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Spaßige Arbeit

Die Aufregung ist groß die Empörung der Lehrerverbände und mancher Lehrkräfte noch größer. Das hat mit seiner Formulierung ein Plakat am Flughafen bewirkt. Es will für den Beruf der Lehrerin und Lehrers werben, nicht bei den Schülern, nicht bei den Studierenden, sondern bei denen, die schon einen Beruf haben. Die sollen nach der Landung auf dem Flughafen umsteigen. Es könnte ja sein, dass ihnen ihre derzeitige Tätigkeit keinen Spaß mehr macht – in der Sprache des Plakats: Sie haben keinen Bock darauf. Das steht links oben, da wo man zuerst hinschaut. Und dann fällt der Blick auf ein üppig geschriebenes „Hurraaa!“ Wer schreit es heraus? Vermutlich die Schulverwaltung, denn sie ahnt, dass diese Menschen mit null „Bock auf Arbeit“ den Spaß suchen. Und sie hat für diese Leidenden eine Lösung: Werde Lehrer oder Lehrerin, denn das macht Spaß. Unsereins fragt sich, woher die Schulverwaltung und die Werbemenschen wissen, dass Lehrer oder Lehrerin zu sein so viel Spaß macht. Häckerling hat es erprobt, jahrzehntelang, und wenn er ehrlich ist, dann gab es dabei auch jede Menge Spaß – aber auch das Gegenteil. Das gilt – nebenbei sei es erwähnt – auch für die Schülerinnen und Schüler. Der Denkfehler oder Werbefehler (oder Webfehler) des Plakats ist nicht das Wort „Spaß“ (bezogen auf die Arbeit), sondern der nicht genannte Ernst. Ohne ihn gibt es keine Lehr- und keine Lernerfolge. Beides gehört zusammen. Ist das Plakat die Aufregung (und Empörung) wert? Nein. Ein bisschen Sommertheater hat natürlich was. Die Werbeleute werden sich die Hände reiben. Wieder ist ihnen – nach „The Länd“ – ein Coup gelungen. Warten wir auf die Wirksamkeit der Aktion. Die lässt sich nämlich messen: an der Zahl derer, die sich nun fürs Lehramt bewerben.

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Gemessene Lehrerarbeit

Die Arbeitszeit der arbeitenden Menschen solle genauer vermessen werden, hat der Bundesarbeitsminister beschlossen. Offenbar will man mehr Klarheit und auch mehr Gerechtigkeit. Das Messen der Arbeitszeit von lehrenden Menschen zu messen, ist nicht ganz einfach. Sie setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen: dem Deputat, also der Anzahl der Schulstunden, die zu halten sind. Die dauern jeweils 45 Minuten und werden durch Pausen von 5 bis 20 Minuten voneinander getrennt. Sind die Pausen auch Arbeitszeit? Ja, denn man muss von der einen Klasse zur anderen gehen, und zwar über das Lehrerzimmer oder den Ort, wo man seine Lehrunterlagen liegen hat. Zum Unterricht kommen in der Schule die Stunden, in denen Klassen zu beaufsichtigen sind oder die großen Pausen, in denen man darauf achten soll, dass die lieben Kinder sich nicht kloppen oder auf andere Weise wehtun. Dann gibt es allerlei Konferenzen (Klassen-, Fach-, Zeugnis- und andere Lehrerkonferenzen, vor allem die GLK, die Gesamtlehrerkonferenz) sowie die Sprechstunden für die Eltern. Das alles zu genau zu messen, wird schwierig, aber eine Zeitpauschale ließe sich schon errechnen. Aber dann gibt es noch den schwierigsten Teil der Lehrerarbeitszeit, die häusliche: die Unterrichtsvor- und -nachbereitung sowie die Korrekturen. Diese Zeiten sind individuell sehr unterschiedlich. Sie hängen ab von den Fächern, die unterrichtet werden. Aber es müsste möglich sein, gerundete Zeiten für die Korrektur von Aufsätzen (in Unter-, Mittel- und Oberstufe) zu definieren, für Englisch- oder Mathematikklausuren, für Klassenarbeiten in Biologie, Geschichte oder Erdkunde, für Vokabeltests oder andere schriftliche Wiederholungsarbeiten. Man müsste eine Dauer für die Erstellung von Zeugnissen erheben und festlegen. Was gibt es noch? Die Fortbildung. Sie findet nicht nur bei Tagungen statt oder bei pädagogischen Tagen, sie ist auch eine häusliche Aufgabe. Man muss Sach- und Fachbücher lesen, sich ins Digitale einarbeiten, Theaterbesuche durch einen Theaterbesuch vorbereiten. Manche haben auch noch die Aufgabe, Klassen ins Schullandheim, bei der Studienfahrt beim Schüleraustausch oder einfach nur am Wandertag zu begleiten. Und so weiter. Das alles zusammen ergibt die Lehrerarbeitszeit. Sie ist in den Ferien kürzer und während der Schulwochen deutlich länger als 41 Stunden. Und was ist, wenn sich ein Durchschnitt ergibt, der über dem angeordneten Dienstauftrag eines Beamten liegt? Gibt es dann eine Arbeitszeitverkürzung? Man darf gespannt sein.

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Hektische Schulbetriebsamkeit

Wenn eines gewiss ist in der Pandemie, dann ist es das Wissen, dass man (fast) nichts weiß. Und wie immer, wenn man keine Ahnung hat, erhöht man die hektische Betriebsamkeit. Dieses Gesetz gilt auch für und in den Schulen. Jeden zweiten Tag erreichen uns neue, sicher wohlgemeinte, aber undurchdachte Ratschläge. So will die wirkungsarme Bundes-Bildungsministerin auch die Grundschüler*innen nur mit Maske beschult sehen. Hat sie eine fachliche Begründung dafür? Nein. Nun geistert wieder einmal das Gespenst der Ferienverlängerung herum. Der NRW-Chef L., der gerne CDU-Chef werden will, verlängert die Weihnachtsferien. Seine Logik: Wenn die Kinder nicht in der Schule sind, können sie sich dort nicht anstecken. Aber irgendwo sind Kinder immer, es sei denn, sie müssen eine Woche zu Hause bleiben und Serien gucken. Sind sie aber unterwegs, treffen sie andere – und können sich (welche Überraschung!) bei ihnen anstecken. Die Lehrerverbände sorgen sich um die Lehre*innen und wollen die Klassen halbieren. Immer soll eine Hälfte zu Hause lernen. Offenbar geht man davon aus, dass die technischen Voraussetzungen inzwischen dafür geschaffen wurden. Leben Lehrkräfte in erhöhter Gefahr, sich anzustecken? Das wird fröhlich behauptet, bewiesen ist es nicht. Das neue Motto lautet: Wir haben zwar keine Ahnung, aber wir wissen es trotzdem. Von Lehrerverbänden sollte man ein höheres Niveau erwarten als von verquer Denkenden. Ähnlich ist es mit dem Schrei nach Lüftungssystemen für Klassenräume: Niemand weiß, wie sie wirken und ob sie es überhaupt tun. Aber haben müssen wir sie trotzdem, sofort. Wer den zweiten Schritt vor dem ersten tut, gerät leicht ins Stolpern.