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Poltische Insolvenz

Diese Charakterisierung des Zustands der CDU durch einen ihrer namhaften Repräsentanten lässt Deutungen zu. Insolvent wird, wer zu viel ausgibt oder zu wenig einnimmt. Aber die Christdemokraten haben nicht ja ihr eigenes Geld, sondern das der Steuerzahler ausgegeben. Gemeint ist mit dieser Art von Insolvenz wohl: Die Christdemokraten haben ihre politischen Ideen allesamt ausgegeben. Neue sind nicht in Sicht. Daher brauchen sie nun ein neues Geschäftsmodell. Worin könnte das bestehen? Es ergibt sich erst nach einer schonungslosen Bestandsaufnahme. Woran fehlt es Deutschland? Welche Fehler wurden gemacht? Was erwarten wir von der Politik? In einem Satz: Wir haben uns zu lange im Erfolg gesuhlt. Das gilt für viele Politikfelder: die Schulen, die Autos, die Lebensgewohnheiten, die soziale Gerechtigkeit, die Erziehung, den Umgang mit den Ressourcen. Die Lust, die Welt zu verbessern, ist uns vergangen. Der Wille, Probleme anzugehen, versandet täglich im Wust der Bedenken und Regeln. Wer eine Energiewende will, muss sie nicht nur ankündigen, sondern umsetzen. Wer Fremde in Bürger verwandeln möchte, muss ihnen Bedingungen vorgeben und Wege ebnen. Wer Arme aus dem Elend führen will, muss diese Armen identifizieren und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Wer in die Flut des Digitalen eintauchen möchte, kommt um einen mutigen Kopfsprung nicht herum. Wer das Klima zu retten sich anschickt, kann nicht nach der Devise handeln: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Nicht nur die CDU braucht einen fähigen Insolvenzverwalter und ein neues politisches Denkmodell.

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Erstarrte Republik

Die Metapher von der Erstarrung steht in der letzten Ausgabe der ZEIT. Ökonomen machen sich weltweit Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung. In Europa seien vor allem Italien und Deutschland Gefahrenherde. Deutschland? Aber wir sind doch die Besten? Bei uns läuft doch die Konjunktur wie geschmiert. Nein, läuft sie nicht. Die Zeichen der Krise sind allenthalben zu sehen. Sinkende Auftragszahlen im Maschinenbau, Stagnation bei der Autoindustrie, endlose Planungszeiten bei den Nord-Süd-Trassen für den Energietransport, Ankündigungen statt Handeln im Bildungsbereich, Geburtswehen bei der Entwicklung eines Klimakonzepts, mühselige Vorarbeiten bei den Steuergesetzen, das Einwanderungsgesetz, mit dem auch der Facharbeitermangel angegangen werden soll, ist in der Versenkung verschwunden, es gibt Rückschläge bei der Integration, weil man sich nicht traut, von den Neubürgern die Selbstverständlichkeit zu fordern, die deutsche Sprache zu lernen, die Digitalisierung behält ihr Schneckentempo bei, die Bundeswehr ist mal wieder „bedingt Abwehrbereit“. Und was das Klima angeht, so scheint die Politik in Ratlosigkeit zu versinken. Manchmal hat man den Eindruck, dass nur noch im Gesundheitsministerium gearbeitet wird. Die Außenpolitik: ein Desaster, die Innenpolitik: ein überforderter Minister, in der Finanzpolitik: ein unsinniger Streit um die „schwarze“ Null“. Sozialpolitik: kleinkarierte Lösungen beim Versuch, die Gerechtigkeitslücke zu verkleinern. Das Land wirke wie gelähmt, sagt die Wochenzeitung. Es werde zwar viel angekündigt, aber nur wenig umgesetzt, es fehle der Druck der Politik, es fehlten wichtige Vorgaben für die Industrie. Worauf wartet man in Berlin? Auf eine neue Kanzlerin? Auf eine „Freitage-für-die-Zukunft“-Bewegung auch an den übrigen Wochentagen? Wenn man nur wüsste, wem man in den Hintern treten müsste.

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Ausgesaugt

Nun ist es den Sozialdemokraten gegangen wie 2013 den Liberalen. Ausgesaugt von der Kreuzspinne Merkel haben sie das schlechteste Ergebnis der Nachkriegswahlen erreicht. Es ist in der Tat unumgänglich, dass sie in die Opposition gehen. Das bietet auch den Vorteil, dass die Pseudoalternativen nicht die große Rolle als Volkes Stimme spielen können. So weit, so schlüssig. Aber dass es weder die Grünen noch die FDP in eine Koalition unter der Christdemokraten Führung drängt, ist ebenso plausibel. Sie wollen nicht das nächste Aussaugopfer werden. Denn die Kanzlerin könnte genüsslich betrachten, wie sich „ihre drei Kleinen“ (die Seehofer-Partei mitgerechnet) gegenseitig zerfleischen und damit unbeliebt machen. Zu ihrem und ihrer Partei Vorteil. Aber die nächsten vier Jahre sind – alle wissen es – von ganz besonderer Bedeutung für Deutschland. Schweinereien im House-of-Card-Stil wären gefährlich. Denn die Probleme türmen sich: Europa braucht ein neues Konzept, die Integration der Flüchtlinge muss vorankommen, die Bildungspolitik bedarf einer neuen Ausrichtung fernab der konservativen und sozialistischen Irrwege, die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist auf kluge Ideen und eine sachkundige Begleitung angewiesen, die Auswüchse der Einkommensungleichheit dürfen nicht länger hingenommen werden, die Fehler der amerikanischen Politik dürfen nicht in verrückte kriegerische Aktionen münden, der Klimawandel nötigt zu mutigen, aber unpopulären Entscheidungen, Individualverkehr und öffentliche Transportsysteme müssen auf ganz neue Weise aufeinander abgestimmt werden, das Spiel mit rechtsradikalem Gedankengut ist zu entlarven, die Bundeswehr muss wieder eine Armee von „Bürgern in Uniform“ werden, das Gesundheitssystem ist in einem kritischen Zustand usw. Wir brauchen keine ausgesaugten, blutleeren Koalitionäre, sondern Parteien, die mutig und mit aller Kraft an ihre Arbeit gehen.