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Stuttgart 24

Es ist schon lange her, dass sich Häckerling zum letzten Mal Gedanken über den geplanten neuen Stuttgarter Bahnhof gemacht hat. Der hieß damals noch S 21. Inzwischen hat er den derzeitigen Bahnhof immer mal wieder benutzt. Auf dem langen Weg zu den Bahnsteigen sieht man links und rechts Holzwände, die vor dem Absturz in Gruben bewahren sollen. In den Wänden sind Gucklöcher, die dem eiligen Passanten Blicke in das Baugeschehen ermöglichen könnten. Wer sich traut innezuhalten, erkennt, dass sich auf der Baustelle unten einiges getan hat. Aber leider scheint sich zu wenig zu tun oder das, was sich tut, geschieht zu langsam. Nur so lässt sich erklären, dass die Fertigstellung statt 2021 nun 2024 erwartet wird. Damit tritt ein, was unsereins schon immer ahnte: Wir älteren Menschen werden den neuen Bahnhof nicht mehr erleben. Eigentlich schade, hatte sich doch unsereins vorgestellt, in die Tiefe zu rollen und in einen ICE nach Berlin zu steigen. Manche regen sich nun wieder auf. Andere haben es kommen sehen, auch dass es teurer wird. Das zu prophezeien war keine Kunst. Dauert doch alles, was derzeit gebaut wird, länger und wird teurer. Wer ist daran schuld? Die Politiker, die bekanntlich an allem schuld sind? Die Planer von Großprojekten, weil sie schlecht gearbeitet haben oder uns im Auftrag der Bahn absichtlich täuschen wollten, wie manche zu wissen meinen? Liegt es am viel beklagten unzulänglichen Digitalisierungsgrad der Republik? Oder ist die Natur mit ihrem unberechenbaren Wetter bzw. dem Klimawandel die Ursache aller Unzulänglichkeiten? Vielleicht sogar die Flora wegen der Tiere, die vor Baulärm geschützt werden müssen? Beruhigend ist, dass 2031 kundige Bauhistoriker werden erklären können, wie es zu den Verzögerungen gekommen ist. Leider wird es Häckerling dann nicht mehr vergönnt sein, diese klugen Studien zu lesen.

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Obenbleiber

Es lassen sich gewiss Gründe formulieren für den Nichtbau von Stuttgart 21. Es hat was Beruhigendes, wenn alles beim Alten bleibt, wenn die Züge am Kopf des Bahnhofs halten, der Zugführer sein Vesper nimmt und den Bahnsteig entlang trottet zum Schwanz seines Zuges, der nun zum Kopf wird. Man kann auch die frische Luft der Bahnsteige schätzen, vor allem im Winter, wenn man auf verspätete Züge wartet. Es gibt sicher noch manches andere Triftige vorzubringen gegen einen unterirdischen Bahnhof. Die Vertreter dieser Stuttgarter Bewegung haben nun unerwartete Hilfe von höchster Stelle bekommen. Rechtzeitig vor dem Kirchentag ist ihnen eingefallen, dass ja auch der Ahnherr der Christen, Jesus aus Nazareth, sich gegen Stuttgart 21 ausgesprochen hätte („Jesus würde oben bleiben“). Entsprechende Aufkleber und Flugblätter sind vorbereitet, damit die Protestanten aus ganz Deutschland endlich wissen, wogegen sie protestieren müssen – gegen einen Bahnhof, den Jesus mit Grausen betrachtet hätte. In der Tat, im alten Palästina gab es, im Gegensatz zu heute, noch keine unterirdischen Gänge. Jesus musste mit seinen Jüngern zu Fuß nach Kapernaum und an den See Genezareth. Sogar vor der Bergpredigt war ein Fußmarsch angesagt. Unterirdisch fahrende Züge, schon der Gedanke daran ist für einen wackeren S-21-Gegner und frommen Christen eine Gotteslästerung. Gut lutherisch steht er und bleibt er oben, er kann nicht anders.

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Stuttgart und sein Bahnhof

Freimütig bekennt Häckerling, dass er sich in seinem Blog lange nicht mehr mit Stuttgart 21 beschäftigt hat. Irgendwann – vor einigen hundert Beiträgen – verstieg er sich zu der Prophezeiung, der Bahnhof werde nicht gebaut. Wenn man die aktuellen Berichte liest, sieht es tatsächlich so aus. Verwiesen sei auf die Stuttgarter Zeitung vom 5.2.13 und ZEIT-online, wo der Artikel inhaltlich übernommen wird. Offenbar, so verstehe ich die Texte, muss man damit rechnen, dass der Bund seine Tochter, die Bahn, ins Gebet nimmt und sie zum Zwecke der Kostensenkung um die Vorlage neuer Pläne bittet. Über diese Entwicklung werden die Gegner von S 21 in Jubelschreie ausbrechen. Worüber jubeln sie?

Sie freuen sich, dass der gehasste Tiefbahnhof nicht kommt. Aber sie freuen sich vermutlich zu früh darüber, dass statt dessen der Kopfbahnhof irgendwann in neuem Glanz erstrahlen wird. Falls es tatsächlich dazu kommt, dass S 21 gestoppt wird, steht eine lange Zeit des Stillstands an. Denn nun wäre zu klären, was man mit dem baulichen Wrack im Zentrum der Stadt machen soll. Es würden neue Pläne zu erstellen sein, neue Genehmigungsverfahren und langwierige Bürgerbeteiligungen stünden bevor. Neue Verhandlungen zur Verteilung der Kosten wären fällig. Komplizierte Rechtstreitigkeiten über Schadenersatzfragen müssten durch alle Instanzen.

Kurzum: Für eine jahrzehntelange Ruhephase in Stuttgarts Mitte wäre gesorgt. Die Bahnreisenden hätten in dieser Zeit weiterhin das Vergnügen, in einer zugigen, maroden Bauruine von strittiger Schönheit auf verspätete Züge warten zu dürfen.