie bekommen „Radautobahnen“ oder „Radschnellwege“, auf denen sie, ohne gerüttelt oder geschüttelt zu werden, mit einer Geschwindigkeit von mindestens 20 km/h unterwegs sein können. Langsamer zu sein ist offenbar nicht erlaubt, denn das würde dem Sinn eines „Schnellwegs“ widersprechen. Ein Kilometer dieser Spezialstrecken kostet eine halbe bis eine Million Euro. Wir haben’s ja. Hauptsache, die Radler können schnell unterwegs sein, die Bus-, Straßenbahn- und S-Bahn-Nutzer mögen sich derweil in Geduld üben, wenn ihr Anschluss nicht klappt, eine Bahn ausfällt oder überfüllt ist. Wo ein schneller Weg für die Radfahrer entsteht, ist den Fußgängern zu raten, Reißaus zu nehmen. Wer geht denn überhaupt noch zu Fuß außer ein paar bewegungsbeeinträchtigten Rentnern? Für sie ist es keine reine Freude mehr, einen Spaziergang zu machen. Sollen sie links gehen und die Radfahrer rechts vorbeilassen oder sich lieber an der rechten Kante des Wegs bewegen, damit die elektrisch beschleunigten Velozipede nicht aufgehalten werden? Ein regelmäßiger Blick nach hinten ist überlebenswichtig, nur so kann man sich durch einen rechtzeitigen Tritt auf die Grasnarbe neben dem Weg vor einem Beinahe-Zusammenstoß retten. Man würde sich Mobilitätsmanifeste wünschen: „Fußgänger/Nahverkehrsbenutzer aller Länder vereinigt euch“.