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Schulisches Durcheinander

Das wird schwierig. Gestern konnte man in den Nachrichten hören, dass in Rheinland-Pfalz die mündlichen Prüfungen zum Abitur 2020 erfolgreich abgeschlossen worden seien. Am gleichen Tag verkündet Schleswig-Holstein, in diesem Schuljahr auf die Abiturprüfung zu verzichten. Der Deutsche Philologenverband schließt sich der Forderung an, das Abitur notfalls auch ohne eine Prüfung zu vergeben und das Ergebnis aus den vorhandenen Leistungsnachweisen zu errechnen. Sollte das alles so werden, beginnen im Herbst junge Menschen mit unterschiedlich zustande gekommenen Reifezeugnissen ihr Studium. Das gibt Arbeit für die Anwälte, denn wer keinen Studienplatz ergattert, wird sich auf den Klageweg begeben und geltend machen, dass er/sie unter anderen Bedingungen ein besseres Ergebnis erzielt und damit einen Studienplatz bekommen hätte. Was tun? Entweder müssen die Abschlüsse unter vergleichbaren Bedingungen entstehen oder die Kultusministerkonferenz setzt sich über ihre eigenen Beschlüsse hinweg und lässt die verschiedenen Reifeprüfungsergebnisse ausnahmsweise zu. Ob das allerdings von den Verwaltungsgerichten akzeptiert wird, kann niemand wissen. Die andere Möglichkeit wäre, den letzten Termin für den Abschluss des Abiturs 2020 zu verschieben, etwa auf den 30. September. Dann müssten sich allerdings auch die Hochschulen bewegen und ihre Anmeldefristen flexibel handhaben. Ob die das können oder auch nur wollen, steht ebenfalls in den Sternen. Weniger problematisch ist der normale Schuljahresabschluss. Das Einfachste wäre es, alle Schülerinnen und Schüler zu versetzen. Wenn die Lehrerinnen und Lehrer es nicht schaffen, die vorgeschriebenen Leistungsnachweise (Klassenarbeiten, GFS, mündliche Bewertungen) einzufordern, kann die Schulleitung (oder auch das Schulamt) die Zahl der in der Notenverordnung genannten Arbeiten reduzieren. Ein Eingreifen des Ministeriums ist für diesen Dispens nicht erforderlich. Aber vielleicht fühlen sich die Schulen besser, wenn eine solche „Befreiung“ von höchster Stelle ausgesprochen wird.

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Inflationäre Abitureinser

Das Ländle ist bei den Abiturergebnissen mit einer 1 vor dem Komma auf dem viertletzten Platz, sogar noch hinter Berlin, das bei PISA sogar hinter BW lag. Was will das heißen? Zunächst eigentlich nichts, denn Schleswig-Holstein, das im Qualitätsranking weit vor Baden-Württemberg liegt, belegt in der Statistik der Abitureinser den letzten Platz. Es wäre mathematisch unzulässig, von der Zahl der Einser beim Abitur auf die Qualität der Schulen eines Landes zu schließen. Bedenklich ist allerdings, dass bessere Noten bei der Reifeprüfung bessere Chancen bei der Zuteilung von Studienplätzen mit NC eröffnen. Insofern sind die Lehrerinnen und Lehrer in den Ländern mit hoher Einserzahl ganz besonders freundlich zu ihren Abiturienten. Sie helfen ihnen bei der Suche nach einem Studienplatz. Das ist, mit Verlaub, ungerecht. Was tun? Die eine Lösung wäre, dass die Hochschulen eigene Tests erstellen und so die „richtigen“ Studenten finden. Dann wäre es egal, was für ein Abitur man „geschafft“ hat. Die andere Lösung: die Angleichung des Leistungsniveaus und vor allem der Benotungspraxis zwischen den Bundesländern. Daran „arbeitet“ man allerdings schon seit Jahrzehnten. Erfolglos. So bleibt für BW nur die dritte Lösung: eine bessere Benotung der Abiturleistungen, egal wie schlecht sie auch sein mögen.

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Zentraleres Abitur

Der Föderalismus ist eine schöne Sache, Jedes Bundesland hat eine Hauptstadt, ein Parlament, eine Regierung, ein eigenes Schulsystem und natürlich ein eigenes Abitur mit eigenen Anforderungen. Sicher, es gibt einen Rahmen, den die Kultusministerkonferenz gesetzt hat, aber den kann jedes Land ausgestalten. Zum Beispiel bei den schriftlichen und erst recht bei den mündlichen Prüfungen. Das hat zur Folge, dass die Schwierigkeit der Prüfung in den Ländern unterschiedlich ist. Ein Abitur mit 1,8 ist also im einen Land „leichter“ zu schaffen als im anderen. Der Schwierigkeitsgrad spielt aber bei der Bewerbung fürs Studium keine Rolle, nur die Note. Das ist nicht gerecht. Diese Erkenntnis ist nicht neu, sondern Jahrzehnte alt. Sie hat zu allerlei Versuchen geführt, die Anforderungen anzugleichen. Der Erfolg dieser Mühen ist bescheiden. Immerhin gibt es inzwischen einen „Aufgabenpool“, aus dem Länder Aufgaben fürs Abitur nehmen können – aber nicht müssen. Falls sie sie nehmen, aber nicht ganz zufrieden damit sind, können sie sie ihren Bedürfnissen, eigentlich ihren Traditionen, anpassen, das heißt sie leichter oder schwieriger machen. Gerechtigkeit und Vergleichbarkeit sind etwas anderes. Nun hat die Kultusministerin des Landes BW gefordert, das Abitur solle bundesweit „zentral“ werden. Dieses Ziel wolle sie in 10 Jahren erreichen. Und was geschieht? Sie wird heftig kritisiert, sogar ihr Chef, der Herr K., fährt ihr in die Parade. Das bedeute einen Verlust an Kulturhoheit des Landes. Ja, das bedeutet es, aber wenn es der Prüfungsgerechtigkeit dient, wäre dieser Verlust zu verschmerzen, oder? Das durchschlagendste Argument der Kritiker lautet: Die Schüler aus BW wären benachteiligt, weil das Schuljahr so spät anfängt und bei bundesweit einheitlichen Prüfungsterminen würden des Landeskindern ein paar Wochen fehlen. Dümmer geht es nimmer, denn die Gesamtschulzeit ist nun wirklich bundesweit einheitlich. Vielleicht wäre das BRD-Zentralabitur ein guter Anlass, den Unsinn der baden-württembergischen Sommerferien, die in Wirklichkeit Herbstferien sind, abzuschaffen. Der Föderalismus ist eine schöne Sache, aber manchmal fällt es einem schwer, ihn gut zu finden.