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Ärgernis Ergänzungsbereich

Wie im Sport gibt es auch in der Schule die Pflicht und die Kür und wie im Sportlerleben ist auch im Schulleben die Kür beliebter als die Pflicht. Zu den Pflichten der Schulen, zum Grundbereich sozusagen, gehört der „normale“ Unterricht in den Haupt- oder Kernfächern, z. B. in Deutsch und Mathematik, und den „Nebenfächern“, also beispielsweise in den Naturwissenschaften, Geschichte und Gemeinschaftskunde, Musik, Sport und Kunst. Hingegen gibt es keine Verpflichtung, Arbeitsgemeinschaften und dergleichen anzubieten. Wenn es sie dennoch gibt, werden sie dem „Ergänzungsbereich“ zugeordnet. Er umfasst damit die „Kür“ und ist in Baden-Württemberg schon seit Jahren im Schwinden.

Das liegt an einer einfachen Logik, die auch jetzt wieder in einem Schreiben des Kultusministeriums (siehe Zeitungen vom 26.7.10) bestätigt wurde: Wenn es Probleme gibt, den Pflichtunterricht zu „finanzieren“, ist der Ergänzungsbereich eine Art „Sparbuch für Notfälle“. Die ökonomische Sprache ist deutlich: Durch „Umschichtungen von Mitteln“, also durch den Abbau von „freiwilligen Angeboten“, sollen Maßnahmen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall bezahlt werden. Das ist ein Ärgernis.

Im Prinzip klingt es ja ganz gut und manches „Angebot“ im Ergänzungsbereich kann vielleicht tatsächlich schadlos gestrichen werden, manches aber nicht. Wenn man die Förderung des Sprachunterrichts für Kinder mit Defiziten mal ansetzt und dann wieder unterbricht, wenn man sprachliche Arbeitsgemeinschaften nach Belieben aussetzt, wenn man Chöre, Orchester oder Theatergruppen ausfallen lässt, um dem Pflichtunterricht ein paar Stunden zu verschaffen, dann ist das ein pädagogischer Unsinn. Denn die Förderung Schwacher, das Lernen zusätzlicher Sprachen und die Vorbereitung öffentlicher Auftritte sind das, was die Qualität von Schulen wirklich ausmacht.

Es wäre sinnvoll, das Wort „Ergänzungsbereich“ ersatzlos zu streichen oder es auf die schulischen „Angebote“ zu beschränken, die tatsächlich nur dem vorübergehenden Parken von Lehrerstunden dienen, sonst gibt es auch künftig Ärger mit dem Ergänzungsbereich.

(Blog-Eintrag Nr. 202)