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Politik

Über Westerwelle

Zu den eingespielten Reflexen auf unliebsame Fragen und Debatten gehört die Erregung über den Ton: „Wie sprichst du mit deinem Vater?“, diese Abwehr kenne ich aus Kindheitstagen. „Auf diese Art von Protest reagiere ich nicht“, sagte mein Schulleiter einst, „lernt erst einmal, euch ordentlich auszudrücken!“ Mit dem Hinweis auf den Stil hat man sich schon früher Diskussionen vom Hals geschafft. Ist es mit der heftigen Polemik gegen den Parteivorsitzenden W. auch so? Oder ist es umgekehrt: Er provoziert, damit man ihn wahrnimmt? Beides mag zutreffen, schließlich wird in NRW bald gewählt.

Häckerling meint auch, dass es an der Zeit ist, das deutsche Sozialsystem gründlich zu überprüfen und umzubauen. Er hat darauf bereits im Bundestagswahlkampf hingewiesen und wundert sich seit Monaten über das Schweigen der neuen Regierung zu diesem Thema. Ein System, das die Sozialgerichte mit mehr als hunderttausend Widersprüchen schier lahmlegt, ein System, das offenbar in beträchtlichen Teilen verfassungswidrig ist, ein System, das Unmengen Geld verschlingt und doch fast nur Unzufriedenheit erzeugt, ein solches System muss reformiert werden.

Dabei sollte gelten: Die Prinzipien einer Reform sind klar und verständlich zu formulieren, damit sie nicht nur von Sachverständigen, sondern auch von der Bevölkerung diskutiert werden können. Wir kommen nicht weiter, wenn wir uns gegenseitig beschimpfen und mit Unterstellungen und Klischees arbeiten. W. ist kein sozial-kalter Esel, dem es nur darum geht, die Reichen noch reicher zu machen und die armen Armen zu schröpfen. Andererseits bringen uns auch die Fragen nicht weiter, ob wer arbeitet ein Depp ist oder ob wir hierzulande spätrömisch-dekadente Zustände haben.

Also, liebe Politikerinnen und Politiker (die Kanzlerin eingeschlossen)! Kommt zur Sache! Zeigt uns mal, dass ihr eine Grundsatzdebatte über das Sozialsystem so führen könnt, dass wir Bürger verstehen, worum es euch geht, was ihr ändern wollt und was bleiben soll. Wenn ihr euch gegenseitig nur niedermacht, bringt uns das nicht weiter.

(Blog-Eintrag Nr. 149)