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Die Niederlande und die Eisenbahn

Man mag es kaum glauben, dass es in einem Land mit Millionen von Rad- und Autofahrern auch noch ein Eisenbahnnetz gibt, das dichteste in Europa sogar, wie behauptet wird. Die Schienen verlaufen oft parallel zu den Autobahnen. Es gibt Schnellzüge und Regionalzüge in verschiedenen Farben. Wie sie besetzt sind, ließ sich aus dem Reisebus heraus nicht feststellen.

Eine Recherche ergab, dass Letztere, die Kurzstreckenzüge, über keine Toiletten verfügen. Das korrigiert man nun durch die Ausgabe von Pinkelbeuteln. Aber hierzulande, fällt mir ein, ist das auch nicht anders; weder die S-Bahn noch die Tram hat ein Klo. An Pinkelbeutel hat man noch nicht gedacht.

Dem Stuttgarter, der sich ständig mit dem angefochtenen Bahnprojekt S 21 beschäftigen darf, fiel eine Information besonders auf: Die Niederländer sind dabei, viele ihrer Bahnhöfe unter die Erde zu verlegen. Den in Delft zum Beispiel. Das ist gar nicht so einfach bei einem Untergrund, der angeschwemmt und aufgehäuft wurde – der See abgerungen, wie man das gerne ausdrückt. Ein normales Wohnhaus musste einst mit zig Baumständen und muss heutzutage mit diversen Betonpfeilern gegründet werden. Da ist das unterirdische Bauen ein ziemliches Risiko. Aber die Niederländer tun es trotzdem. Und warum? Weil man so oberirdisch mehr Baufläche gewinnt. Wie bekannt das klingt.

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Stuttgart 21 und seine Demonstranten

Keine Frage: der Großteil der unermüdlichen Demonstrierer gegen den unterirdischen Stuttgarter Bahnhof sehen sich als friedliche und friedliebende Menschen und sind es wohl auch. Sie denken, sie meinen es gut und ehrlich. Wenn das so ist, dann dürfen sie ihren Willen selbstverständlich kundtun. Aber es ist auch keine Frage für einen Unbeteiligten und Nichtdemonstranten wie mich, dass die Dinge in Stuttgart aus dem Ruder laufen.

Da gab es vor ein paar Tagen zwei Brandanschläge („vorsätzliche Brandstiftungen“), einen im Bahntunnel bei der Baustelle und einen gegen die Rohre fürs Umleiten des Grundwassers. Sogar die Polizei sieht einen Zusammenhang zwischen diesen kriminellen Akten und dem Widerstand gegen das Bahnprojekt. Die Demonstranten wollen inzwischen auch, so war am Montag in der Zeitung zu lesen, nicht mehr nur demonstrieren, sondern andere, die es nicht tun, sondern anderes zu tun haben, an ihrem Tun hindern. Dabei kommt es zu „Rangeleien“.

Wenn die Polizei das Ende einer Demonstration anordnet, wird das ignoriert. Die Beamten müssen überdies hören, dass sie abhauen sollen. Wer bestimmt in diesem Staat eigentlich? Am Rosenmontag wurde unter dem Motto „Das Wunder der unbefleckten Erkenntnis“ demonstriert. Eine klare Aussage: Alle, die nicht mit uns auf die Straße gehen, sind arm im Geiste. Ein Plakat, das die Stuttgarter Zeitung am 20.2. auf Seite 17 abbildet und das die Veranstalter offenbar genehmigt haben, zeigt Politiker verschiedener Parteien und trägt die Unterschrift: „Hätten ihre Eltern bloß Kondome benutzt!“. Wenn ich das richtig verstehe, wird mit diesem Satz allen, die nicht gegen den neuen Bahnhof sind, das Lebensrecht abgesprochen.

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Stuttgart und der Juchtenkäfer

Es gebührt der ZEIT ein großes Dankeschön, dass sie uns über das Juchtenkäfer-Problem aufklärt (Ausgabe 6/2012, S. 36). Auch wer für den neuen Stuttgarter Bahnhof ist, litt immer klammheimlich an seiner Mitschuld am Untergang dieses Käfers. Man kam sich vor, als gehe man über die Leichen einer Tierart, nur um in einem unterirdischen Bahnhof den ICE besteigen zu können. Dieses Gefühl, für die brutale Ausrottung von Lebewesen verantwortlich zu sein, ist jetzt ein bisschen schwächer geworden.

Die Botschaft der Juchtenkäfer-Geschichte lautet: Eigentlich gehören diese Tiere gar nicht in den Schlossgarten. Die Bäume, auf denen sie leben, Platanen, sind die falschen, das Milieu, in dem sie überleben, eine Parklandschaft, ist ihnen nicht zuträglich, der Bereich, den sie hatten und haben werden, ist zu begrenzt und führt zur Inzucht.

Juchtenkäfer gehören in Urwälder, wo es alte, hohle Bäume gibt, in denen Spechte klopfen, Pilze wuchern, Holz modert, wo sich Mulm, also Kompost, sammeln kann, das Lebenselixier des Juchtenkäfers.In dieser Umgebung finden die Tiere jene Anregungen und Partner, die sie zur Fortpflanzung motivieren.

Der Schlosspark war und ist kein Urwald, sondern dient der Naherholung der Menschen. Bessere Chancen hat der Juchtenkäfer in Deutschlands Osten. Dort gibt es ihn, weil es Wälder gibt, die ihm gefallen. Wie wäre es mit einer Umsiedelung? Dann könnte zusammenwachsen, was zusammengehört: die Juchtenkäferpopulation von Ost und West.