Leider stimmen im Deutschland von heute in manchen Bereichen Wunsch und Wirklichkeit nicht überein. Man kann das auch am Fußball festmachen: Wir fühlten uns bereits als Weltmeister und nun sind wir schon in der Vorrunde gescheitert. Woran es lagt? „Wir“ haben gegen Japan verloren und gegen Spanien nicht gewonnen. Die „goldene Generation“ hat zu wenig Tore erzielt. Nun werden wir eine „gnadenlose Analyse“ erleben. Am Ende wird es so weitergehen wie bisher. Wahrscheinlich hat es an der Bezahlung gelegen. Also müssen wir man Spielern ein paar Euro mehr in die Hand drücken. Leider ist das Dilemma zwischen Wunsch und Wirklichkeit nicht auf den Fußball beschränkt. Es gilt auch für unsere Bemühungen in Sachen Klimawandel. Dem Vernehmen nach erreichen wir seit Jahren nicht die Ziele, die wir uns selbst gesteckt haben und die von der Sache her geboten sind. Und der Arbeitsmarkt? Aus den Medien ist zu erfahren, dass ausländische Top-Kräfte ganz und gar nicht darauf versessen sind, in Deutschland eine Stelle zu bekommen. Die Bedingungen hierzulande seien nicht besonders attraktiv, heißt es. Haben wir nicht immer gedacht, dass alle danach drängen würden, in Deutschland zu arbeiten? Vom Digitalen wollen wir lieber schweigen. Es ist einfach nur dürftig. Dass wir auch im Bildungsbereich allenfalls Mittelmaß sind, wissen wir seit über 20 Jahren. Geändert hat sich daran nichts. Die Versuche, die PISA-Studien als fehlerhaft oder bedeutungslos hinzustellen, sind gescheitert. Wir müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen: nur Durchschnitt. Und worin sind wir gut? Im Träumen und im Bürokratisieren. Es gelingt uns, alle guten Ansätze durch Verwaltungshandeln, durch Regelungen, Spitzfindigkeiten und dem Streben nach der gerechten Lösung abzuwürgen. Wir brauchen Jahre für den Bau von Windrädern. Jahrzehnte dauert die Erstellung neuer Bahnhöfe und Flughäfen. Wir haben keine Idee für den Bildungsbereich und in Sachen Klima verlässt uns der Mut.
Schlagwort: Digitalisierung
Überforderte Verwaltungen
Rasch sind die Politikerinnen und Politiker mit dem Wort, doch auf der administrativen Ebene stoßen die Realitäten hart aufeinander. Das musste jetzt sogar der zweite Aufsteiger des Jahres (neben dem Gesundheitsminister), der bayerische Ministerpräsident, unerwartet erfahren. Dass man für Massentests nicht nur massenhaft Tests braucht, sondern auch Menschen, die sie durchführen und vor allem ein durchdachtes System der Kommunikation, das wissen Regierende im Prinzip schon. Aber sie delegieren solche Aufgaben gerne „nach unten“. Und wenn es dort unten auf den Falschen bzw. die Falsche trifft, dann ist der Schlamassel da. Der hat natürlich auch einiges mit der deutschen Wirklichkeit zu tun, täglich zu erleben bei Restaurantbesuchen oder beim Eintritt in Bibliotheken. Dort stehen hübsche Bistro-Tischchen. Darauf lagert eine Einführung in die Hygienevorschriften. Zu ihnen gehört auch das Ausfüllen eines Formulars, in das der Name, der Wohnort, die E-Mail-Adresse oder die Telefonnummer einzutragen ist. Die Eintragung erfolgt mit dem bereitgelegten Kugelschreiber. Sollte nun tatsächlich eine Infektion auftreten, muss jemand die zahlreichen Zettel sichten, sich mit Unleserlichem abmühen, die Namen in neue Listen übertragen und hoffen, dass es sich bei den Eintragungen um nichts Erfundenes handelt. Die armen Tester in Bayern sollen derzeit 44000 Zettel durcharbeiten und Listen erstellen, von denen Häckerling inständig hofft, dass sie datenbanktauglich sind. In einem Land, wo Bleistift und Kuli den Höhepunkt digitaler Nutzung darstellen („digitus“ ist ein lateinisches Wort und heißt „Finger“), ist das nicht selbstverständlich. Wie schön wäre es, wenn Politiker nicht nur große Aktionen anleiern würden, sondern sich auch um den Fortschritt im Kleinen kümmerten.
Teppiche aus Flicken können gut aussehen, wie überhaupt bunte Vielfalt nicht nur bei Schokolade ihre Reize hat. Bunt ist auch unsere Gesellschaft; es gibt Kinder und Alte, Männer und Frauen, Langweilige und Witzige, Schwarze und Weiße, Linke und Liberale und viele andere mehr. Das Wort vom „Flickenteppich“ ist gerade en vogue.. Man nennt die Unterschiede zwischen den Bundesländern so – dabei ist sie vom Grundgesetz so gewollt und festgeschrieben. Nicht nur die Länder sind verschieden, in diesen Ländern gibt es auch unterschiedliche Regionen (Oberschwaben ist anders als der Bereich Mittlerer Neckar). Warum Gleichheit, wo Ungleichheit herrscht? Soll wirklich alles zentral in Berlin entschieden werden? Unsere Verfassung betont die Subsidiarität. Manche Entscheidung wird besser, wenn sie in den Kreisen und Gemeinden betroffen wird. Ist also alles gut in der bunten Republik Deutschland? Nein; es gibt Bereiche, wo Unterschiede zu Ungerechtigkeiten werden. Alle Kinder und Jugendliche haben in gleicher Weise ein Grundrecht auf Bildung und Erziehung. Wenn aber, wie derzeit, die Bildung digital und zu Hause stattfindet, die Haushalte aber nicht vergleichbar ausgestattet sind, gibt es Bevorzugte und Benachteiligte. Die Digitalisierung des Bildungswesens ist in Deutschland noch erst in den Anfängen. Man ist die Aufgabe lustlos und zögerlich angegangen. Mit dem Ergebnis, dass uns die Pandemie eiskalt erwischt hat. Es gibt in den für die Bildung zuständigen Ländern kein ausgereiftes Konzept für den digitalen Unterricht, die Ausstattung der Schulen mit Hard- und Software ist sehr unterschiedlich („Flickenteppich“). Erprobte digital vermittelbare Unterrichtseinheiten sind Mangelware. Aber es gibt doch den Digitalpakt mit seinen 5 Milliarden Euro? Es gibt ihn und es gibt ihn auch wieder nicht. Dieser Tage war zu hören, dass von den Milliarden noch nicht mal ein Prozent bei den Schulen angekommen ist. Offenbar ist es der Administration gelungen, den Geldfluss bürokratisch auszuhebeln. Wer die entsprechende Verordnung liest, wundert sich nicht, dass der Fortschritt in diesem Bereich eine Schnecke ist.