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Weihnachtsfeier

Eine kleine Notiz in der heutigen Zeitung macht nachdenklich. Es wird eine Meldung des evangelischen Pressedienstes zitiert: Am renommierten Gymnasium Johanneum in Lüneburg findet in diesem Jahr die Weihnachtsfeier nicht verpflichtend während der Unterrichtszeit statt, sondern erst am Nachmittag. Die Teilnahme ist freiwillig. Warum? Eine muslimische Schülerin hat sich letztes Jahr beschwert, dass die christlichen Weihnachtslieder nicht mit ihrem Glauben vereinbar seien. Da hat sie natürlich recht; es gibt Unterschiede zwischen Christentum und Islam. Aber muss man daraus die Konsequenz ziehen, die Veranstaltung aus dem normalen Schulalltag herauszuziehen? Ich kenne das niedersächsische Schulgesetz nicht. In Baden-Württemberg schreibt die Landesverfassung den Schulen ins Stammbuch, dass die Schüler „im Geist der christlichen Nächstenliebe“ zu erziehen seien. Daraus kann man ableiten, dass auch in der Unterrichtszeit christliche Texte zu Gehör gebracht oder Weihnachtslieder gesungen werden können – oder sogar sollen. Wem das wegen seines Atheismus oder der Zugehörigkeit zum Islam zuwider ist, sollte während des Gesangs ein wenig darüber nachdenken, was es bedeutet, in einer (noch) vom Christentum geprägten Gesellschaft zu leben. Ist das zu viel verlangt, ist das bereits ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit? Dann stelle man sich einfach vor, man lebe in einem muslimisch geprägten Staat und verlange unter Berufung auf seinen christlichen Glauben den Verzicht auf die dort üblichen Religionsbräuche. Auch wenn es hart klingen mag: Wer keine Toleranz gegenüber dem christlichen Milieu aufbringen kann, wird keine rechte Bereitschaft finden, dass man seiner Religion mit der gebotenen Toleranz begegnet.

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Regenbogenstreit

Der Regenbogen ist in der biblischen Tradition das Symbol des Friedens. Derzeit stiftet er Unfrieden. Es bedurfte am letzten Samstag (10.10.15) polizeilicher Präsenz, um ein gewalttätiges Aufeinandertreffen von „Vielfalt“-Gegnern und –Befürwortern zu verhindern. Gestern berichtete die Zeitung, dass die Regenbogen-Gegner verlangen, der Stuttgarter Oper die Zuschüsse zu kürzen, weil sie mit einem Transparent Partei für die „Vielfalt“ ergriffen hat. Da tut es gut, einen Blick auf den Anlass dieses Streits zu werfen, den Entwurf des Bildungsplans 2016 und dort auf die Leitperspektive für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt. Es heißt darin: In der modernen Gesellschaft begegnen sich Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, Nationalität, Ethnie, Religion oder Weltanschauung, unterschiedlichen Alters, psychischer, geistiger und physischer Disposition sowie geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung. Vermutlich sind es die letzten beiden Stichwörter, die den Unmut der Vielfalt-Gegner auslösen. Vielleicht würden sie ja sogar noch zugeben, dass es besagte Unterschiede gibt, ihre Benennung im Schulkontext aber lehnen sie ab. Zumal die Leitperspektive fordert, diese Unterschiede zu respektieren, zu achten und wertzuschätzen. Das geht nun wirklich nicht in die Köpfe der Regenbogen-Hasser. Schlimm genug, dass es so was wie Schwule und Lesben gibt, sie auch noch zu achten, ihnen mit Wertschätzung zu begegnen und sie zu allem Überfluss zum Thema in der Schule zu machen, das gehe nun wirklich nicht, meinen sie. Offenbar wünschen sie sich ein Schulleben, in dem – wie im 19. Jahrhundert – alle Fragen „sexueller Orientierung“ tabu sind. Man fragt sich, ob diese Menschen in letzter Zeit auch nur einen kurzen Blick auf die schulische Realität geworfen haben.