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Geißleriana

Keine Frage, er hat hart gearbeitet, der 80 Jahre „alte Fuchs“ Geißler, und sein Schlichterspruch verdient allen Respekt. Es ist ein gutes Ergebnis, wenn weder die Befürworter noch die Gegner von Stuttgart 21 zufrieden sein können. Die einen stört, dass er für den Weiterbau ist, die anderen, dass er Schwächen des Projekts deutlich benannt und Verbesserungen verlangt.

Was wird sich nun ändern? Das aktuelle Winterwetter wird einen Baustopp erzwingen, der „Stresstest“ wird durchgeführt und sein Ergebnis dann, wie immer, unterschiedlich gedeutet werden. Also werden auch die Konsequenzen strittig sein, die man daraus ziehen soll, und ebenso die Kosten, die sie verursachen. Man kann also fröhlich weiterstreiten. Mit dem Fällen der Bäume wird es langsamer vorangehen, sogar ein „Fällstopp“ ist in Sicht.

Die Gegner des Tiefbahnhofs haben ihren Willen („oben bleiben“) nicht bekommen. Daher werden sie ungebremst weiter demonstrieren. Allerdings wird auch hier das Wetter so manchen abhalten; im Sommer war es leichter. Die sinkende Zahl an Demonstranten bietet den Befürwortern die Chance, Morgenluft zu wittern.

Viel hat sich nicht geändert, auch wenn man das Atmosphärische nicht gering achten soll. Vor allem ist es dabei geblieben, dass der Bahnhof zum Wahlkampfthema wird. Dem Wähler bietet sich so die Möglichkeit eines inoffiziellen Volksentscheids. Wenn er den Kopfbahnhof partout behalten will, muss er die Grünen oder eine der beiden roten Parteien wählen, wenn ihm das nicht so wichtig ist oder sein Herz für S 21 schlägt, dann kann er zwischen den christlichen und den liberalen Demokraten wählen.

Schwierig wird die Wahlentscheidung für den, der zwar den Kopfbahnhof will, aber (zum Beispiel) nicht die von Rot-Grün ins Auge gefasste Bildungspolitik. Dann muss er/sie sich überlegen, was ihm/ihr wichtiger ist.

(Blog-Eintrag Nr. 234)

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Hundertprozentige Sicherheit

Ob man sie garantieren könne, die hundertprozentige Sicherheit, wurde beim Stuttgart-21-Treffen der Befürworter und Gegner gefragt. Es ging darum, ob irgendwelche Gesteinsschichten trotz eines durch sie hindurchgeführten Eisenbahntunnels stabil blieben oder ob es Probleme gäbe. Niemand wollte die hundertprozentige Sicherheit garantieren. Für die Gegner des Projekts heißt das: Ihr seht, das Ganze ist ein Risiko. Für die Befürworter heißt es: Es handelt sich um beherrschbare Risiken. Einigkeit lässt sich dabei nicht erzielen; denn es handelt sich nicht um Fakten, sondern um deren Bewertung und Einschätzung. Mal ist ein Glas halb voll, mal halb leer. Ersteres ist positiv, weil „voll“ als etwas Positives empfunden wird, Letzteres ist übel, weil man mit „leer“ wenig Erfreuliches in Verbindung bringt.
Häckerling hat nichts gegen die Schlichtungsgespräche, er hat auch nichts gegen den Schlichter und er findet nicht alles Befürworter sympathisch, aber auch nicht alle Gegner des Projektes. Man gibt sich Mühe; man versucht zu klären, was (er-)klärbar ist, aber der erhoffte Konsens wird sich nicht einstellen. Wie sollte das auch gehen, wenn in den Hinterköpfen ein Wahltermin herumspukt und die Sachfragen von Machtfragen überlagert werden.
So wird es denn tatsächlich (allerdings nicht mit hundertprozentiger Sicherheit) darauf hinauslaufen, dass wir Baden-Württemberger bei der Landtagswahl in erster Linie über ein Bauprojekt abstimmen und erst in zweiter Linie über die Parteien, denen wir die Regierungsgewalt übergeben.
(Blog-Eintrag Nr. 230)

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Pflichtbewusst oder pflichtwidrig

Der Verdacht stand im Raum und zuzutrauen wäre es ihnen ja allemal, den Lehrern, dass sie während der Dienstzeit gegen Stuttgart 21 demonstrieren. So hat man allenthalben gedacht, wobei man sich unter „man“ zum Beispiel auch einige Medienmenschen vorzustellen hat. Nicht einmal im Regierungspräsidium Stuttgart war man sich seiner Sache sicher und hat daher „sicherheitshalber“ die Schulleiter gebeten, jene Kollegen zu melden, die sich dienstwidrig verhalten und während der Unterrichtszeit an den Demonstrationen im Stuttgarter Schlossgarten teilgenommen haben.

Gemeldet wurde offenbar niemand. Das lässt sich böswillig deuten, zum Beispiel so: Die Schulleiter haben sich vor ihre pflichtwidrig handelnden Kollegen gestellt und deren Verhalten „gedeckt“, vielleicht weil sie den Ärger scheuten oder um Konflikte im Kollegium zu vermeiden. Diese Deutung ist denkbar und zeugt von einer wenig schmeichelhaften Einschätzung der Schulleitungen. Aber bei dem latenten abgrundtiefen Misstrauen gegenüber den „Paukern“ wabert sie bestimmt in manchen Köpfen.

Häckerling sieht es anders. Wie sollte ein Lehrer so dumm sein und sich dienstwidrig verhalten? Er weiß doch, denn er hat es einst im Vorbereitungsdienst, dem Referendariat, gelernt: Beamte haben im Dienst loyal zu sein. Streiken oder die Teilnahme an Demonstrationen während der Arbeitszeit ist nicht erlaubt. Bei Verstößen droht ein Disziplinarverfahren – mit unkalkulierbaren Folgen. Wer will das schon riskieren? Das ist nicht einmal Stuttgart 21 wert.

Wie gut, dass unsere Lehrer in den staatlichen Seminaren nicht nur lernen, wie man unterrichtet und wie man schwierigen Kindern begegnet, sondern dass sie auch bei der 40-stündigen Ausbildung in Schul- und Beamtenrecht aufpassen.

(Blog-Eintrag Nr. 226)