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Rechenschwache Bildungsbürger

Endlich hat der Minischterpräsident des Landes Baden-Württemberg jene gefunden, die an den schlechten Ergebnissen der Landeskinder im Fach Mathematik die Hauptschuld tragen: Es ist das Bürgertum. Warum? Dort kokettiere man damit, dass man schlecht in Mathe sei. Diese Grundhaltung der bildungsbürgerlichen Familien senkt sich offenbar wie Mehltau auf den Unterricht, so dass sich dort niemand mehr für Zahlen und Formeln interessiert. Alle Kinder sitzen die Stunden in dem Bewusstsein ab, dass jede Anstrengung sinnlos und unnötig ist. Waren nicht auch Mutter und Vater, Oma und Opa schlecht in Mathe? Und was hat es ihnen geschadet? Offenbar nichts. Im Gegenteil: Sie wurden erfolgreiche Kaufleute, Ingenieure, Beamte, Ärzte, Architekten. Und das alles ging offenbar ohne Mathematik. Häckerling wundert sich über den Herrn K. Ist bei ihm der alte 68er-Affekt durchgebrochen, der Hass auf das Bürgertum, die Wohlhabenden, die Besserverdienenden, die Wut auf alle Etablierte, denen die Wohltaten der Welt in den Schoß fielen, während er selbst es nur mit harter Arbeit an die Spitze des Landes gebracht hat. Und offenbar mit und nicht ohne Mathematik. Er kann gut rechnen. Das sollen bald auch seine Landeskinder können. Aber ein Einwand sei doch formuliert: Könnte es nicht sein, dass die Schwächen in Mathematik mit dem Unterricht zusammenhängen? Für den allerdings trägt nicht das Bürgertum die Verantwortung, sondern der Landesvater. Vielleicht sollte er sich mal an die eigene Nase fassen: Der schuldige Bürger, das bin ja ich.

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Verlorener Kompass

Es ist keine reine Freude, die Schulpolitik des Landes Baden-Württemberg zu betrachten. Nach offenbar gewaltigen Anstrengungen in den Räumen des Schlosses, von dem aus die Bildung des Landes gesteuert wird, kam ein Plan für ein neues neunjähriges Gymnasium zustande. Der war offenbar so schlecht, dass er mehrfach korrigiert werden musste. Warum G 9 wieder eingeführt werden soll, hat bisher noch kein Verantwortlicher schlüssig begründet. Ist es ein Gebot der Natur, dass Kinder bis weit in ihre Volljährigkeit beschult werden müssen? Gibt es so viele unverzichtbare Bildungsinhalte, die in acht Gymnasialjahren nicht untergebracht werden können? Müssen die Kinder und Jugendlichen bis ins Wahlalter von konservativen und progressiven Lehrkräften betreut werden, weil sie sonst nicht den rechten (oder linken) Weg ins Leben finden? Hat das Land so viel Geld übrig, dass es ein weiteres Schuljahr ohne Probleme finanzieren kann? Will man mit G 9 vom eigentlichen Problem ablenken, der mangelnden Sprachkompetenz der Grundschüler? Die haben erneut bewiesen, dass sie (auch wegen ihrer Sprachprobleme) in Mathematik nur wenige Aufgaben lösen können. Die hat ein kundiges Institut erarbeitet und als Voraussetzung für den Besuch des Gymnasiums erachtet. Gerade 6 % der Viertklässler haben den Test mit dem schönen Namen Kompass bestanden. Sie sind die Gymnasialen unter den Grundschülern. Und wo sollen die andern hin? Wohlweislich hat man darauf, verzichtet einen Kompass für die Realschule zu produzieren. Statt sich Gedanken zu machen, wie die Kinder in Deutsch und Mathematik besser werden, hat das Ministerium den Test schleunigst storniert. Denn wir haben ja G 9. Da ist genügend Zeit, alles in den Klassen 1 bis 4 Versäumte nachzuholen.

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Spaßige Arbeit

Die Aufregung ist groß die Empörung der Lehrerverbände und mancher Lehrkräfte noch größer. Das hat mit seiner Formulierung ein Plakat am Flughafen bewirkt. Es will für den Beruf der Lehrerin und Lehrers werben, nicht bei den Schülern, nicht bei den Studierenden, sondern bei denen, die schon einen Beruf haben. Die sollen nach der Landung auf dem Flughafen umsteigen. Es könnte ja sein, dass ihnen ihre derzeitige Tätigkeit keinen Spaß mehr macht – in der Sprache des Plakats: Sie haben keinen Bock darauf. Das steht links oben, da wo man zuerst hinschaut. Und dann fällt der Blick auf ein üppig geschriebenes „Hurraaa!“ Wer schreit es heraus? Vermutlich die Schulverwaltung, denn sie ahnt, dass diese Menschen mit null „Bock auf Arbeit“ den Spaß suchen. Und sie hat für diese Leidenden eine Lösung: Werde Lehrer oder Lehrerin, denn das macht Spaß. Unsereins fragt sich, woher die Schulverwaltung und die Werbemenschen wissen, dass Lehrer oder Lehrerin zu sein so viel Spaß macht. Häckerling hat es erprobt, jahrzehntelang, und wenn er ehrlich ist, dann gab es dabei auch jede Menge Spaß – aber auch das Gegenteil. Das gilt – nebenbei sei es erwähnt – auch für die Schülerinnen und Schüler. Der Denkfehler oder Werbefehler (oder Webfehler) des Plakats ist nicht das Wort „Spaß“ (bezogen auf die Arbeit), sondern der nicht genannte Ernst. Ohne ihn gibt es keine Lehr- und keine Lernerfolge. Beides gehört zusammen. Ist das Plakat die Aufregung (und Empörung) wert? Nein. Ein bisschen Sommertheater hat natürlich was. Die Werbeleute werden sich die Hände reiben. Wieder ist ihnen – nach „The Länd“ – ein Coup gelungen. Warten wir auf die Wirksamkeit der Aktion. Die lässt sich nämlich messen: an der Zahl derer, die sich nun fürs Lehramt bewerben.