Kategorien
Politik

Gymnasiale Zunahme

Nein, es stimmt nicht, was vom Ministerium behauptet wird: dass die Übergangsquoten in die weiterführenden Schulen stabil seien. Im Gegenteil, jedes Jahr nimmt der Prozentsatz derer zu, die ins Gymnasium wollen. Man kann auch nicht sagen, der Übergang in die Gemeinschaftsschule stagniere, nein, er hat signifikant abgenommen. Die Zahlen sind auf der Homepage der Landesregierung nachzulesen. Man sollte sich die Lage nicht schönreden, sondern sie zur Kenntnis nehmen. Die gymnasiale Zunahme kann man zwar als „Abstimmung mit den Füßen“ deuten, als Beweis für die Attraktivität dieser Schulform. Aber man sollte zur Kenntnis nehmen, dass sich damit nicht erreichen lässt, was der Politikermund immer mal von sich gibt: Man wolle das Niveau des Gymnasiums halten. Hier gibt es kein Halten mehr. Das Niveau sinkt. Das bestätigen die Vergleichsstudien, das beklagen die Lehrerinnen und Lehrer, deren Kraft und Zeit von Fördermaßnahmen, Einzelhilfen für Schwächere, von ständigem Üben und immer wieder neu Erklären in Anspruch genommen werden. Anspruchsvolle, selbstständige Gedankengänge der Schüler, die Auseinandersetzung mit komplexen Sachverhalten, das Betreten unwegsamer intellektueller Bereiche, die kritische Auseinandersetzung mit der bedrohlichen Realität, dafür ist kaum noch Zeit. Das Gymnasium ist auf dem Weg zur Regelschule. Und die Gemeinschaftsschule? Sie arbeitet sich ab an ihrer unlösbaren Aufgabe: allen gerecht zu werden, jeden individuell zu fördern, dem Kind mit Defiziten und dem mit geistigen Ansprüchen jeweils das Seine zu geben, die Kluft zwischen den sozialen Schichten zu überwinden, die Fremden zu integrieren, die Schwachen und die Leistungswilligen zusammen sinnvoll arbeiten zu lassen. Das kann nicht gelingen. Wann werden es die Verantwortlichen schaffen, die schulischen Holzwege zu verlassen?

Kategorien
Politik

Gemeinschaftsschulen

Auch wenn unsereins es geahnt und geunkt hat, so ist doch Häme fehl am Platz. Die Zeitung berichtet heute, Ende September 2017, dass den Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg „die Schüler davonlaufen“. Nur noch der Hälfte dieser vor Jahren mit vielen Vorschusslorbeeren gegründeten Schulen ist es in diesem Schuljahr gelungen, die für ein sinnvolles Arbeiten nötigen 40 Schüler pro Jahrgang anzulocken. Das liegt an der Konstruktion. Das Schulgesetz des Landes schreibt den Gemeinschaftsschulen (als der einzigen Schulart übrigens) vor, wie sie zu arbeiten haben. Sie müssen jedem Kind sein maßgeschneidertes Lernkonzept vorlegen, sie dürfen keine homogenen Lerngruppen bilden, sondern nur heterogene. Denn nur so kann ein Kernstück ihrer Methodik, das Lernen durch Lehren, umgesetzt werden. Die „besseren“ Schüler sollen den „schwächeren“ helfen. Das ist ehrenwert, aber es überfordert die Leistungsfähigen und wird den Leistungsschwächeren nicht gerecht. Die Gemeinschaftsschulen sind ein Opfer ihrer Gründer, der grün-roten Koalition. Statt sich an bewährten pädagogischen Konzepten zu orientieren, ist man der Ideologie gefolgt: Alle sind gleich, und wenn sie nicht gleich sind, werden sie gleich gemacht. Die Gemeinschaftsschule soll eine Schule sein, in der Gemeinschaft gelebt wird, in der Bevorzugte und Benachteiligte nicht mehr bevorzugt und benachteiligt werden, sondern wo man kleinen Gruppen alle gesellschaftlichen Unterschiede abbaut. Das ist eine (meinetwegen sogar schöne) Utopie. Ich bin auch dafür, den Schwachen zu helfen und den Starken mehr Solidarität abzuverlangen. Aber nicht mit untauglichen Mitteln. Nicht in einer Schule, die in dieser Form nicht schaffen kann, was Illusionisten ihnen abverlangen.

Kategorien
Politik

Gemeinschaftsschulstudie

Wenn man Neues einführt, will man wissen, ob es auch etwas taugt. Insofern war der Entschluss unserer baden-württembergischen Regierung löblich, Wissenschaftler mit einer Studie über die Gemeinschaftsschule zu beauftragen. Sie liegt nun vor und sie ist sehr umfangreich geworden. Drin steht, dass man sich in den GMS große Mühe gibt, den Anforderungen gerecht zu werden. Die sind groß, soll man doch jedem Schüler und jeder Schülerin gerecht werden: dem hoch und weniger stark Begabten, dem theoretisch und dem praktisch orientierten, dem Motivierten und dem Lustlosen, dem Gesunden und dem mit Beeinträchtigungen Geschlagenen, dem schüchternen Jungen und dem umtriebigen Mädchen usw. Das zu leisten kostet Zeit, Kraft und Ideen. Viele Lehrkräfte in den Gemeinschaftsschulen bezahlen diese Kosten. Insgesamt seien die Kinder in den GMS daher glücklich und zufrieden. Aber ist das alles? Was können diese Glücklichen und Zufriedenen? Was für Schulleistungen erbringen sie im Vergleich zu den in herkömmlicher Weise Beschulten, den Realschülern und Gymnasiasten? In deren Schulen gibt es auch eine große Heterogenität. Aber den Lehrkräften dort wird nicht jene regierungsamtliche Zuwendung zuteil, derer sich die GMS erfreuen kann. Das Jungvolk unter den Regierenden droht dem Gymnasium sogar mit Abschaffung. Das wirkt nicht gerade motivierend. Schön, dass es die GMS gibt. Noch schöner wird es sein, wenn nachgewiesen ist, dass sie tatsächlich das leistet, was sie leisten soll.