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Martialische Zeiten

Die Welt ist erfüllt von Kriegsgeschrei. Dass ist sie zwar fast immer, aber derzeit scheint der Kriegsgott besonders aktiv zu sein. Kaum haben wir uns an die russische Aggression in der Ukraine gewöhnt, hat sich der Nahe Osten wieder furchtbar ins Gespräch gebracht. Die Kriege dort haben Häckerlings Leben begleitet. Sie folgen einem Muster: Israel tut einen ersten Schritt – ruft zum Beispiel 1948 den eigenen Staat aus – und die verdrängten Mitbewohner des Landes reagieren mit militärischen Attacken. Die verlieren sie meistens. So ist Israel immer größer geworden und die Chance, dass sich zwei Staaten bilden und jeder sein eigenes Gebiet hat, immer kleiner. Eine Verständigung lag immer mal wieder im Bereich der Möglichkeiten. Sie scheiterte aber irgendwann an den Heißspornen auf beiden Seiten. Wo sind die starken Politiker, die beide Seiten in einen vernünftigen Kompromiss steuern? Ich sehe sie nicht. Auch beim Krieg im Osten sieht es schlecht aus: Die Bewegung SW fordert zwar, man solle es mal mit Verhandlungen statt mit Waffen probieren. Eigentlich eine gute Idee. Aber wer soll worüber verhandeln? Traurig, aber wahr: Erst wenn die Menschen des Leidens überdrüssig sind, wenn das Geld ausgeht und ei Unterstützung nachlässt, kann etwas geschehen. Das wird dauern. Fürs Erste wird der Kriegsgott das Sagen haben, im europäischen und im Nahen Osten. Aber vielleicht hält sich der Friedensengel schon bereit.

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Idealer Krieg

So ganz ein Krieg nach dem Geschmack der Wagenknechts und Käßmanns: Einer greift an und erklärt nach ein paar Tagen seine Mission für beendet, denn der Feind hat darauf verzichtet, sich zu wehren – chancenlos wie er war. Niemand hat Waffen geliefert. Das müsste nicht nur Sarah und Margot freuen. Es sind ein paar Hundert Menschen umgekommen oder verletzt worden, leider, aber das Blutvergießen fand bald ein Ende. Die Schutzmacht der Armenier (Russland) hat sich zurückgehalten, man ist anderweitig militärisch beschäftigt. Die Türkei, der andere Nachbar, ist in ihrer Geschichte noch nie auf die Idee gekommen, den Armeniern zu helfen. Sie unterstützt lieber das reiche Aserbeidschan. In den Medien wurde über den Konflikt mit vornehmer Zurückhaltung berichtet. Bergkarabach gehöre völkerrechtlich zum Ölstaat, wurde uns mitgeteilt. Aber warum auf dem Hochland 120000 Armenier leben und sehr viel weniger Aserbeidschaner, will keiner erklären. Beide Staaten stammen aus der Konkursmasse der Sowjetunion und gehören damit langfristig zum russischen Reich. So jedenfalls wird es Putin sehen. Irgendwie lässt das den wertebewussten Westen kalt. Wahrscheinlich will man sich nicht noch einen Konflikt aufhalsen. Sollen die im Kaukasus doch sehen, wo sie bleiben. In Deutschland hört man schon lange nichts mehr über die passive Unterstützung des türkischen Genozids an den Armeniern vor rund hundert Jahren. Warum auch? Man will ja auch nichts mehr davon wissen, dass man die Ukraine vor 80 Jahren erobert hat. Wozu geschichtlich denken und daraus eine Verantwortung für die Gegenwart ableiten?

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Friedliche Protestanten

Unter den evangelischen Pfarrern kreist eine Unterschriftenliste. Wer unterschreibt, bekennt sich gegen die Lieferung von Waffen an die Ukraine. Das sei mit dem Evangelium nicht vereinbar. Jesus habe die Gewaltlosigkeit propagiert. Selig seien die Friedfertigen, wahre Christen also Pazifisten. Solches Denken und Glauben ist ehrenhaft. Wer, wenn ihm jemand auf die eine Backe schlägt, die andere hinhält, kann beim Schläger möglicherweise einen Prozess des Nachdenkens auslösen. Auf die Ukraine übertragen würde hieße das: Das Land soll sich ohne eigene Gewalt der russischen Gewalt beugen, in der Hoffnung, dass Putin, beeindruckt von dieser friedlichen Geste, seine Eroberungsgelüste aufgibt. Dieser Gedanke hat etwas Betörendes. Die Gewalt gibt sich der Gewaltlosigkeit geschlagen. Wenn man dieses Experiment machte und sich die Ukrainer so verhielten, wäre das Risiko allerdings groß, dass sich der russische Präsident ob solch eines leichten Sieges die Hände reiben und stracks sein nächstes Ziel, das Baltikum, anvisieren würde. Unsere ehrenwerten Pastorinnen und Pastoren geben auf diese Frage keine Antwort. Sie blenden auch aus, dass in der neutestamentlichen Ethik das Eintreten für die Schwächeren gefordert wird. Wenn man sich fromm heraushält, wenn der Starke den Schwachen unterdrückt, macht man sich mitschuldig. Hätte David gegen Goliath keine Schleuder einsetzen dürfen? Sollen wir uns als Christen künftig nicht mehr wehren? Gewiss, Waffenlieferungen bedeuten die Verlängerung des Krieges. Aber seine Verkürzung durch die Niederlage des Angegriffenen zu fordern, mutet merkwürdig an. Es wäre an der Zeit, dass in der evangelischen Kirche über dieses Dilemma offen diskutiert würde. Dass man Unterschriftenlisten kreisen lässt, ersetzt den Dialog nicht.