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Zu viel und zu wenig

Zwei widersprüchlich anmutende Meldungen zur Personalsituation der Schule an zwei Tagen hintereinander: gestern der Hinweis, dass kaum jemand Rektor (Schulleiter) werden wolle, heute die Forderung des Rechnungshofs, aus dem sich abzeichnenden Überschuss an Lehrkräften Konsequenzen zu ziehen und Lehrerstellen abzubauen.

Warum ist das Amt des Schulleiters so wenig gefragt? Weil man für ein kleines Draufgeld Aufgaben übertragen bekommt, denen kaum jemand gewachsen ist. Schulleiter haben viel zu tun, aber wenig zu sagen. Sie tragen für die ganze Schule die Verantwortung (als Fachaufsicht und als Dienstaufsicht vor Ort, um es im beamtenrechtlichen Jargon zu sagen), aber sie haben weder die Mittel noch die Zeit und oft auch nicht die Kompetenz, ihr gerecht zu werden. Sie sind gelernte Lehrer, sie können in der Regel gut unterrichten, aber das professionelle Führen eines Kollegiums haben sie nicht gelernt. Wer übernimmt schon gern eine Aufgabe, der er voraussichtlich nicht gewachsen sein wird?

Der Staat gibt zu viel Geld aus. Er muss Personal abbauen. Auch Lehrerinnen und Lehrer sind Personal. Sie kosten viel Geld. Wenn man weniger einstellt, hat man weniger Ausgaben. Der Nachteil: Viele gut und für viel Geld ausgebildete Lehrkräfte bekommen keine Stelle. Das ist eine Verschwendung, nicht nur von Steuergeldern, sondern auch von pädagogischen Ressourcen.

Wer im Schulbereich sparen will, muss mehr Geld ausgeben: erstens für eine solide, auf „belastbaren“ Daten basierende, langfristige Personalplanung und zweitens für die professionelle Ausbildung und attraktive Honorierung von Schulleitern.

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Punkratius

Endlich hat es ein Schulleiter mal in die überregionale Presse geschafft. Es ist nicht sein poetischer Name (Matthias Isecke-Vogelsang), der ihm Publicity verschafft, es ist sein Outfit, wie man heute gerne sagt, sein äußeres Erscheinungsbild also, das die Stuttgarter Zeitung (vom 17.9.10), eine dpa-Meldung aufnehmend, so beschreibt: „Irokesenschnitt, Piercings, Schnürstiefel“.

Man sieht ihn mit ausgebreiteten Armen im Klassenzimmer stehen, vier Kinder schauen zu ihm auf, eines davon meldet sich. Auf dem schwarzen Sweatshirt steht der programmatische Satz: „Punks not Dead“. Der Mann ist 57, Fan der Toten Hosen, seit 31 Jahren verheiratet und Vater dreier erwachsener Kinder. Er leitet seit Kurzem eine Schule in Lübeck. Der Elternsprecher seiner alten Schule lobte ihn zum Abschied mit folgenden Worten: „Er hat den Kindern gezeigt, dass es nicht auf das Äußere ankommt. Er war eine Autorität.“ Der Satz regt zum Nachdenken an. Ist das so zu verstehen, dass der Mann trotz seines Äußeren eine Autorität ist? Oder ist er es nicht gerade deshalb? Weil er „authentisch“ ist? Weil er den Kindern die Pop-Kultur nicht madig macht, sondern sich mutig zu ihr bekennt?

Da sich die Suche nach Schulleitern immer schwieriger gestaltet, wäre zu überlegen, ob man die Ausschreibungen nicht um Sätze wie die folgenden ergänzt: „Habe den Mut, dich auf eine Schulleiterstelle zu bewerben. Du darfst so bleiben, wie du bist. Du musst nicht in Krawatte und Anzug herumlaufen, sondern darfst dich ganz locker kleiden. Wir freuen uns über deine Piercings oder Tätowierungen. Du musst nicht den Bildungsbürger mimen, sondern darfst deinen populären Kunst- und Musikgeschmack offen zur Schau stellen. Sage ja zu deinen Besonderheiten und du bist als Leiter einer Schule an der richtigen Stelle.“

Vielleicht ermuntern solche Aussichten den einen oder die andere dazu, sich auf eine solche Stelle zu bewerben.

(Blog-Eintrag Nr. 213)

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Fehlende Leitungen

Die Albertville-Realschule in Winnenden findet keine neue Leitung. Die bisherige Schulleiterin hat erklärt, sie wolle diese Aufgabe nicht länger wahrnehmen. Das kann man verstehen. Alle Versuche des Regierungspräsidiums Stuttgart, die vakante Stelle zu besetzen, sind bisher gescheitert. So können wir es heute (am 2.8.10) in den Stuttgarter Nachrichten lesen. Am Ende des ausführlichen Berichtes steht, dass die genannte Schule nicht allein mit diesem Problem ist. Für viele Schulleitungsstellen, bei Grund-Haupt- oder Realschulen, aber auch bei Gymnasien, meldet sich auf die entsprechende Ausschreibung niemand. Das ist kein Wunder, meint Häckerling, der auch mal Schulleiter war. Warum nicht?

Es liegt ein bisschen an der Bezahlung; die liegt kaum höher als bei den anderen „Funktionsstellen“ der Schule und kann daher kaum jemand locken. Denn der Katalog der Aufgaben eines Schulleiters oder einer Schulleiterin ist in letzter Zeit deutlich umfangreicher und anspruchsvoller geworden. Im Prinzip ist die Leitung einer Schule immer für alles verantwortlich, das heißt vor allem für das, was schiefläuft. Die Delegation von Aufgaben an andere Lehrpersonen ist zwar im Prinzip möglich, aber die ständige Erhöhung der Lehrerarbeitszeit in den letzten Jahren hat deren Bereitschaft und Möglichkeit beeinträchtigt, zusätzliche Verantwortung und Arbeit im Leitungsbereich zu übernehmen, zumal die dafür gewährten „Anrechnungen“ oft nicht der Rede wert sind.

So werden die Schulleiter mit ihrem Berg von Arbeit und Verantwortung allein gelassen. Ständig halst man ihnen Weiteres auf, denn auch die Schulverwaltung ist nicht ausreichend besetzt und will Aufgaben loshaben. Das wird dann gerne mit dem Satz verbrämt, so stärke man die Eigenverantwortung der Schule. Aber das klingt in den Ohren der auf diese Weise Beglückten eher wie Hohn.

Das Kultusministerium muss sich also noch mehr Gedanken darüber machen, wie sie die – oft durchaus auch schöne Aufgabe des Leitens einer Schule – so ausgestaltet, dass sich die besten Pädagogen die Finger danach lecken.

(Blog-Eintrag Nr. 204)