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Bayerisches Hoftheater

Was da von der christlich-sozialen Partei gerade aufgeführt wird, ist eine Provinzposse, die man nur mit der Panik angesichts der Landtagswahlen erklären kann. Als Landesfremder fragt sich Häckerling, warum die Bayern eine Partei wählen sollen, der vor der Wahl nichts Besseres einfällt als populistischer Unsinn. Was man sich nicht fragen muss: Was an dieser Partei ist eigentlich christlich? Denn die Antwort würde lauten: wenig. Die Christlichkeit der CSU beschränkt sich offenbar aufs Aufhängen. Man hängt dort Kreuze auf und weil man die Fremden nicht aufhängen kann, jagt man sie zum Teufel. Statt sich auf die Schulter zu klopfen, dass man die berühmte „Obergrenze“ im Koalitionsvertrag verankert hat – gibt es dort eigentlich auch eine „Untergrenze“? –, erfindet man ein neues Thema, um sich zu profilieren. Wenn ich Kanzler wäre und hätte einen Minister, der sich so aufführt, würde ich ihn entlassen. Schließlich bestimmt der Chef/die Chefin der Regierung die „Richtlinien der Politik“. Wer das nicht akzeptiert, muss gehen. So einfach ist das. Das weiß der Minister S. natürlich und vielleicht legt er es ja darauf an, entlassen zu werden, würde ihm das doch noch eine schöne Weile Publicity verschaffen. Und die braucht er dringend, dieser alte Mann, der uns jetzt schon Jahrzehnte ärgert. Vielleicht würde es ja sogar seiner Partei nützen. Nach der Wahl kann man ja wieder zusammenkommen. Nun will ich nicht sagen, dass die bürokratische Verarbeitung der Flüchtlings- und Asylsuchenden-Frage perfekt wäre. Da ist seit Langem der Wurm drin, aber mit Zurückweisungen an der Grenze ist das Problem nicht gelöst, auch Zurückweisungen müssen rechtstaatlich ordentlich ablaufen. Aber genau daran hapert es ja. Minister S., machen Sie endlich – so sagt man doch jetzt immer – Ihre Hausaufgaben. Aber vielleicht braucht er dabei, wie viele Schulkinder, Betreuung. Ein Land, das sich mit derlei unnötigem Theater von seinen eigentlichen, dringlichen Aufgaben ablenken lässt, ist zu bedauern.

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Kermani

In Navid Kermanis Büchlein „Einbruch der Wirklichkeit. Auf dem Flüchtlingstreck durch Europa“, das 2016 im Verlag C. H. Beck erschienen ist, steht ein Text, der zu einem Drittel bereits 2015 im Spiegel zu lesen war. Nun hat der Autor, dem wir unter anderem eine ergreifende Rede zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels verdanken, seinen Bericht wesentlich erweitert. Damit wird er zum historischen Dokument einer Phase der deutschen Geschichte, die so vermutlich nie wiederkommen wird. Denn Europa hat es inzwischen einmal mehr geschafft, sich so abzuschotten, dass kaum noch flüchtige Fremde eintreffen. In Deutschland ist das Thema „Abschiebung“ inzwischen wesentlich wichtiger als die „Willkommenskultur“. Kermani beschreibt die Ereignisse des Fluchtjahres aus eigener Anschauung. Er war unter anderem in Griechenland, auf der Insel Lesbos, und im türkischen Izmir. Er hat mit vielen Flüchtlingen gesprochen und auch mit denen, die sie verwalten, abwehren, registrieren. Was er gesehen und gehört hat, kann auch den heutigen Leser noch aufregen und bedrücken. Kermanis Analyse der Situation und seine Haltung muss man nicht teilen, aber sie wäre der Diskussion wert. Das Buch enthält viele sprechende Fotos von Moises Seman. Sie künden vom Leid der Menschen. Wer sich auf das Thema Flucht und Vertreibung im 21. Jahrhundert, auf das Versagen Europas und den deutschen Herbst von 2015 erneut einlassen möchte, der nehme dieses Buch in die Hand.

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Fluchtabwehr

Endlich sind wir in Europa auf dem Niveau angekommen, das wir schon länger anstreben. Man scheint die lästige Fluchtbewegung „in den Griff“ zu bekommen. Damit hat der ganze humanitäre Quatsch (Hilfe für „Menschen in Not“ – dabei sind es doch nur Verbrecher) endlich ein Ende. Wer es noch wagen sollte, sein wunderbares Heimatland (Syrien, Afghanistan, Irak) zu verlassen und den Europäern lästig zu fallen, wird jetzt abgefangen und dort ruhig gestellt, wo das Wetter besser ist als hier, wo man sich unter südlicher Sonne von den Anstrengungen des Flüchtens erholen kann (in der Türkei, in Jordanien und im Libanon). Leider haben sich noch ein paar Zehntausend leichtsinnigerweise nach Griechenland verirrt. Dumm, dass dort das Wetter so schlecht ist und einige ihre Infektionen nicht überleben werden. Aber mit solchen Kollateralschäden kennen wir uns hier aus. Die nehmen wir gerne in Kauf, wenn es um die Verwirklichung unseres zentralen europäischen Zieles geht: Ruhe zu haben. Die da im Regen auf eine Lösung warten, werden bald merken, dass das Fest zu Ende ist und sich zurück in die Türkei bringen lassen. Endlich, denn wir Europäer möchten unter uns bleiben. Den Türken bezahlen wir gerne die anfallenden Unkosten. Diese blöden weltweiten Krisen, die sich in Kriegen und wirtschaftlichen Problemen äußern, stören uns Europäer beträchtlich, vor allem stören sie unsere Geschäfte und damit unseren Wohlstand. Wenn den uns welche nehmen wollen, werden wir ungemütlich, ob wir nun Bayer, Österreicher, Ungarn, Slowenen, Polen oder sonst was sind. Aber jetzt wird endlich alles besser. Wieder einmal verdanken wir das Österreich. Einer von dort hat uns einst das starke Dritte Reich beschert, jetzt beschert uns die dortige Regierung, dass unser Reichsein nicht schwächelt. Die Leute von der Partei „A… für D“ werden jubeln, müssen sie doch nicht auf den Schießbefehl ihrer Vorsitzenden zurückgreifen.