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Orthografische Majonäse

Jetzt arbeiten sie sich wieder an ihr ab, an der Rechtschreibreform, deren erste öffentliche Anzeichen nunmehr ein Vierteljahrhundert zurückliegen. Wie immer in unserem Vater- und Mutterland wurde und wird das Negative besonders hervorgehoben, werden unglückliche Entscheidungen gegeißelt, zum Beispiel die, den heiligen Vater mit kleingeschriebener Apposition zu versehen. Die Begründung war, dass es kein Eigenname sei, sondern eine Bezeichnung für viele Päpste. Aber die katholische Lobby in Bayern hat diese Majestätsbeleidigung frühzeitig bekämpft und die große Heiligkeit durchgesetzt. Den Kampf um die Majonäse – oder soll man weiterhin Mayonnaise schreiben? – haben die Konservativen zum Glück verloren. Was den Skandinaviern gelungen ist, die Umschreibung des griechischen Theta mit th abzuschaffen, das ist uns hier nicht gelungen. Deshalb gibt es immer noch Thesen, Apotheken, Bibliotheken und die Orthografie, die allerdings manche immer noch gerne mit ph schreiben wollen – das griechische Phi ist ihnen offenbar heilig. Oder soll man gar „Heiliges Phi“ schreiben? Die Zeitung hat sich dieser Tage über „Ketschub“ lustig gemacht. Aber diese Schreibung wurde nie vorgeschlagen. Wer einen Blick ins Wörterbuch wirft, wird dort „Ketschup“ oder „Ketchup“ finden. Für Schulkinder heißt das: Höre sch, schreibe ch. Wenn sie die Catcher richtig schreiben können, dann werden sie auch die rote Soße orthografisch korrekt umsetzen. Dass die Reform vieles erleichtert hat, die Schreibung des s-Lautes zum Beispiel oder das Komma beim erweiterten Infinitiv, die Zusammen- und Getrenntschreibung und anderes mehr, das sei hier lobend erwähnt.

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