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Grün-Rot und die Jahresbilanz

Mit einem Glas Sekt feiert die Stuttgarter Regierung ihre einjährige Existenz. Prosit! In den Medien geht es ihr ausnehmend gut. Alle reden vom Erfolg dieser Koalition, von der Politik des Gehört-Werdens, den vorsichtigen Reformen, der guten Stimmung im Lande. Wen die Mediengötter umarmen, dem wird so gut wie nichts angekreidet. Alle loben und lieben den Ministerpräsidenten, er ist ja auch sympathisch, und der Verkehrsminister spielt die Rolle des Buhmanns, auch einen solchen braucht man schließlich, mit Bravour.

Nur eine wird kaum mit Hallelujas besungen: die Kultusministerin. Sie sei daher an dieser Stelle mit freundlichen Worten bedacht. Dass sie sich bei den G-9-Gymnasien zurückhält, verdient hohe Anerkennung. Die kosten mehr Geld als die achtjährigen, sind unnötig und gehen verantwortungslos mit der Zeit der jungen Menschen um. Augenzwinkernd sagt die Ministerin, man müsse die Sache erst ausprobieren. Mit 50 Jahren G-9-Erfahrung gibt sie sich nicht zufrieden.

Ihr Geniestreich ist die Gemeinschaftsschule. Das ist die eierlegende Wollmilchsau dieser Regierung; denn diese Schule kann alles, was alle anderen Schularten nicht können: in heterogenen Lerngruppen jedem Kind gerecht werden und jedes zu „seinem Abschluss“ führen. Das Lernrezept dieser Schulen wird schlau unter Verschluss gehalten. Jede darf machen, was sie will, sofern sie verspricht, was sie versprechen muss.

Eine Ministerin, die ein solches Kunststück vollbringt, hat höchstes Lob verdient. Hier ist es.

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Das Kultusministerium und seine Probleme

Die beiden großen Zeitungen Stuttgarts haben sich die Chance nicht entgehen lassen, über den Zoff im Hause Warminski-Leithäußer zu schreiben. Anlass ist ein vorweihnachtliches Schreiben des Spitzenbeamten Hahl an seine Mitarbeiter, in dem vom mangelnden Vertrauen der politischen Führung in die Beamten des Hauses die Rede ist. Die werden vermutlich mit der alten Regierung identifiziert. Offenbar meint die SPD-Ministerin, ihnen nicht trauen zu können. Das ist sehr schade, denn es schadet der Schulpolitik.

Der Verfasser dieser Sätze hat das System der Schulverwaltung gründlich kennen gelernt. Er kennt dessen Stärken und Schwächen und weiß, dass die dort Arbeitenden (auch) unter den Kapriolen der (CDU-)Minister gelitten haben. Trotzdem war man loyal und hat nur intern kritisiert – und man hat versucht, aus den Vorgaben „von oben“ das Beste zu machen. Das war zwar nicht immer das Beste, aber das konnte es bei dieser Konstellation auch nicht werden. Die Politik lebt von den eleganten visionären Ankündigungen, der Beamtenapparat muss sich mit den sperrigen konkreten Einzelheiten herumschlagen.

Von außen macht die neue politische Führung des Kultusministeriums auf den Blog-Schreiber einen eher ratlosen Eindruck. Sei es Herr Mentrup bei der Podiumsdiskussion eines Sindelfinger Gymnasiums im letzten Sommer, sei es letzten Herbst die Ministerin Warminski-Leithäußer bei einem Auftritt in einem anderen Gymnasium der Stadt oder sei es Frau Ruep gegen Ende des Jahres 2011 vor Vertretern der Lehrerausbildung – ständig kam der Satz: Wir können noch nichts Genaues sagen, wir sind noch intern am Nachdenken und Diskutieren. Habt Geduld mit uns.

So bleiben fürs Erste nur die großen Ankündigungen: die Gemeinschaftsschule als Hort der individuellen Förderung, die partielle Rückkehr zu G9, die Abschaffung der Grundschulempfehlung, der Versetzungsordnung und der Notenhürden bei der Werkrealschule, der Ausbau des Ethik- und Islamunterrichts …

Und wie soll das alles genau aussehen? Das kriegen wir später. Die Beamten des KM werden die Details hoffentlich bald liefern können.

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Die Kultusministerin und ihre Samthandschuhe

Schon wieder dieses Thema, werden die fünf ständigen Blogleser stöhnen. Fällt ihm nichts anderes mehr ein? Muss er immer über diese arme Frau herziehen? Kann man sie nicht einfach machen lassen und in ein paar Jahren prüfen, was aus ihren Plänen geworden ist? Denn sie will keine Schulpolitik mit dem Holzhammer, sondern in Samthandschuhen machen. Dieses Bild finden manche nett, weil es suggeriert, dass sich eigentlich so gut wie nichts ändern werde – oder wenn doch, dass wir etwaige Änderungen wegen der Samthandschuhe gar nicht merken.

Der hier aktive Blogger hat aber schon einiges gemerkt. Ihm sind auch keine Samthandschuhe eigen; daher reagiert nicht mit der einer Dame gegenüber angebrachten Sanftmut. Die Männer halt, immer aggressiv!

Gestern erfuhr ich vom Schicksal einer Hauptschule allhier, die sich seit Kurzem Werkrealschule nennen darf. Sie hat zwei Probleme. Das erste: Man erwartet im nächsten Schuljahr kaum noch Schüler für die fünfte Klasse. Warum das? Der Wegfall einer verbindlichen Grundschulempfehlung werde dazu führen, heißt es, dass die meisten für die Werkrealschule in Frage kommenden Kinder wenn schon nicht ins Gymnasium, dann doch „wenigstens“ in die Realschule gehen werden. So also, durch Schrumpfung, kann man die Abschaffung der einstigen Hauptschule auch befördern.

Das zweite Problem: Da beim Übergang in die zehnte Klasse keine Notenhürde mehr gelten soll, werden vermutlich fast alle Neuner in diese Klasse eintreten. Dort wird also keine Schrumpfung stattfinden, sondern eine Aufblähung. Doch lange wird sie der Werkrealschule nichts nützen; denn wenn von unten nichts mehr nachkommt, nützt oben alles Blähen nichts.