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Ungewöhnlicher Satzbau

Ein 900 Meter langes Straßenstück ist eingeweiht worden: die Allmendstraße zwischen Maichingen und dem Sindelfinger Wohngebiet Hinterweil. Solche Einweihungen bedürfen selbst in einer verarmten Stadt eines Festakts. Der ist in der lokalen Zeitung mit zwei Fotos und einem langen Bericht dokumentiert. Auf dem einen Foto sehen wir sechs lächelnde Männer (die „Verwaltungsspitze“, wie zu lesen ist), die mit sechs Scheren ein Absperrband in sieben Stücke schneiden. Welche Symbolik!

Das andere Foto zeigt laut Bildunterschrift einen „kleinen Autokorso“: vier PKWs, angeführt von zwei Karossen des in der Stadt ansässigen Autobauers. Das nennt man erfolgreiches Product Placement! Es macht den Eindruck, als habe die Firma mit dem Stern ihr Scherflein zum Bau der Straße beigetragen. Hat sie?

Geredet wurde auch – und nicht wenig, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Wir erfahren, dass der Oberbürgermeister gesagt hat: „Maichingen und die Kernstadt wachsen (mit dieser Straße) noch ein Stück näher zusammen.“ Da wächst offenbar endlich zusammen und kommt sich näher, was seit Jahrzehnten zusammengehört.

Noch eine weitere Erkenntnis des Mannes an der Spitze der Stadt Sindelfingen wird zitiert: „Es ist wichtig, dass der Verkehr flüssig unterwegs ist.“ Alles fließt, das wissen wir von Heraklit; jetzt erfahren wir: Alles sollte flüssig unterwegs sein, auch der Verkehr. Sogar das Wasser wird es auf dieser Straße sein; denn sie ist eine schiefe Ebene, auf der eventuell auftretendes Hochwasser flott zum nächsten Kreisel fließen kann.

Der Bau der Straße kostet über fünf Millionen Euro; auch die Stadt wird zur Kasse gebeten, obwohl sie derzeit „jeden Euro umdrehen“ muss. Was für eine Mühsal! Man hat wohl zwischendurch erwogen, die Bauarbeiten einzustellen. Doch dann setzte sich eine Erkenntnis durch, die vom Stadtoberhaupt so formuliert wird: „Es macht wenig Sinn, einen Straßenbau mittendrin aufzuhören.“

Das wäre ja nun wirklich ein Schwabenstreich gewesen, einen Bau mittendrin aufzuhören. Und obendrein wäre es auch sprachlich nicht gegangen, spüren wir doch, wie das Verb „aufhören“ sich dagegen sträubt, mit einem Akkusativ-Objekt gekoppelt werden.