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Löcherige Präsenz

Die Schulpflicht werde nicht außer Kraft gesetzt, verlautet aus dem Kultusministerium, aber die Schülerinnen und Schüler hätten keine Präsenzpflicht, sondern sollten selbst entscheiden, ob sie in den Unterricht kommen wollen. Früher nannte man das ein contradictio in adiecto, einen Widerspruch in sich selbst. Nach der geltenden Schulbesuchsverordnung müssen die Schulpflichtigen im Unterricht präsent sein, es sei denn, sie sind verhindert, befreit oder beurlaubt. Die Entbindung vom Schulbesuch spricht der Klassenlehrer oder die Schulleitung aus. Dazu müssen triftige Gründe vorliegen (Krankheit zum Beispiel). Ob jemand in die Schule zu gehen hat, liegt nicht in seinem Ermessen. Das bedeutet das Wort „Schulpflicht“. Das Fehlen bedarf einer Erlaubnis. Nun kann es natürlich Corona-Gründe geben, die einen Schulbesuch unmöglich machen, etwa die Infektion von Vater oder Mutter. Die rechtfertigt die Befreiung natürlich. Allerdings genügt ja wohl nicht die bloße Behauptung der Infektion. Sie muss nachgewiesen werden. Das dürfte kein Problem sein. Sollte der eher seltene Fall eintreten, dass ein Kind zur „Risikogruppe“ gehört, weil es Diabetes hat oder herzkrank ist, ist es selbstverständlich verhindert, in die Schule zu kommen. Früher gab es bei Kindern, die längere Zeit im Krankenhaus lagen, die Möglichkeit des Einzelunterrichts in der Klinik. Dafür stellte der Arbeitgeber Extra-Stunden zur Verfügung. Bei Viruskranken ist dieses Verfahren nicht möglich. Aber es gibt ja inzwischen elektronische Möglichkeiten des Unterrichtens. Dass ein solcher Einzelunterricht einer besonderen Honorierung bedarf, ist selbstverständlich. Hier sind andere, individuelle Formen des Unterrichtens geboten. Das alles ändert aber nichts am Grundsatz der Schul- und Präsenzpflicht. Es sind Einzelfälle und geregelte Ausnahmen.

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Unbelohnt – der Schulbesuch

Das Schulschwänzen scheint in Frankreich so zugenommen haben, dass man es nun mit Belohnungen versucht. Klassen mit hoher Anwesenheitsquote dürfen, so liest man (Stuttgarter Zeitung 8.10.09), auf finanzielle Zuschüsse zum Schullandheim oder zur gemeinsamen Fahrschule hoffen. Offenbar finden das nicht alle gut in unserem Nachbarland. Es wird von einem „kollektiven Aufschrei“ berichtet. Auch finden manche, man solle die Kinder für den Schulbesuch nicht belohnen, sondern ihnen vermitteln, was für eine Vergünstigung es sei, wenn man „auf Kosten der Gemeinschaft“ eine kostenlose Ausbildung erhält. Ob das den notorischen Schwänzern Eindruck macht?

Auch bei uns herrscht Schulbesuchspflicht. Nur wer triftige Gründe hat, also beispielsweise wegen Krankheit verhindert ist oder aus nachvollziehbarem Anlass beurlaubt wurde, „darf“ in der Schule fehlen. Trotzdem schwänzen auch hierzulande manche. Dann wird ihr Fehlen (im Klassen- oder Tagebuch) vermerkt, und wenn keine schriftliche Entschuldigung (fristgerecht) nachgereicht wird, ist eine Strafe fällig. Die kann auch die Eltern treffen, denn sie sind dafür verantwortlich, dass ihr Kind regelmäßig zur Schule geht. Kommen sie dieser Aufgabe nicht nach, kann ein Bußgeld gegen sie verhängt werden. Das geschieht auch manchmal.

Ehe man nun auf die Idee kommt, Frankreich nachzuahmen und für den Schulgang Belohnungen auszusetzen, sollte man die kostenlosen Möglichkeiten ausschöpfen. Die wären: Man könnte die Schule attraktiver machen, indem man sie besser ausstattet, zum Beispiel durch die Schaffung von Spiel- und Sportmöglichkeiten für die unterrichtsfreien Zeiten. Oder durch einen Unterricht, der den Einzelnen stärker im Blick hat und fördert. Vor allem aber dadurch, dass man den Kindern und Jugendlichen das Gefühl vermittelt, man nehme ihr Da-Sein wahr und freue sich über ihr tägliches Kommen.

Es soll früher vorgekommen sein, dass Lehrer es tagelang nicht einmal gemerkt haben, wenn Schüler fehlten. Und wenn sie es merkten, hat es sie nicht interessiert, warum sie fehlten. Ob das auch heutzutage noch vorkommt?