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Schnelle Radfahrer

Während der Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs stagniert, während der Zustand der bestehenden Straßen beklagenswert ist – viele sind so löcherig und uneben, dass sie den Autofahrer in die Gefahr eines Schütteltrauma bringen –, während also bei der klassischen Mobilität der Stillstand waltet, geschieht endlich etwas für die Radfahrer. Sie bekommen „Radautobahnen“ oder „Radschnellwege“, auf denen sie, ohne gerüttelt oder geschüttelt zu werden, mit einer Geschwindigkeit von mindestens 20 km/h unterwegs sein können. Langsamer zu sein ist offenbar nicht erlaubt, denn das würde dem Sinn eines „Schnellwegs“ widersprechen. Ein Kilometer dieser Spezialstrecken kostet eine halbe bis eine Million Euro. Wir haben’s ja. Hauptsache, die Radler können schnell unterwegs sein, die Bus-, Straßenbahn- und S-Bahn-Nutzer mögen sich derweil in Geduld üben, wenn ihr Anschluss nicht klappt, eine Bahn ausfällt oder überfüllt ist. Wo ein schneller Weg für die Radfahrer entsteht, ist den Fußgängern zu raten, Reißaus zu nehmen. Wer geht denn überhaupt noch zu Fuß außer ein paar bewegungsbeeinträchtigten Rentnern? Für sie ist es keine reine Freude mehr, einen Spaziergang zu machen. Sollen sie links gehen und die Radfahrer rechts vorbeilassen oder sich lieber an der rechten Kante des Wegs bewegen, damit die elektrisch beschleunigten Velozipede nicht aufgehalten werden? Ein regelmäßiger Blick nach hinten ist überlebenswichtig, nur so kann man sich durch einen rechtzeitigen Tritt auf die Grasnarbe neben dem Weg vor einem Beinahe-Zusammenstoß retten. Man würde sich Mobilitätsmanifeste wünschen: „Fußgänger/Nahverkehrsbenutzer aller Länder vereinigt euch“.

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Der Hermann und der Schulbeginn

Der baden-württembergische Verkehrsminister mit dem Nachnamen, der wie ein Vorname klingt, hat sich etwas Neues vorgenommen, nachdem er bei der Verhinderung von Stuttgart 21 bisher nur geringen Erfolg hatte: Er will etwas gegen die Staus auf den Straßen tun. Das ist löblich, werden doch bei mangelndem Verkehrsfluss mehr Schadstoffe in die Luft gepustet, als der guttun.

Nun gibt es viele Möglichkeiten, das zu ändern. Man kann den Verkehr vermindern, indem man (1.) den Menschen rät, aufs Rad zu sitzen oder (2.) den öffentlichen Nahverkehr zu benutzen. So macht es der Minister. Aber offenbar wollen das oder können das nicht alle. Man könnte (3.) den Automobilfirmen das Bauen von Autos vermiesen, indem man sie schikaniert. Das hat schon der MP Kretsche ein bisschen versucht und sich Ärger damit eingehandelt. Man könnte (4.) mehr Straßen bauen, aber das ist teuer und widerspricht auch elementar grüner Politik. Auch ist ja bekannt, dass die neuen Straßen binnen kurzer Zeit wieder voller Autos sind. Was bringt es also? Man könnte (5.) den Verkehr durch elektronische Leitsystems besser steuern. Sehr einverstanden!

Nun ist dem Minister H. noch etwas eingefallen. (6.) Die Schüler sollen zeitlich versetzt in die Schule gefahren werden. Um neun Uhr ist auf den Straßen weniger los, also lassen wir die Schule erst um neun beginnen. Das würde manche Schüler freuen, wegen des Ausschlafens, und auch manche Eltern, die morgens etwas weniger Stress mit ihren Kindern hätten.

Trotzdem erlaubt sich H, der Schreiber von Häckerling, dem ehemaligen Kollegen H in Erinnerung zu rufen, dass ein späterer Schulbeginn auch eine spätere Mittagspause (so gegen halb drei) zur Folge hätte. Man müsste, um der Unterzuckerung vorzubeugen, gegen halb eins eine große Pause machen und den Lernenden ein Essen reichen.

Ein zweiter Punkt: Es gibt Schulen, die kooperieren, zum Beispiel Gymnasien in der Kursstufe. Die müssten entweder auf der gleichen Zeitschiene bleiben oder die Kooperation beenden.

Wurde eigentlich schon ausgerechnet, wie viel Stau sich durch das Minister-H-Modell vermeiden ließe?

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Überplant – der Calwer Bogen

Einst hieß die Kreuzung Calwer Brücke. Gemeint ist Sindelfingens Ausfalltor zum Daimler, nach Darmheim und Maichingen. Fünf Straßen kommen dort zusammen. In der Hauptverkehrszeit war immer Stau. Aber es ging dennoch voran. Dann musste das Ganze umgebaut werden, damit die S-Bahn dereinst besser unter der Brücke durchfahren kann. Nun ist der Umbau vollendet, das Kreuzungswerk ist fertig, und es ist ein Kreuz damit.

Schon der Name ist ein Problem. Calwer Brücke durfte nicht mehr sein. Während der Bauzeit sprach man vom Calwer Knoten; jetzt heißt der Bereich offiziell Calwer Bogen. Dabei hätte Knoten besser gepasst, denn es ist ein echter Knoten, für manche, die darüber oder hindurchfahren wollen, gar ein gordischer. Wahrscheinlich wird es nur denen, die ihn täglich mehrfach nutzen müssen, gelingen, sich nicht immer wieder in diesem Labyrinth zu verirren. Unlängst gab es einen Unfall, weil jemand die Ampeln verwechselt hat, vermutlich auch die Spuren. Die bilden ein wunderbares Durcheinander. Meine Jungfernfahrt über den Calwer Verkehrsirrgarten habe ich gründlich vorbereitet. Ich studierte die von der Zeitung veröffentlichten Spurenpläne und stellte mir vor, wann ich wo abbiegen müsste, um das intendierte Ziel zu erreichen. Trotzdem habe ich mich verfahren. Aller Anfang ist halt schwer. Daher mein Rat: Wer es nicht unbedingt benutzen muss, umfahre das Calwer Brücken-Bogen-Knoten-Bauwerk weiträumig.

Direkt an der Straße, mitten im Verkehrsgewühl, ist übrigens ein Fußballplatz entstanden, wahrscheinlich für die Menschen, die an diesem Bauwerk wohnen. Dort kann man kicken, umbrandet vom lauten Verkehr und den reichhaltigen Abgasen.
(Blog-Eintrag Nr. 114)