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Klima Politik Schule

Hitziger Hitzeschutz

Das Schöne an der Politik ist ihre Berechenbarkeit. Wenn ein Terroranschlag erfolgt, wird über die Bekämpfung des Terrorismus, über die Ausweisung von Gefährdern und die Abweisung von Migranten an den Grenzen diskutiert. Wenn es viel regnet, rückt das Thema Hochwasserschutz in den Vordergrund, ist es heiß, dann redet man über dringende Maßnahmen gegen die Hitze. So auch jetzt. Dabei ist das völlig sinnlos; denn Maßnahmen wie Kühlräume, Schattenplätze, Parks und Hilfen für Alte gibt es in der Hitze nur dann, wenn sie rechtzeitig – möglichst noch im kalten Winter – vorbereitet werden. Bemerkenswert ist auch, dass plötzlich wieder über den Klimawandel gesprochen wird. Vor Kurzem noch hatte man den Eindruck, er sei aus den Köpfen verschwunden. Aber nicht nur die politisch Tätigen, wir alle reden gerne zur Unzeit über wichtige Themen. Derzeit sagen wir uns, dass es heiß sei und dass das auch mit dem Wandel des Klimas zu tun haben könnte. Offenbar hat das etwas Entlastendes. Aber es ist ein folgenloses Reden. Dass sich daraus konkretes Handeln ergibt, ist eher unwahrscheinlich. Sobald die Temperaturen wieder unter 30 Grad liegen, reden wir wieder über etwas anderes, über den Fußball vielleicht oder über die lästigen Flüchtlinge, über die zerstrittene Regierung – offenbar sind Regierungen immer zerstritten – oder über die schlechten Leistungen der Schülerinnen und Schüler. Die Debatte über Letzteres hat etwas Absurdes. Die Leistungen der Lernenden sollen besser werden, aber selbstverständlich sollen sie hitzefrei bekommen, sobald das Thermometer über dreißig Grad steigt. Man fragt: Warum gibt es keine Klimaanlagen in den Schulräumen? Warum darf ich mein Kind nicht mit dem Auto bis zum Schultor fahren, wenn es so warm ist? Warum gibt es keine kostenlosen Getränke für die armen Kinder? Und warum sollen sie bei der Hitze auch noch Hausaufgaben erledigen? Warum wohl?

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Politik Schule Sprache

Uninformiertes Ministerium

Die Voraussetzung für einen erfolgreichen Schulbesuch ist die Beherrschung der Landessprache. Das gilt grundsätzlich, also auch in Baden-Württemberg. Dort ist das Kultusministerium zuständig für das Deutschlernen der Kita-Kinder. Daher – denkt man als interessierter Laie – sollte besagtes Ministerium wissen wollen, wie es mit der Sprachvermittlung in den Einrichtungen für die frühkindliche Betreuung steht. Wie viele Sprachvermittlerinnen arbeiten in den Kitas? Wie lange beschäftigen sie sich pro Woche mit den Kindern, die von Haus aus der deutschen Sprache nicht mächtig sind? Wenn man das weiß, kann man politisch reagieren, also „nachsteuern“, will sagen: die Sprachvermittlerschar klüger verteilen oder vergrößern oder wenn nötig schulen. Der heutigen Tageszeitung ist zu entnehmen, dass dem Ministerium nicht bekannt ist, wie es in der Praxis mit der Sprachvermittlung in den Kitas steht. Es gibt keine Zahlen. Offenbart lebt man dort nach dem Grundsatz: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Wenn ich die Praxis nicht sehe, kann ich mich auf die Theorie beschränken, die da lautet: Es gibt Sprachvermittlung in den Kitas des Landes. Ob sie etwas taugt, ob sie ausreicht oder nicht, das will man höheren Orts offenbar nicht wissen. Bisher dachte Häckerling, dass die politisch Handelnden an einer Evaluation ihres Handelns interessiert sind. Falsch gedacht. Man lernt doch nie aus.

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Gesellschaft Migration Politik Schule

Demokratische Defizite

Sie hätten an der OB-Wahl teilnehmen können, die Sechzehnjährigen, aber sie kamen nicht. Warum nicht? Interessiert es sie nicht, wer die Stadt regiert, in der sie wohnen? War das Wetter zu schön oder anderes wichtiger? Offenbar reicht es nicht, den Jugendlichen das Wahlrecht einzuräumen, man muss sich auch Gedanken machen, wie sie dazu gebracht werden, es zu nutzen. Da denkt unsereins als Erstes an das Elternhaus und als Zweites an die Schule. Findet dort eine Erziehung zur Demokratie statt? Vermittelt man den Töchtern und Söhnen, den Schülerinnen und Schülern die Idee, dass es zum Recht und zur Pflicht eines Bürgers gehört, zur Wahl zu gehen? Der Blogschreiber, der einst erst mit 21 Jahren das Wahlrecht bekam, ist einigermaßen stolz darauf, an allen Wahlen, die es im Lauf seines Lebens gegeben hat, teilgenommen zu haben. Dafür gab es keine Belohnungen, das machte auch nicht immer Spaß, aber er hatte an den Wahlsonntagen keine Ruhe, bis er nicht seine Kreuzchen gemacht hatte. Später wurde das durch die Briefwahl noch einfacher. Aber es sind ja nicht nur die Jungen, die am letzten Sonntag in den Sindelfinger Wahllokalen durch Abwesenheit „geglänzt“ haben. Auch viele Bewohner der Hochhäuser zogen es vor, zu Hause zu bleiben. Sie haben hier eine neue Bleibe gefunden, sie partizipieren von den teuren Wohltaten der Kommune, den Straßen und Wegen, den Parks und Spielplätzen, den Kitas und Schulen, dem Krankenhaus und dem Schwimmbad, aber der Gedanke, sich als wählender Bürger zu betätigen, kommt ihnen offenbar nicht. Sie nehmen gern alles an, aber etwas dafür zu geben, und sei es nur eine Viertelstunde Zeit für den Gang zur Wahl, das liegt außerhalb ihrer Vorstellungskraft. Unsere Erziehung zur Demokratie sollte endlich Fahrt aufnehmen.