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Schwindende Großzügigkeit

Was man sich als schlichter Bürger schon einige Zeit nicht so recht vorstellen kann: Woher der Finanzminister das viele Geld hernimmt, das er (bzw. die ganze Regierung) großzügig unters Volk streut. Wobei das nicht so ganz stimmt mit dem „Volk“. Es sind Auserwählte, die besonders üppig bedacht werden: die Lufthansa, die Autoindustrie, die Verbraucher (über die Mehrwertsteuer). Bei den Kleinen, so hört man, kommen die Milliarden nicht so zügig an. Die Hilfen für den November können jetzt „schon“ beantragt werden. Manche warten immer noch auf ihre Ausfallhilfe, manche (zum Beispiel die Menschen aus dem Kulturbereich) erhalten zum Überleben viel zu wenig. Manche allerdings, hört man, bekommen reichlich, obwohl sie es gar nicht nötig hätten. Das ist die Kehrseite des „unbürokratischen“ Geldsegens. Nun bekommen die Hauptstadtstrategen allmählich kalte Füße. Die Milliarden fließen ab. Wo kommen sie her? Aus Krediten im Wesentlichen. Der Staat nimmt Geld auf, macht Schulden. Dummerweise muss man die wieder zurückzahlen. Es gibt nur zwei Alternativen dazu: Die Inflation nimmt zu; das senkt die Schuldenlast. Oder die Bundesbank druckt zusätzliches Geld, das sie dem Staat kostenlos zur Verfügung stellt. Das kennen wir aus „Faust II“. Dort hatte es üble Folgen. Was es bei uns für Folgen hat, weiß niemand so recht. Kleinere – das wäre sehr schön. Oder größere – das würde uns Heutige und vor allem die nachfolgende Generation quälen. Auf jeden Fall ist zu konstatieren: das Geld ist weg, dabei hätte man viel davon noch gebraucht für die Beherrschung des Klimawandels. Aber man kann nicht alles haben.

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Die Heiligen und ihr Schein

Ferne sei es dem Schreiber dieser Zeilen, alle politischen Aktionen der schwarz-gelben Regierung gut zu finden. Da lässt sich so manches kritisieren: der hektische Umstieg bei der Energie, die unklaren Entscheidungen bei der Sanierung des Gesundheitssytems, das Hin und Her bei Hartz IV und da vor allem das offenbar unsinnige Förderungswesen im Bereich der schulischen Kosten.

Man kann auch darüber debattieren, ob wir uns eine Senkung der Steuern für die niedrigen und mitteleren Einkommen leisten können, wenn wir doch unser Geld eher nach Griechenland schicken oder für Portugal, Spanien oder Italien aufsparen sollten. Mir ist die Debatte über die Ungerechtigkeit der Steuertabelle zwar noch in Erinnerung – eine Lohnerhöhung wird von der Steuer sofort aufgfressen –, aber Erinnerungen dieser Art sind derzeit offenbar nicht gefragt.

Ein wenig schwillt mir allerdings der Kragen – und er platzt hoffentlich nicht –, wenn ich die wunderbaren Äußerungen der Opposition über die Wichtigkeit der Sanierung unserer Staatsfinanzen lese. Alle zusätzlichen Einnahmen seien dafür zu verwenden.

Die zusätzlichen Einnahmen gibt es auch in Baden-Württemberg – so im Umfang von einer Milliarde. Aber was macht meine neue grün-rote Regierung? Sie verbraucht den überwiegenden Teil dieses Steuersegens für zusätzliche Stellen in der Verwaltung. Für die Sanierung bleibt nur ein bisschen übrig.

Nun gibt es immer schöne Gründe für die Erhöhung der Personalausgaben: Menschen verdienen mehr oder überhaupt erst etwas, wichtige Menschen gewinnen an Autorität, wenn sie mehr verdienen usw.

Aber wie heißt es doch: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werden. Anders gesagt: Wer unheilig handelt, sollte sich nicht um einen Heiligenschein bewerben.

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Unstimmige Metapher 2: Milliardenloch

Der Bundespräsident hat uns wissen lassen, dass es mit unserem Staatshaushalt wegen des „Milliardenlochs“ ein Problem gebe. Ich verstehe das auf Anhieb: Es gibt ein gewaltiges Defizit bei den Staatsausgaben. Es wird mehr ausgegeben als eingenommen. So ist ein Loch in der Kasse entstanden, bildlich gesprochen.

Es gibt vielerlei und sehr reale Löcher. Wühlmäuse verschwinden in einem Loch in der Erde, einem Erdloch. Ein Loch im Eis, das könnten wir ein Eisloch nennen, zu einem in der Luft – das soll es geben, behaupten Fluggäste – sagen wir Luftloch.

Was ist ein Loch? Ein Loch ist da, wo nichts ist, wo etwas fehlt. Ein Loch ist im Eimer, im Strumpf, im Zaun. Das kann man, das muss man reparieren, indem man es stopft. Auch das Loch in der Staatskasse muss gestopft werden.

Aber was ist ein Milliardenloch? Dieses zusammengesetzte Substantiv – die Grammatiker sprechen von einem Kompositum – ist schwer aufzulösen. Es ist kein Loch aus Milliarden; denn dann wäre dort (im Loch) etwas (Milliarden), wo angeblich nichts ist.  Es ist auch kein Loch in den Milliarden, denn dann wäre ja noch einiges um die Milliarden herum da und nur an der Stelle, wo das Loch ist, gäbe es Probleme.

Das Loch, von dem der Präsident redet, ist, wie gesagt, die Folge von zu wenig Steuereinnahmen und zu viel Staatsausgaben.  Es wurden viele Milliarden Euro ausgegeben und das führte zu einem metaphorischen Loch. Real fehlt gar nichts. Das Geld wurde ausgegeben; es war also da, denn man kann nicht etwas ausgeben, was nicht da ist. Der Finanzminister hat das Geld, das nun fehlt, erzeugt und damit das Loch geschaffen – es aber sofort wieder gestopft, und zwar durch Kredite, die der Staat aufgenommen hat. Denn auch der Staat kann nur ausgeben, was er hat. Das verbindet ihn mit uns gewöhnlichen Sterblichen. Nur beim Stopfen von Löchern tun wir uns schwerer.

Wir haben also kein Milliardenloch, sondern der Staat hat Schulden in Milliardenhöhe, er ist „milliardenschwer“ verschuldet, er steht “in der Kreide”, er muss das Loch im Etat, das vorläufig mit Krediten gestopft wurde, wieder richtig füllen. Mit einem Milliardenberg Euro aus Steuern?