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Siebenhundertfaches Strohdreschen

Hat das Bloggen einen Sinn? Lohnt es sich, einige Zeilen zum Tagesgeschehen zu formulieren und dann ins Netz zu stellen? Natürlich nicht. Es ist vergebliche Liebesmüh, den Verantwortlichen für politische Entscheidungen auf diese Weise Beine machen zu wollen. Sie lesen es gar nicht; es würde sie auch nicht beeindrucken, wenn sie es läsen. Warum dann also dieses Schreiben ins Leere? Was soll dieses Dreschen von leerem Stroh, wenn dadurch kein Körnchen gewonnen wird? Ich könnte philosophisch auf den Sisyphus von Camus verweisen, der sich unablässig abmüht, einen Felsbrocken auf den Berg zu hieven, obwohl er weiß, dass der danach wieder herabrollt. Beim Heruntergehen lächelt er. Das Sinnlose hat seinen Sinn in der Sinnlosigkeit. Man steht drüber, wenn man darüber lachen kann. Oder hat das Glossieren von Zeiterscheinungen seinen Sinn in sich selbst, ist das Schreiben als solches das Wesentliche? Das anzunehmen wäre vermessen. So würde ich mir meinen Beitrag zum Verstopfen des Internets nur schönreden. Oder ist die Bloggerei ein Produkt der Eitelkeit oder ein Ruf um Aufmerksamkeit? Seht, Leute, ich bin auch noch da. Mir will nichts Rechtes zur Begründung einfallen. Also weitermachen? Oder mit der 700 aufhören?

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Umzug

Man merkt es erst auf den zweiten Blick. Das (oder auch der) Blog Häckerling ist umgezogen, hat den freidemokratischen Hafen verlassen und sich in die Selbstständigkeit begeben. Diese Emanzipation hat keinen politischen Grund, sondern einen praktischen: Wer selbstständig ist, hat sowohl ästhetisch als auch rhetorisch mehr Freiheit. Nicht dass die Partei in meine Texte eingegriffen hätte, das wäre ganz gegen ihr Leitbild, aber beim Schreiben nimmt man doch unbewusst Rücksicht auf die liberale Beschlusslage. Auch wenn der Häckerling nun ohne diesen Background agiert, bleibt er doch seinen Prinzipien treu. Er ergreift Partei, er drischt auch künftig auf Zustände ein, die er für Missstände hält. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, auch wenn sich dort der Schaum der Wut zeigt. Das klingt vielleicht wie eine Annäherung an die Hasstiraden der sozialen Netzwerke, ist es aber nicht. Der Respekt für jene, die – oft unter schwierigen Umständen – politische Entscheidungen treffen müssen, wird mich immer begleiten, auch wenn ich die Entscheidungen für falsch halte. Denn mir ist bewusst: Auch ich kann irren. Aber ein Irrender ist kein Irrer.

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Fünfhunderteins

Wer hätte gedacht, dass die Zahl der Einträge im Blog Häckerling einmal das halbe Tausend erreichen würde? Der letzte war der fünfhundertste. Es ging darin um das Versagen der Verantwortlichen bei der organisatorischen Bewältigung des Flüchtlingsstroms. Der Ton war wie fast immer etwas aggressiv, die Meinung hoffentlich klar und eindeutig. Aber ist es nicht allzu einfach, gegen dieses und jenes zu polemisieren, wenn man im „sicheren Port“ sitzt – um eine Wendung Friedrich Schillers zu verwenden? Alles Schreiben und Reden gegen und für etwas ist gemütlich im Vergleich zur Wirklichkeit. Die kann ich mir nur mühsam vorstellen: Tausende Fliehender in Regen und Matsch an irgendeiner Grenze, Sozialarbeiter und Freiwillige, die sich um 150 Menschen in einer Sporthalle kümmern, Beamte, die zur Eile getrieben werden, aber nicht von ihren Rechtsvorgaben wegkommen. Oder – ein anderes Thema – Lehrkräfte, die sich mit ungezogenen Kinder herumschlagen, Kinder, denen die Konzentrationsfähigkeit wegerzogen wurde, Schulverwaltungsangestellte, die nie ein Klassenzimmer betreten haben. Oder – weiteres Thema – griechische Handwerker, die ohne Unehrlichkeit nicht über die Runden kommen, Politiker, die mogeln müssen, damit sie von Europa weiter Geld erhalten. Brüsseler Spitzenbeamte, die an Zahlen so lange drehen, bis sie es „der Politik“ endlich „recht“ machen. Es ist leicht, anzuklagen, anzuprangern, zu spotten, das ist mir schon klar. Warum betreibe ich das Blog-Spiel dennoch weiter? Vielleicht weil das Weltgeschehen eine verbale Begleitmusik braucht? Weil das Schreiben Spaß macht? Oder einfach nur, weil jemand die Texte liest? Oder weil sie niemand liest?