Kategorien
Politik

Offenbachs Offenbarungen

In einer von Sonntag Aktuell am 22.8.10 veröffentlichten Kolumne attackiert Susanne Offenbach ihren Kollegen Zielcke, der es unlängst gewagt hatte, seinem Bedauern über Deutschlands niedrige Kinderzahl journalistischen Ausdruck zu verleihen. Dass wir weltweit Schlusslicht beim Kinderkriegen sind, ficht die Kolumnistin Offenbach nicht im Geringsten an: „es ist nicht schlimm, wenn wir weniger werden“. Im Übrigen seien die Männer an allem schuld, denn sie entzögen sich ihren Vaterpflichten oder erfüllten sie allenfalls mit einem „Bankdauerauftrag“. Es seien die Frauen, die alles zu schultern hätten. Dann bringt Frau Offenbach das Thema so auf den Punkt: „Mutterschaft ist zumindest in Form von eigenem Geld und eigener Rente nichts wert.“ Selten hat eine Nicht-Mutter ihre materialistische Grundhaltung deutlicher offenbart; daran ändert auch das Adverb „zumindest“ nichts.

Dann ruft Offenbach das „Ende des Generationenvertrags“ aus und erklärt schlicht, dass stattdessen jeder gefälligst selbst für seine Alter vorsorgen solle. Jeder ist sich selbst der Nächste, so lautet ihre Sonntagsbotschaft. Wie schön für sie, wenn sie für solche Sätze auch noch Geld erhält – ein kleiner Beitrag zu ihrer Altersvorsorge. Der größere besteht darin, dass sie sich die Ausgaben für Kinder spart. In der Tat, Frau Offenbach braucht die Solidargemeinschaft, auf die sie pfeift, nicht mehr.

Als Dreingabe bekomme ich noch diese Offenbach-Sätze: „Kinder müssen nicht sein.” Es gebe auch gelungenes Leben allein, zu zweit, mit Freunden und “übriger Kraft für den kranken Nachbarn”. Dass sich so mancher Kinderwunsch nicht erfüllt, ist für die Betroffenen oft genug eine traurige und belastende Erfahrung. Susanne Offenbach hingegen freut sich über ihr „gelungenes Leben“ als Kinderlose und ist stolz darauf, dass sie in jüngeren Jahren nicht auf die „patriarchalische Propaganda“ hereingefallen ist. Dass sie dann aber auch noch so unverfroren ist, den in einem Kirchenlied Paul Gerhardts genannten „kranken Nachbarn“ zur Verbrämung ihres Egoismus zu verwenden, macht wütend. Solche Kolumnen „müssen nicht sein“, Kinder schon.

(Blog-Eintrag Nr. 208)

Kategorien
Politik

Über Sonntag Aktuell

Es ist die siebte Ausgabe der Tageszeitung, die (der?) „Sonntag Aktuell“, und sie, die Zeitung, hat eine neue Einkleidung erhalten. Weiß auf Rot prangt der Titel oben, darunter steht das Wichtigste: „Endlich was tun: Besser Hören“ – ach, das ist Werbung, daher die vielen Fehler. Dann: „Ein Liebesbrief zum Valentinstag? Der Ghostwriter hilft aus.“ Daneben steht was von einer Frau, die dem Staat zuliebe auf dem Campingplatz lebt, dann folgen die Bundesliga-Ergebnisse (Stuttgarts Niederlage ist fett gedruckt, die von Hoffenheim nur normal) und schließlich der Hinweis (Seitenangabe in roter Farbe) auf einen Artikel über das „Fegefeuer“ von Reiseleitern. Warum ist das Blatt so rot geworden? Und warum beginnt und endet die Titelseite mit Werbung?

Es gibt hübsche Überschriften in der Ausgabe vom 14.2.10: „Streusalz in die Wunden“ – eine Anspielung auf die Wendung „Salz in die Wunden streuen“ (= Schmerz bereiten). Ich soll denken, dass die Beschaffung von Streusalz den armen Städten und Gemeinden wehtut. Auf Seite 2 steht unter der Überschrift „Zwei Flaschen Barroso“ die übliche Satire auf Oettinger und daneben wirbt man mit der tiefsinnigen Schlagzeile „Vollmacht gegen das Vergessen“ für die Patientenverfügung. Das ist verdienstvoll.

Über einem Bericht auf Seite 3 lese ich: „Letzter Ausweg Nachhilfe“. Das erinnert an den furchtbaren Roman „Last Exit Brooklyn“. Aber ist nicht auch die Tatsache furchtbar, dass hierzulande pro Jahr 131 Euro pro Kind für Nachhilfe ausgegeben werden? Der Kultusminister sieht das als unnötig an, eine Professorin aus Schwäbisch Gmünd hingegen als Folge unzureichenden, weil zu wenig individuellen Unterrichts. Häckerling ist geneigt, Letzterer recht zu geben.

(Blog-Eintrag Nr. 148)

Kategorien
Politik

Über das Verwöhnen

In der letzten Kolumne von Sonntag Aktuell (20.12.09) schreibt Frau Ott über die verwöhnte nachfolgende Generation, die immer das Neueste haben müsse und mit ihren Konsumwünschen die Eltern an den Rand der Zahlungsunfähigkeit bringe. In dem an Beispielen reichen Text sticht die Bemerkung über eine Fünfzigjährige hervor, die ihre eigene Hautpflege auf Nivea-Niveau gesenkt hat, um mit dem Ersparten die teuren Kosmetika ihrer Tochter zu finanzieren. Die Kolumnistin selbst übernimmt den abgelegten Elektronikschrott ihres Sohnes, der dafür das Neueste vom Neuen in sein Zimmer stellen darf.

Nun sind das, verglichen mit den Einschränkungen der Hartz-IV-Kinder, banale Probleme, die diese Mittelschichtfamilien kultivieren. Aber es zeigt, wie sich die Werte verschoben haben. Eltern haben sich schon immer zugunsten ihrer Kinder eingeschränkt. Sie sollten genug zu essen haben, etwas zum Anziehen, eine anspruchsvolle Ausbildung bekommen. Es gibt dafür viele Beispiele weltweit. Doch sich selbst einschränken, um der Kosmetika und der elektronischen Geräte willen, die den Nachwachsenden angeblich eine höhere Lebensqualität ermöglichen?

Da wir uns Weihnachten nähern, sei es daran verdeutlicht: Das Jesuskind brauchte eine Krippe zum Schlafen, immer mal wieder eine frische Windel, eine Mutter, die es stillte und mit ihm sprach. Und ein Vater, der sich ums Überleben von Mutter und Kind sorgte. Schön, dass der kleine Jesus auch noch von Engelschören beglückt wurde. Die Zuwendung der armen Hirten war gut für das Kind. Völlig daneben waren die Geschenke der drei Männer aus der Fremde: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Natürlich ist die damit verbundene Symbolik wunderbar, aber das Kind als Kind war dessen nicht bedürftig, um später einmal – immerhin sind es noch fast drei Jahrzehnte bis zum öffentlichen Auftreten – als Wanderprediger, Heiler und von Schuld Erlöser erfolgreich tätig zu sein.

Kinder brauchen keine verwöhnenden Eltern, sondern solche, die ihnen zugewandt sind, sich um sie kümmern und sie mit dem Notwendigen versorgen.
(Blog-Eintrag Nr. 126)