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Die Heiligen und ihr Schein

Ferne sei es dem Schreiber dieser Zeilen, alle politischen Aktionen der schwarz-gelben Regierung gut zu finden. Da lässt sich so manches kritisieren: der hektische Umstieg bei der Energie, die unklaren Entscheidungen bei der Sanierung des Gesundheitssytems, das Hin und Her bei Hartz IV und da vor allem das offenbar unsinnige Förderungswesen im Bereich der schulischen Kosten.

Man kann auch darüber debattieren, ob wir uns eine Senkung der Steuern für die niedrigen und mitteleren Einkommen leisten können, wenn wir doch unser Geld eher nach Griechenland schicken oder für Portugal, Spanien oder Italien aufsparen sollten. Mir ist die Debatte über die Ungerechtigkeit der Steuertabelle zwar noch in Erinnerung – eine Lohnerhöhung wird von der Steuer sofort aufgfressen –, aber Erinnerungen dieser Art sind derzeit offenbar nicht gefragt.

Ein wenig schwillt mir allerdings der Kragen – und er platzt hoffentlich nicht –, wenn ich die wunderbaren Äußerungen der Opposition über die Wichtigkeit der Sanierung unserer Staatsfinanzen lese. Alle zusätzlichen Einnahmen seien dafür zu verwenden.

Die zusätzlichen Einnahmen gibt es auch in Baden-Württemberg – so im Umfang von einer Milliarde. Aber was macht meine neue grün-rote Regierung? Sie verbraucht den überwiegenden Teil dieses Steuersegens für zusätzliche Stellen in der Verwaltung. Für die Sanierung bleibt nur ein bisschen übrig.

Nun gibt es immer schöne Gründe für die Erhöhung der Personalausgaben: Menschen verdienen mehr oder überhaupt erst etwas, wichtige Menschen gewinnen an Autorität, wenn sie mehr verdienen usw.

Aber wie heißt es doch: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werden. Anders gesagt: Wer unheilig handelt, sollte sich nicht um einen Heiligenschein bewerben.

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Über das Regieren

Dieser Blog ist im elektronischen System der baden-württembergischen FDP verankert. Das hat seinen Grund auch darin, dass der Schreiber nunmehr 40 Jahre Mitglied der liberalen Partei ist und dafür sogar unlängst geehrt wurde. Trotzdem versteht sich Häckerling nicht als Parteiorgan, sondern als jemand, der auch zu „seiner“ Partei kritische Distanz hält.

Er hat sich über den Wahlerfolg im Herbst gefreut und von der neuen christlich-liberalen Regierung einiges erwartet. Das tut er immer noch. Aber er ist ein wenig beunruhigt, wie sich das neue Bündnis in den ersten Monaten entwickelt und dargestellt hat. Dass man sich mit seinem Partner über wesentliche Fragen streitet, mag ja angehen, schließlich lebt die Demokratie vom Meinungsaustausch. Aber dieser Disput könnte auch etwas leiser und argumentativer vor sich gehen. Der Wahlkampf ist schließlich vorbei. Oder geht es schon wieder um die nächsten Wahlen, die in Nordrhein-Westfalen? Wenn dem so sein sollte, möchte Häckerling anmerken, dass offenkundige Uneinigkeit von Partnern, denen auf Zeit die Geschicke des Landes anvertraut sind, den Wahlbürger wenig begeistert.

Vor der Regierungsbildung geht es um Wahlaussagen, die man auch Wahlversprechen nennt. Die führen dazu, dass man eine Partei wählt oder verschmäht. Eine zentrale Aussage der FDP vor der Wahl war das Versprechen, die Steuern zu senken und das Steuersystem zu reformieren, also zu vereinfachen. Das leuchtet dem Blog-Schreiber durchaus ein. Im Koalitionsvertrag ist diese Absicht auch festgehalten. Nächstes Jahr soll die Umsetzung auf den Weg gebracht werden. Aber nun sagen viele, sogar „Fachleute“ (oder sind das nur politische Gegner?), das sei Unsinn, das könne man in dieser kritischen Phase der deutschen Wirtschaft nicht mache, dazu fehle das Geld, eigentlich müsste man die Steuern erhöhen, um den Schuldenberg abzubauen. Auch das leuchtet irgendwie ein. Was also tun?

Wahrscheinlich haben beide Wege Vor- und Nachteile. Man kann sie beide gehen. Aber es wäre gut, nicht einfach zu sagen: Wir machen das, weil wir uns darauf festgelegt haben. Sondern vielleicht so: Wir machen das, was abgemacht wurde, denn das Ganze ist solide durchgerechnet und hat mehr Vorteile als Risiken. Dem Bürger zu erklären, warum man so und nicht anders handelt, dürfte nicht so schwer sein. Wenn man sich aber innerhalb der Regierung uneins ist oder inzwischen selbst am Sinn des Steuervorhabens zweifelt, dann sollte man einen anderen Weg gehen und erklären, warum man ihn geht.

(Blog-Eintrag Nr. 128)

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Überschätzt – schwammige Steuervoraussagen

Voraussagen sind gefragt, Steuervoraussagen ganz besonders. Sie geben reichlich Stoff für politische Diskussionen und bilden die Vorgaben für die Etats des Bundes, der Länder und der Kommunen. Leider werden sie überschätzt und missbraucht, denn sie sind zwangsläufig ungenau.

Gestern (am 5.11.09) wurden wir wieder einmal mit einer Steuerschätzung bedacht. Sie korrigierte die vom Mai. Offenbar war die etwas ungenau. Es würden über 3 Milliarden Euro weniger an Steuern eingehen, als man im Frühjahr dachte, erfahren wir. Das klingt nach viel. Wenn man es aber auf die Zahl 524 Milliarden Euro bezieht, die Höhe der zu erwartenden Einnahmen, stellt man fest: Die Veränderung der Prognose beträgt deutlich weniger als ein Prozent. Kann jemand so genau schätzen? Ist das nicht eine zwangsläufige Ungenauigkeit? Lohnt es sich überhaupt, über eine so marginale Korrektur zu diskutieren? Es ist „nur“ eine Schätzung, die irgendwann von der Wirklichkeit überholt wird.

Häckerling ist nicht der Meinung, dass Steuerschätzungen unnötig oder gar unwichtig seien, er mokiert sich nur über die Aufgeregtheit der politischen Diskussion. Ob die neue Regierung eine Steuerreform mit Entlastungen angehen soll oder kann, das hängt nicht von der gestrigen Steuerschätzung ab, sondern von der tatsächlichen Entwicklung in den nächsten Monaten. Hoffen wir, dass die es möglich macht, das Versprechen einzulösen. Dass man die Liberalen dafür geißelt, ein Wahlversprechen einhalten zu wollen, ist schon merkwürdig.
(Blog-Eintrag Nr. 104)